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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie
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Wolf, U.: Die nationale Kunstausstellung in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0278

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551

Die nationale Kunstausstellung in Venedig.

552

Meyer von Bremen auch in der Wahl seiner Stoffe
und in der emailartigen, sauberen Behandlung seiner
Ölgemälde verwandt war.

Obwohl Rudolf Schick auf verschiedenen Gebieten
der Malerei thätig gewefen ist, lag der Schwerpunkt
seiner Begabung doch in der Landschaft. Unter Wilhelm
Schirmer in Berlin hatte er sich auch zum Landschafts-
maler ausgebildet, und während eines Ausenthalts in
Rom, wo er mit Bvcklin bekannt wurde, wirkte dieser
sv nachhaltig auf ihn ein, daß er mit dem schweizeri-
schen Meister nach Basel ging, wo er ihm an den
Wandgemälden im Treppenhause des Museums half.
Jm Jahre 1869 ließ er sich in Berlin nieder, machte
aber bis 1884 noch häufige Reisen nach Jtalien,
von welchen er nicht bloß zahlreiche landschaftliche
Studien, sondern auch Motive zu Genrebildern
und romantisch aufgefaßten Einzelfiguren mitbrachte.
Seine italienischen Landschaften haben von Böcklin
nur dessen phantastisch - poetische Stimmung und
seinen Farbenschmelz, nicht seine Bizarrerien und Über-
treibungen. Ein edles Schönheitsgesuhl charakterisirt
Schicks ganzes Schaffen. Er war kein Künstler von
stark und entschieden ausgeprägter Jndividualität, aber
ein liebenswürdiges, feinfühliges Talent, welches jedem
landschaftlichen Motive Seele und Empfindung zu geben
wußte. Anhaltende Kränklichkeit beeinträchtigte sein
Schaffen. Die landschaftlichen Studien und Skizzen
sind fast durchweg von großer Frische und Unmittel-
barkeit, einige sogar von hervorragender Genialität.
Bei den ausgeführten Bildern schlägt die Romantik
bisweilen in das Süßliche über, und das gilt ganz be-
sonders von seinen Damen- und Kinderbildnissen, welche
meist über eine schwächliche Eleganz nicht hinauskommen.
Glücklicher war er im männlichen Bildnis. Dafür
sand er energievollere Töne nnd eine schärfere Mo-
dellirung.

Eine große Überraschung gewährt die Ausstellung
durch die Werke von Friedrich Karl Hausmann,
welcher nach glänzenden Anfängen seit 1864, wo er
zum Direktor der Zeichenakademie in Hanau beruscn
worden war, die Malerei ganz aufgegeben und nur
noch Entwürfe von mäßigem Verdienst für kunst-
gewerbliche Zwecke ausgeführt hatte. Der jüngeren
Generation war Hausmann eigentlich nur durch die
Gemälde in der Kunsthalle zu Hamburg, die figuren-
reiche Komposition „Galilei vor dem Konzil 1633",
„Der Pfaff entführt Gretchens Schmuck" und „Pariser
Gamins" bekannt. Jetzt lehrt uns die Ausstellung
einen Maler kennen, der ebenso ausgezeichnet nls Land-
schasts- wie als Jnterieurmaler war und als Kolorist eine
Virtuosität erreicht hatte, welche das malerische Können
der meisten seiner deutschen Zeitgenosien in den fünf-
ziger und sechziger Jahren weit Ubertraf. Seine ko-

loristischen Fähigkeiten hatte er sich in Antwerpen und
Paris erworben, wo er einerseits durch fleißiges Ko-
piren von Rubens, Rembrandt, Murillo, Paolo Veronese,
u. a. m., andererseits unter dem Einfluß von Dela-
roche, Delacroix, Decamps und anderer Franzosen den
Grund zu seiner glänzenden malerischen Technik legte.
Die Einwirkung vvn Delaroche zeigen besonders deut-
lich die „Pariser Gamins", welche Hausmann 1852
in Paris malte. Die „Zigeunerin aus der Heide"
(1853) bezeichnet den Höhepunkt seines Schaffens im
Genrefach. Nachdem er früher in Belgien und 1853 in
Vaux de Cernay bei Paris landschaftliche Studien ge-
macht, bildete er seine Begabung fllr die Landschaft
aus einer Reise nach Jtalien (1854/1855) weiter aus.
Mit den in Antwerpen gemalten Jnterieurs (Trödler-
bude, holländische Bauernstube, Kellerstudie, Gesinde-
raum u. a. m.) siud die Landschaftsgeniälde und Öl-
studien nach Motiven aus Tivoli, Olevano, Civitella
und der Campagna: Schöpsungen, in welchen sich eine
gesund-realistische Naturanschauung mit einem leuchten-
den Kolorit paart, desien Gediegenheit den Einflüsien
von drei Jahrzehnten getrotzt hat.

Neben diesen Landschaften spielen diejenigen von
August Behrendsen, einem Schüler von Wilhelm
Schirmer in Berlin, nur eine untergeordnete Nolle. Er
wählte die Motive zu seinen Alpenlandschaften, welche
ganz in der romantischen Art seines Lehrers gehalten
sind, meist aus Oberitalien und Tirol und verband mit
einer glatten, durchsichtigen Behandlung ein Streben
nach effektvoller Beleuchtung. Für eine Landschast mit
Alpenglühen erhielt er 1862 die große goldene Me-
daille der Berliner Ausstellung. Von 1845 bis 1869
war er Lehrer an der Königsbergcr Kunstakademie und
hat u. A. Scherres und Neide zu Schülern gehabt.
Jn den letzten Jahren hatte ihn ein Lungenleiden
seiner Kunst entzogen, weshalb er sich meist in Meran
aufhielt. Er starb am 3. April 1886 zu Hildesheim.

Adolf Rosenberg.

Die nationale Aunstausstellung in Vencdig.

I.

Die Anziehungskrast, welche diese am 2. Mai im
Beisein des italienischen Königspaares feierlich eröffnete
Ausstellung aus die zahlreichen Bcsucher ausübt, ist
zum großen Teil in ihrer besonderen Reichhaltigkeit,
und für die mit der Kunst Jtaliens, wie sie sich heute
zeigt, noch nicht Vertrauten in der Überraschung darüber
begründet, hier gar nichts zu finden, was niit dcn
alten Jtalienern auch nur die mindesten Berührungs-
punkte zeigte. Der kccke, oft rohe Realismus vieler Dar-
stellungen srappirt die Leute. Sie bleiben wie gebannt
vor den großen Sensationsbildern und den höchst
 
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