Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

DOI Heft:
Heft 6 (November 1924)
DOI Artikel:
Hornoff, Johannes: Baumschlag oder wie lehrt man Bäume zeichnen?
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0145

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
260

Lü) be-Liitet wehrscheinlich Kiefer, 2b) Tanne oder
Fichte.

Zedenfalls ist öie FOridernng. die in dem Worke
„Baumschiao" liegt, nicht erfüllt; denn Schlng bedeutet
Art. Deraleiche: Menschenschlog, Ge-schlecht.
Er tst noch dem Vater ae-s ch.l o g.en — geariet.
Wenn tch alsv BanmMag zeichne, muß ich genau
Äarallf achten, Laß LaS Wesen, die Art, die Gaitung
des detresfenden Baumes zum AuSdruck kommt. Der
Bstrachter meines BiDes muß -eukltch erkennen,
oö Ler Ballm etne Lin-e oder eine Buche, «lne Tanne
oder «tne Fichte jst. Gewiß wird der B<mm Zll-
nLchst durch sein Wackstum, durch Stamm- und Ast-
dildung bezeichnek. Diese verschwindet aber zum
großen Teil mrter dem Laud- und Nadelkletd, und
dies macht Las Skeletk «rst zum Vvllständlgen Äaum.

Baums chlag tn wahrem Sinne muß auch der heu-
Kge Ktinstler zeichnen, aLe'r «r muß noch mehr kön-
nen. Aeder Baum lst nicht Lloß «in Gatkungs-, son-
dern auch «in Sonderwesen. Wie aüe Menschen der-
selben Äasie gewisie Merkmale gemeinsam haben
und doch jeder anders gebildet ist, so erscheint auch
der einzelne Baum jeder Gatkung wteder in Leson-
derer Gestalt, mik ihm allein «igentümlichsn Merk-
malen. And derselbe Baum hinwiederum. steltt flch
anders dar unter verschiedenen Lebensumfiänden,
ich meine nicht nur während seiner Enkwickluna in
Len Iahreszeiten, sondern auch innerhalb derseiben
Zelt unker dem verschiedenen Einflutz von Licht unL
Lufi. Dieser Elnfluß aber Mffi i h n ebenfosehr, als
seine ganzs Amoebung: nn- so gehk der «inzslns
Baum oder auch dle Baumgruppe auf im Sttm-
mungsbilde der Landsckart. also als Teil -ieser muß
er aufgefaßk und dehandelk werden.

Habe ich nun nicht eine Lberlieferte Formel, nach
der ich jeden Baum derselden Gattung zeichne, son-

vlellelchk dazu, daß -er Baum tn vnd mik dem Land-
schaflsbilde zusammen doch erne gewisi« Stlmmung
eraibt. -

Wie hade ich das anzufangen? Ich muß anknLpfen.
an -ie snbeeinflllßke KlnLerzerchnung von BLumen,
die Zeichnung aus der Vvrsiellung, die in den Anter.
klasten geübk wird nnd in der sich dle wjchkigsten
Bestandteilr der Baumzeichnung als Keime beretis
vorfinden, nämlich als Darstellung erstens der WachS-
tumsverhLltnisse (Skamm- Lnd Äftbildung), zweltens
des Gesamteindrucks «nd drittens der Einzelhetten
in Laub- und Na-delwerk. Freilich zetgen flch diese
Keime nicht immer alle zugkeich tn jeder Kinderzeich-
nung, sondern vielfach zerstreut, der eine hier, der
andre -a.

Me WachstumsverhLltniffe flehk man am HL«fig-
sten bei der Gattung Nadelbaum (Fig. 1 L. 2). Ficht«,
Tanne, Kiefer unkerscheidet das Ktnd nicht. Es
macht einen senkrechten Strich und daran rechts und
links in bestimmten Entfernungen kleinere schräge
oder Lrumme Striche. Der Aufbau des Laubbaums
mik seinen VerLstelungen komml Lei der Winter-
landschast Wr Darstellung (Fig. S.). Den Desamk-
eindruck gidk der dlein« AnfLnger im Amriß, beim
Nadelbaum in der bekannten Fvrm des geschiosienen
Negenschirms (Fig. 4), beim belaubken Baumin Form
Les Kreises (Fig. 5) oder der Ellipse (Fig. 6), -ie
flch auf einen senkrechken Strich aufietzen, meist nichl
sehr regelmSßig, bisweiken ansgebogt (Fig. 7). Die
Einzelheiten werden nun entwsder tn den Amriß
eingezelchnek durch klelne Strichelchen tnnerhalb der
Kreis- oder ELipsenform (Fig. 8). oder sie erscheinen
als Punkke, HSufig sogor als BlLttchen an dle Aeste
angesetzf, also Skruktur und Einzelheit verbunden
(Fig. 9, 10, 11.), oder es wird in ganz roher Meise
«ine Gruppierung versucht: Lber Stamnr und Aesten

^rbk stch welk«r, daß -erselbe Baum, von zwei ver.
sckiedenen Künstlern aezeicknek, auch versckieden aus-
stehk, weil dasselbe NaturblL flch tn zwel verschie- ^


Zeit») habey eine ziemliche Aehnlickkeik mfielnan- . .

> der, wahrend die Bikder neuerer KLnstler elne ^
VerschieLenheit Zeigen.**)

Dies« elnfachen Wahthekken muß iH -mir
geführt habcn, bevor ich einen Schüler zum Baum-
zeichnen anlelte. Natürlich werde ich nicht künst-
lerifche Anforderunaen an ihn stellen, aber chn nach'
und nach Lahin zu bringen suchen, -aß der von ihm
dargesiellte Äaum Äs Eiche, Linde, utw. unassKbr S

kenntlich ist und auch von anderen BLumen -ersel- *

ben Gattung sich unterschechek, auf Ler Oberflufe ^


*) Dgl. die Mappe: DresdcnL Umgebung in LandsLaftsbildern
«rS deni Anfange des XIX. Iahrhunderis. 40 Lichtdrucktafeln
nach Hanbzeichnunaen und Radtcrungen von Hammer, Ientzsch,
<L. A.) Richter, Wtzani, Zingg u. a. tzerausgeaeben von Stto
Richtsr. Dcröffentlichung des Dcreins fur Geschichte Drcsdens.
Dresden 1SÜL.

**) Tin hübsches Bcisptel awt L. Aichter, Lebenserinnerungen
S. 189 f^ wo dier Künstler dic große Kaskade des Anio in Ti-
voli von demselben Standpunkte aus glcichzeitig, dvch in ganz
verschiedener Wcise darsteven.

Wle fill nun betm Nakurzeichueir die AnknÄpftmg
un Li« Vorsiellungszeichnung erfoigen?

1. Soll jch von dem flächeuhaften GesaMteindruck
des Daumes, dem Schattenriß» wie er flch Ln größe-
rer Enkfernnng darstellt, ausgehen, oder soll jch nSyer
an -en Daum hrrankreken snd fein M«sen: Skamm,
Astwerk «nd Bekleldung genaver betrachten?
 
Annotationen