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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Korrespondsnz aus Münchsn.

260

bayerische Königswappen mit Ludwigs Wahlspruch
„Gerecht und beharrlich" entwickeln. Das aus diesen
Staatsemblemen sich entspinnende Rankenwerk trägt
oben als Gipfel und Schlußpunkt das Symbol des
christlichen Staates, den Gekreuzigten. Auf dem zweiten
Bilde werden die beiden Grlinder Münchens, Heinrich
der Löwe mit dem Modell der Burg und Ludwig der
Bayer im Kaisergewand dargestellt. FUr die Aus-
führung dieses Auftrages ist Prof. Lindenschmit sicher-
lich der geeignetste Mann, und er wird, wenn auch
keine schwungvoll genialen, so doch jedenfalls gediegene
Arbeiten liefern, die in jeder Hinsicht die Anforderungen
erfüllen werden, welche an derartige Ceremonienbilder
zu stellen sind.

Auch einige gelungene Neubauten sind in den
letzten Monaten entstanden, die dazu beitragen, den
äußeren Eindrnck der Stadt zu heben. Am Prome-
nadeplatz erhebt sich die von dem Architekten Martens
aus Berlin erbante Bayerische Vereinsbank, ein
stattliches Eckhaus, das schon von nußen das vornehme
Geschäftshaus erkennen läßt. Aus weißem Sandstein
auf einem Sockel von Granit in frei behandeltem
deutschen Renaissancestil erbaut, macht es schon durch
das schöne Material einen soliden, zahlungsfähigen
Eindruck. Dabei sind die Schreiner-, Schlosser- nnd
Schmiedearbeiten alle in ihrer Art vortrefflich und
machen den Herren Albert Schmidt, Steinmetz, Rath-
geber, Bnßmann und Moradelli, die sie geliefert, alle
Ehre. Jnsbesondere können die aus lustigem Ranken-
und Blumenwerk zusammengesetzten Thür- und Fenster-
gitter von Bußmann als Meisterwerke der Schniiede-
kunst gelten. Das zweite, sehr verschiedene aber in
seiner Art ebenfalls treffliche Gebäude ist die gegen-
über der alten Max-Josefsburg errichtete Synagoge.
Statt auf orientalische Muster zurückzugreifen, hat
Architekt A. Schmidt die Lösnng seiner Aufgabe
innerhalb der deutschen Formengebung des 12. und
13. Jahrhunderts versucht und mit Glllck durchgeführt.
Bei der Außenarchitektnr ist eine reichere Gestaltung
nur auf die Ost- nnd Westfassade verwendet, während
die Langseiten eine einfache, der inneren Säulenstellung
entsprechende Eisenarchitektur zeigen. Das Jnnere, das
nach dem Prinzip der Hallenkirche behandelt ist, wirkt
ebenfalls einfach, aber groß und gut in den Berhält-
nissen. Die Emporen werden von wuchtigcn romani-
schen Nundsäulen getragen, die unter sich durch Spitz-
bogen verbunden sind; über diesen erheben sich dann
die schlankeren Säulen, welche die Gewölbe tragen.
Die vielen Durchsichten geben dem Jnnenraum einen
luftigen, freien Anstrich.

Leider hat München dafür den Verlust einer
anderen Sehenswürdigkeit zu beklagen. Philippo-
teaux' Panorama an der Tberesienstraße, den letzten

Ausfall der Franzosen aus Paris darstellend, wird
Anfang Februar geschlosien, um an seinen neucn Be-
stimmungsort — nach Wien — zu gehen. llnbestreitbar
war dieses Bild eines der korrekrcst gezeichneten und best
gemalten Panoramen, und man kann daher nur wün-
schen, daß das neue Rundgemälde, ein bei verschiedenen
Münchener Künstlern bestelltes Marinestück, einen ähn-
lichen künstlerischen Wert erhalten möge.

Jm Kunstverein erregte in den lctzten Wochen
hauptsächlich Ferd. von Millers „Kriegerdenkmal
für Elbing" Aufsehen, eine Arbeit, die recht geeignet
ist, den Ruhm Münchener Kunst an der Nordostgrenze
des Vaterlandes zu verbreiten. Die beslügelte Nike,
eine schlanke Mädchengestalt, und der nackte sterbende
Krieger, dem sie den Lorbeerkranz reicht, bilden eine
edle Gruppe, in der sich feines Empfinden und be-
^ deutendes Können kundgeben.

Aug. Holmberg stellte unter dem Titel „Abend-
stimmung" wieder ein vornehmes Jnterieur aus, in
welchem ein italienischer Kirchenfürst, im Lehnsessel
sitzend, einer Dame zuhört, die, von den goldenen
Strahlen der Abendsonne umflutet, am offenen Fenster
steht und aus einem Buche vorliest. Die Einzelheiten
des in edelm Renaissancestil gehaltenen Gemachs sind
in delikatester Weise gezeichnet; dabei ist die Zimmer-
ausstattung, das Kostüm der Bewohner und das zum
Fenster hereinschauende Stück Landschaft zu einem so
reinen Farbenakkord gestimmt, wie man ihn nur selten
auf modernen Bildern zu finden pflegt. Anßerdem
erregten unter den Genrebildern noch zwei sorgsaM
durchgebildete Kabinetsstücke unseres trefflichen Mün-
chener Meissonier Karl Seiler „Projektenmacher" und
„Lästerungen" Aufsehen, die trotz des Miniatnrformats
eine flotte Komposition, eine fprechcnde Charakteristik
der Figuren und eine in Form und Farbe subtile
Durchführung aufweisen.

Unter den Bildnisien ragte ein lebensgroßes Knie-
stück von Ernst Zimmermann hcrvor, welches den
Prinzregenten Luitpold in Unisorm darstellt. Zu be-
dauern war nur, daß dieses Bild, das in formaler
Durchbildung nnd großartig freier koloristischer Be-
handlung nls ein'Meisterwerk gelten kann, in der Auf-
fassung nicht Vvllkvmmen befriedigt. Denn wenn auch
das edel-einfache Wesen des Dargestellten in feiner Weise
gezeichnet ist, so vermißt man doch dcn Charakterzug
der Leutseligkeit und des Wohlwollens, welcher in der
kürzlich vollendetcn BUste von Christ. Roth und in
dem früheren Pvrträt Defreggers in sv herzgewinnen-
der Weisc zum Ausdruck kam. H. v. Angeli schickte
das Kniestück einer vornehmen Dame in rotem
Sammetkleid, das wie alle Bilder des Meisters änßerst
distinguirt aufgefaßt und auch in der Farbe vornehm
und duftig behandelt ist, leider aber in der Modelli-
 
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