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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0093

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92

gegränzten Saale eine besondere Ausströmnng anzu-
bringen, als eine ganz neue Heizung auch in die Säle
und Sammlungen, die von keiner Aenderung sonst be-
troffen werden, einzusühren. Einen Schadeu fiir die
Bilder durch die Trockenheit der heißen Luft hat man
vollkommen dadurch zu verhüten gewußt, daß man die-
selbe über eine Wasserfläche streichen läßt, wodurch sie
mit einer ausreichenden Masse von Feuchtigkeit erfüllt
wird. — So wird wohl zu hosfen sein, daß dieser über-
raschend geführte Streich der Specialkommission in's
Wasser fällt. —

Hierauf wird kürz über die vier kleineren Säle ge-
sprochen. Jn dem einen der nach Norden gelegenen
sollen die drci Kompartiments in einen Saal, in dem an-
deren iu zwei Kompartiments verwandelt werden. —
Warum so? Um wieder mit dem bewußten Rechen-
exempel einen „Berlust an nutzbaren Wandflächeu" in
Abrede zu stellen: Sechs Fensterwände gewonnen, durch
drei Querwände sechs Bilderwände verloren, also gleicher
Bestand. Jn der That ergiebt sich aber auch hierbei
ein Ausfall von 288 Quadratfuß. Zudem entstehen
technische Schwierigkeiten für die Errichtnng einer
Zwischenwand, die statt auf den Säulen des unteren
Geschosses zwischen denselben zu stehen käme, zumal wenn
die Thür in derselben an der Seite (nicht in der Mitte)
angebracht werden soll. —

Jn den Räumen gegen Süden „würden bei der großen
Schmalheit, welche sie besitzen, die Zwischenwände unbe-
denklich wegzulassen sein." —

Jm Gegentheil! Bei seiner geringen Tiefe bekommt
jeder dieser Räume ungetheilt ein unangenehmes Format,
wie die schon einmal angezogene ungleich größere und
„würdigere", aber in den Verhältnissen ähnliche lange
Galerie des Louvre beweisen kann. Unter Beibehaltung
der Theilungen wird noch mehr Raum gewonnen als
ohnedies, und die hier zusammengestellten Kunstwerke (die
ältesten der Sammlung) sind in ganz beschcidenen Ge-
mächern am geeignetsten untergebracht. Ja, für sie ge-
nügen sogar die Säle in ihrem gegenwärtigen Zustande,
mit ihrer Seitenbeleuchtung vollkommen. —

(Fvrtsctzung folgt.)

Korrespondenzen.

München, im Februar.

-llr Kürzlich hat im hiesigen Kunstverein die alljähr-
liche Verloosung stattgefunden. Sehr viele Gewinnste
kamen nach auswärts, auch die Brudervereine befinden
sich sämmtlich unter den Bedachten. Jn früheren Jahren
brachten unsere Tagesblätter jedesmal die Namen der
glncklichen Gewinner der bedeutenderen Werke, hener be-
schränken sie sich auf die kurze aber darum nicht minder

charakteristische Mittheilnng, daß das um den höchsten
Preis (600 Gulden) angekaufte Bild von Deffregger:
„Der verwundete Jäger" vom Oberleutuant Pracher da-
hier gewonneu worden. Es legt dieß den Schluß nahe,
daß der Kunst-Verein nur sehr wenig Bcdeutendes er-
worben hat. Ilnd leider ist dieser Schluß nur allzu richtig.
Die Ankäufe erstreckten sich mit wenigen Ausnahmen nnr
auf das Mittelgut, ja blieben vielfach auch noch hinter
diesem zurück, und man kann es manchem glücklichen Ge-
winner nicht im mindesten verübeln, wenu er unmittelbar
nach der Verloosnng nichts Eiligeres zu thnn wußte, als
für sein „Kunstwerk" um jedeu Preis einen Abnehmer
zu suchen. Das historische Fach war durch eine heilige
Familie von Andr. Müller nicht zum glücklicksten ver-
treten. Das Genre in seinen verschiedenen Zweigen
drängte dem Beschauer die nnangenehme Ueberzeugung
auf, daß die Münchener Knnst in dieser Richtung eineu
unleugbaren Nückschritt gemacht habe. Wo sind dic En-
huber, Kirner, Flüggen, Peter Heß, Fener-Müller und
Kaltenmoser, die vielleicht weniger Virtuoseu, aber jeden-
falls mehr Künstler waren, die ihrerzeit minder die Leder-
hosen und Stiefel und mehr die Menschen studirten, die
selbige am Körper trugen, und die weniger Lnst und Be-
hagen an ihren Arbeiten aber desto mehr Gedanken hatten.

Es ist ein scharfes, aber ein wahres Wort: unserc
Genremalerei siecht unter dem Druck der kläglichsten Ge-
dankenlosigkeit hin. Daß es so kommen mnßte, war frei-
lich längstvorauszusehennndist anchvorausgesehen worden.
Der ganze Witz der meisten unsrer Genremaler — auf
die ehrenvollen Ausnahmen, welche R. S. Zimmermann,
Ant. Seitz, L. v. Hagn u. A. bilden, werde ich andcrweitig
Gelegenheit finden zurückzukommen — steckt in ihrer alten
Garderobe, die sie im Oberland oder in Schwaben zu-
sammengekauft oder vom Autiguitätenhändler erworben
haben. Wer einen MiesbacherHuthat, maltOberläuder-
scenen, wer ein paar Ellen alten rothen Seidendamast,
eineu Kardinal, und ein alter Ranfdegen nnd ein vom
letzten Künstlermaskenfeste stammender Neiterstiefel be-
geistern zu Bildern aus dem dreißigjährigen Kriege. Und
das gilt leider nicht beim Genre allein. Ein junger
Maler, dem man eine Episode aus der Geschichte Kar-
thago's zu malen aufträgt, macht sich keine weitere Sorge,
als die, woher er das passende Kostnm nehmen soll; alles
Andere findet sich von selbst, nnd wenn nicht, schadct es
seiner Ansicht nach eben auch nicht viel.

Jch gebe gern zu, daß unsrc ganze Zeitrichtung nach
dem Nealismus hindräugt, aber ich bin auch der festen
Ueberzeugung, daß sich der Realismus iu der Kunst nicht
anf die Darstellung der Stoffe und anderer Nebensachen
zu beschränken habe, daß vielmehr jencr Maler, der eiu
und dasselbe Modell heut als schwäbischen Banern nnd
morgen als Gevatter Schneider oder Handschuhmacher
malt, ebenso gegen den wahren Nealismus sündigt, als
 
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