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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0048

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Kunstbericht aus Düsseldorf.

Hintergrunde Siegfried, frohgemut sein Hörn blasend,
gegen das Feuer in Auflösung aller Detailformen
silhouettirend, der Lohe entgegenzieht. Nur wenig
fehlt dem Siegfried, der dem Gesänge des Wald-
vogels lauscht, um unsere Vorstellung zu decken.
Glücklicher noch ist der Held in dem Augenblick,
der seinem Tode kurz vorangeht, charakterisirt, wo
namentlich das schwatzhafte, unbesonnene Erzählen
gut zum Ausdruck kommt. In der Gestalt Günthers,
vor der zu Boden gesunkenen, überwältigten Brun-
hilde stehend, wirkt er gewaltig und hehr. — Soll
nun auch das weniger Gelungene und geradezu Ver-
fehlte nicht unerwähnt bleiben, so fällt zunächst auf,
wie wenig dem Künstler der doch so scharf aus-
geprägte Charakter Hagens geglückt ist. Abgesehen
von der Lahmheit der Erscheinung, die ihm in allen
drei Scenen, in denen er vorgeführt wird, anhaftet
(„Verschwörung mit Brunhilde und Günther", „Tod
Siegfrieds" und „Untergang im Rhein"), stört die
Mattigkeit der Bewegung, mit der er gegen Siegfried
zum Speerwurf ausholt, wesentlich. Auch wirken
in dieser Darstellung die Figuren zu klein und des-
halb kleinlich und zeigen in der Tracht zuviel
Spuren römischer Vorbilder. Auch das oben er-
wähnte erste Bild der Verschwörung bringt den Vor-
gang nicht recht zur Geltung, was man um so mehr
bedauert, als gerade hier die Landschaft, eine Ter-
rasse am breit sich durch die Darstellung ziehenden
Rhein, einen ganz originellen Ton anschlägt. Nicht
völlig gelungen erscheinen auch die Walküren mit
Sieglinde. Doch dürfte hier mit wenigen Strichen
eine Veredlung möglich sein. Alles Gerügte steht
zu dem Eindruck des Ganzen in keinem Verhältnis,
und gewiss wird es dem wackern Künstler ein
Leichtes sein, wenn seine künstlerischen Andeutungen
Ernst würden, d. h., wenn sich die Aussicht zur
Ausführung seiner Entwürfe als Wandgemälde er-
öffnen sollte, das noch Unreife darin zur Vollendung
auszugestalten. Und warum sollte sich eine solche
Aussicht ihm nicht eröffnen? Er verdient es im höch-
sten Masse. Keine Sache hat so enthusiastische und
zugleich so opferfreudige und, was mehr ist, opfer-
fähige Begünstiger als die Richard Wagners. Möchte
sich bald ein Mäcen finden, der dieses echt deutsche
Werk zu vollem und dauerndem Leben erweckt!

Die Städtische Galerie in der Kunsthalle hat in
den jüngsten Zeiten, teils durch Geschenke, teils
durch Ankauf manchen schätzenswerten Zuwachs er-
halten. Das Streben, ein vollständiges Bild von der
Düsseldorfer Schule seit ihrer Erweckung in den
zwanziger Jahren zu gewähren, ist vielleicht noch

immer nicht bewusst und unterstützt genug. Doch ist
auch schon im jetzigen Bestände ein leitender Faden zu
erkennen. Nach dieser Richtung hin hat die Samm-
lung zwei höchst wertvolle Erwerbungen gemacht.
Zunächst ein Porträt von Cornelius, den Münzmeister
Georg Teichmann in Düsseldorf darstellend, welches,
wenn wir nicht irren, in der Zeit von des Künst-
lers Amtswaltung als Akademiedirektor am hiesigen
Orte gemalt ist. Ueberraschend durch technische
Gewandtheit, giebt der Meister den Dargestellten in
sitzender, etwas anspruchsvoller Pose, die etwa einem
Lord Byron anstehen würde. Leider hat das Bild
durch Risse und trüben Firnis seine volle Wirkung
eingebüsst. Das zweite Werk ist eine Meisterland-
schaft Lessings (Motiv aus der Eifel), die bei aller
Grösse des Stils einen realistischen Gegensatz zu der
romantisch aufstaffirten Belagerung des Kirchhofs
bei gänzlicher Unterordnung der Staffage bildet. Von
neuem Meistern ist G. Crola's Bildnis des Professors
Eduard von Gebhardt hinzugekommen. Etwas Treffen-
deres an Charakteristik und Ähnlichkeit lässt sich
nicht denken. Freilich schafft sich das leichter einem
Original gegenüber, welches sich selbst so erschöpfend
künstlerisch zu geben versteht. Ein namentlich durch
die jugendliche Frauengestalt anziehendes und höchst
reizvolles Bild von Vollchart, „Tändelei", im Kostüm
des 17. Jahrhunderts, erscheint als gute Vertretung
des feinen Künstlers, der aber auch hier einen Wunsch
nach etwas mehr Kraft und Kernigkeit nicht ganz
abzuwehren vermag. — Eine Herbstlandschaft von
Oeder gehört zum Stärksten, was der ausgezeichnete
Künstler in der zweiten Periode seines Schaffens
geleistet hat und bleibt auch im ganzen freier von
der Zusammenstimmung auf eine vorgedachte Ton-
wirkung, welche in der Natur so ausgesprochen nicht
vorhanden ist. Jedenfalls werden die Leiter unserer
Sammlung im Auge behalten müssen, demnächst auch
ein Bild aus der ersten naiven Periode zu erwerben,
wenn sie dem Besucher der Galerie eine erschöpfende
Anschauung von dem Wirken eines unserer merk-
würdigsten Zeitgenossen unter den Landschaftern geben
wollen. Im Besitze Suermondts, des Verstorbenen,
war ein herrliches Werk aus des Künstlers erster
Zeit, welches ihn in seiner damaligen Eigenart voll
vergegenwärtigt.

Die permanente Ausstellung der Kunsthalle, in
welcher man die Vorbereitungen zum Ausmalen des
Treppenhauses durch Carl Gehrts trifft, bringt man-
ches Bemerkenswerte. Abgesehen von den Arbeiten,
die über das Schaffen der Künstler — bei allem Ver-
dienst — keine neuen Gesichtspunkte gewähren,
 
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