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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Schmidt, Wilhelm: Wenzeslaus de Olomucz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0099

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^ ^ahrgang.
1886/87.

Aunstchronik

Nr. j2.

30. Dezember.

Mochenschrift für Runst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Aunstgewerbevereine

Herausgeber:

Larl v. tützow u»d Arthur j)abst

wien Berlin, XV.

Lxpedition:

keipzigi L. A. Seemann, Gartenstr. Z5. Berlin: w. ks. Aiihl, Jägerstr. 7Z.

^unstchronik erscheint von Vktober bis Lnde guni wöchentlich, im Iuli, August und September nur aller Tage und kostet in verbindung
dem ;<unstgewerb eblatt halbjährlich 6 Mark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark.— Inserate, ä Z0 ssf. für die dreispaltige j)etitzeile,
^^'"en außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein L vogler in Leipzig, wien, Berlin, München u. s. w. entgegen.

I

^lalt: wenzeslaus de Vlomucz. — Mitteilungen aus der jDapyrussammlung des Erzherzogs Rainer; Große Radirung nach Frans tzals. —
Über Nanien und ^eimat Sperandio's. — Rom: Ausgrabungen. — Archäologische Gesellschaft in Berlin. — Grwerbungen der Erenntage
in St. jDetersburg. — Herstellung der Burg Dankwarderode; Herstellung der sog. Rurie Richards von Lornwallis; Aus den wiener
Ateliers; Aus Rom; Aus Llorenz. — Auktion Moll. — Neuigkeiten des Buch- und Runsthandels. — Inserate.

Wenzeslaus de Glomucz.

Die Frage, wer die mit IV bezeichneten und sich
^>t Blättern Dürers inhaltlich deckenden Knpferstiche
^l^rtigt, gehört bekanntlich zu den ärgsten eruoibus
^brxrstum. Viele Tinte ist darüber vergossen wvrden,
den, pxr verdiente Dürerbiograph wieder auf die
or Bartsch herrschende Ansicht zurückkam, daß wir

Originalwerke des Lehrers von Dürer, Michel
^geniut, vor uns haben.

Thausings Ansicht, was Wolgemut betrifft, erregte
" Kopfschütteln; denn wie sollte der alte Nürnberger,
^ n,an als einen altfrankischen, handwerklichen Maler
^Zusehen gewohnt war, Plötzlich Kompositionen ge-
^uffea haben, die das Wesen eines neuen Geistes in
^ deutschen Kunst anzeigten? Springer machte sich
^Un, Hergttz dieses Kopfschüttelns und wies mit über-
^j'genden Gründen Wolgemuts llrheberschast zurück;
^ ^ aber war sein weiterer Versuch, den Venezianer
^ukvb de Barbarj als Vater herbeizuziehen, nüßgliickt.
^uii von Barbarj giebt es ja Stiche, die als be-
Uubigt anzusehen sind, und diese zeigen sich, was den
^lstigen Gchalt und die körperliche Auffassung betrifft,
von den lVstichen Verschieden; während
^ pririgxr von der Scylla wegznrudern bemüht war,
^uierkte er nicht, daß die Charybdis ihn heimtückisch in
Ü'en Strudel untertauchte.

2. kam man wieder auf Wolgemut zurück. Nach
^uusing ^^üte er ja nicht bloß die Stiche angesertigt
^ben, sondern diese Blätter sollten zugleich die Originale
^ ^rnen von Dürcr darstellen. Es war dies auch nur

zn natürlich, da es nndenkbar schien, daß der Lehrer
nach seinem Schüler kopirt haben sollte. Wolgemut
schwang also die Fahne der Befreiung der deutschen
Knnst aus den Banden der Spätgotik. Zum Unglück,
hätte ich beinahe gesagt, existiren aber unzweifelhafte Stu-
dien von Dllrer zu den beregten Kompositioncn. Neues
Stutzen! Es folgte gewissermaßen der zweite Akt der
Tragödie. Es handelte sich jetzt darum, eine Form zu
sinden, in welcher man Dürer seine ursprünglichen
Jdeen zurückgeben und zugleich für Wolgemut doch noch
ein Plätzchen aufbewahren konnte.

Sidney Colvin, Uorlkolio 1877, S. 182 ff., Ver-
suchte zuerst eine derartige Lösung. Daß Michael der
Urheber der IVstiche ist, unterliegt ihm keinem Zweifel,
ja er versucht sogar noch einen Beweis mehr dasür
zu bringen, indem er den Kopf des Engels auf Lem
Wblatte der Verkündigung Mariä mit Engelsköpfen
aus den Holzschnitten der Schedelschen Chronik ver-
gleicht und hierbei denselben Meister zn entdecken glaubt.
Jn der That aber gleichen sich diese Köpfchen nicht
mehr, als es bei zeitgenössischcn Künstlcrn überhaupt
der Fall zu sein Pflegt. Auf diese Art könnte man
auch darthun, daß die besagten Holzschnitte etwa von
Schongauer gezeichnet wären. Colvin faßt das Ver-
hältnis so: Dürer hatte seine erste italienische Reise
vollendet, war da vom Geiste der Renaissance berührt
worden, hatte Studien mitgebracht, sich wieder in die
Werkstatt des ehemaligen Lehrers aufnehmen lasien, und
dieser Lehrer nahm dann die betreffenden Studien und
schweißte sie oder, sagen wir besier, verarbeitete sie auf
Kupferplatten zusanimen, und Dürer kopirte dann un-
 
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