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Kampf um Troja.
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war. Erst im Laufe der siebziger Jahre entwickelte
sich an den grossen Unternehmungen ähnlicher Art
in Griechenland und Kleinasien und durch die Teil-
nahme von Architekten an denselben jene Forschungs-
methode, welche in der technischen Analyse der
Bauwerke die Grundlage aller weiteren Folgerungen
schafft.
Schliemann hatte inzwischen während der Arbeit
erkannt, dass in Hissarlik technische Rätsel eigener
Art zu lösen waren, und als er, im Jahre 1882 nach
dem Erscheinen des Buches Ilios, sich entschloss,
nochmals zum Spaten zu greifen, sicherte er sich die
Hilfe des Architekten Dörpfeld, welcher als tech-
nischer Leiter der Ausgrabungen in Olympia und
durch spätere vergleichende Studien an verschiedenen
Punkten der alten Welt reiche Erfahrungen gesam-
melt hatte. Schliemann ging mit der Überzeugung
nach Hissarlik, dass zur vollständigen Lösung der
trojanischen Frage weitere Untersuchungen erforder-
lich seien. Als an Ort und Stelle Dörpfeld ihn da-
rauf aufmerksam machte, dass er zwischen den Ge-
bäuden der zweiten und dritten Ansiedlung nicht
richtig unterschieden habe und dass das kleinliche
Gemäuer der dritten Ansiedlung unmöglich der Burg
des Priamos angehört haben könne, da Hess er unter
Dörpfelds Leitung die zweite Ansiedlung vollständig
ans Licht bringen. Es zeigte sich, dass die Bauwerke
dieser Periode durch Einheitlichkeit der Anlage, durch
Grösse und technische Ausführung von den anderen
Ansiedlungen, welche in Hissarlik ihre Spuren zu-
rückgelassen haben, sich unterscheiden. Während
alles oberhalb der zweiten Ansiedlung befindliche
Mauerwerk, mit Ausnahme der ganz oben gelegenen
makedonischen oder römischen Gebäude, den Stempel
kunstlosester Dürftigkeit trägt, erkennt man, dass
diese zweiten Ansiedler erfahrene Werkleute zur
Verfügung hatten, welche ihr Material beherrschten;
man erkennt, dass es sich hier nicht, wie in den
oberen Schichten, um notdürftig gegen die Witterung
schützende Hütten handelt, sondern um eine vertei-
digungsfähige Burg.
Die Geschichte der Ausgrabungen des Jahres
1882 und die Darstellung der Funde bilden den In-
halt des Buches „Troja", welches Ende 1883 erschien
und dem wir den Plan der zweiten Ansiedlung ent-
lehnen, um ihn im folgenden näher zu betrachten.
Wir sehen einen Flächenraum von der Gestalt
eines unregelmässigen Vielecks von Mauern umgeben
und mit Bauwerken bedeckt; es sind die Gebäude
der zweiten Ansiedlung und einige stehengelassene
Mauern der dritten Periode. Bings um das Vieleck,
stellenweise in dasselbe hineingreifend, erheben sich
die steilen Wände der von der Ausgrabung nicht
berührten Teile des Hügels, dessen Oberfläche durch-
schnittlich 8 m höher lag als das Mveau der zweiten
Ansiedlung. An einigen Stellen stehen noch die
Schutt- und Trümmermassen innerhalb des freien
Raumes als vereinzelte Klötze aufrecht ((?. H.). Ein
breiter und tiefer Graben durchschneidet in nordsüd-
licher Richtung den ganzen Raum, einige annähernd
parallel verlaufende Mauern der untersten Ansiedlung
sehen lassend. An der Nordseite, wo der Hügel steil
in die Ebene abfällt, ist durch seitliche Abgrabung
ein Teil des verbauten Grundes mit samt der Ring-
mauer zerstört worden.
Die an drei Seiten noch erhaltene Ringmauer
ist in zwei verschiedenen Perioden erbaut worden;
der ältere Teil ist in der Planskizze durch kreuz-
weise Schraffirung gekennzeichnet; die jüngere Mauer
(schwarz) bedeutet eine geringe Erweiterung der
Burg an der Südseite. Beide Mauern sind in gleicher
Weise und aus demselben Materiale konstruirt. Diese
Mauern sind massive, nach aussen geböschte Futter-
mauern aus Bruchsteinen, oben etwa 3'^ m breit;
in der Höhe ihrer Krone liegt das Niveau, der zwei-
ten Ansiedlung. Aussen sind die Mauern einige Meter
hoch von der Schuttanhäufung befreit. Auf dieser
Futtermauer stand die eigentliche Verteidigungs-
mauer aus Lehmziegeln. Diese massive 3 m dicke
Lehmziegelmauer ist indessen nur an der Ostseite in
den nicht abgegrabenen Teilen des Schutthügels und
zwar etwa 21/2 m hoch erhalten; an allen übrigen
Stellen wurde sie während der Ausgrabungen der
siebziger Jahre zerstört.
An den Ecken des Manerpolygons sind massive
turmartige Vorsprünge angeordnet von 3—4 m Front-
breite und 2—2,50 m Tiefe. Diese Türme liegen
etwa 20 m weit auseinander, also nahe genug, um
von ihnen aus mit den einfachen Kampfmitteln der
Vorzeit eine Flankirung den zwischen ihnen liegen-
den Mauern zu ermöglichen.
In der älteren Mauer befinden sich zwei Thore
(EM und NF). Das erstere, zu welchem eine ge-
pflasterte Rampe hinaufführt, hatte einen einfachen
Thorverschluss und nach aussen vorspringende Pfeiler.
Beim Neubau der südlichen Ringmauer wurden die
seitlichen Wände des Thores nach innen zu verlängert
und über die Fundamentmauer (Im) eines älteren
Gebäudes (D) hinweggeführt; ein zweiter Thorver-
schluss wurde angelegt. Von dem Mauerwerk dieses
Thores sind nur die Fundamente aus Bruchsteinen
erhalten; vor den Stirnseiten der Seitenwände (Para-
Kampf um Troja.
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war. Erst im Laufe der siebziger Jahre entwickelte
sich an den grossen Unternehmungen ähnlicher Art
in Griechenland und Kleinasien und durch die Teil-
nahme von Architekten an denselben jene Forschungs-
methode, welche in der technischen Analyse der
Bauwerke die Grundlage aller weiteren Folgerungen
schafft.
Schliemann hatte inzwischen während der Arbeit
erkannt, dass in Hissarlik technische Rätsel eigener
Art zu lösen waren, und als er, im Jahre 1882 nach
dem Erscheinen des Buches Ilios, sich entschloss,
nochmals zum Spaten zu greifen, sicherte er sich die
Hilfe des Architekten Dörpfeld, welcher als tech-
nischer Leiter der Ausgrabungen in Olympia und
durch spätere vergleichende Studien an verschiedenen
Punkten der alten Welt reiche Erfahrungen gesam-
melt hatte. Schliemann ging mit der Überzeugung
nach Hissarlik, dass zur vollständigen Lösung der
trojanischen Frage weitere Untersuchungen erforder-
lich seien. Als an Ort und Stelle Dörpfeld ihn da-
rauf aufmerksam machte, dass er zwischen den Ge-
bäuden der zweiten und dritten Ansiedlung nicht
richtig unterschieden habe und dass das kleinliche
Gemäuer der dritten Ansiedlung unmöglich der Burg
des Priamos angehört haben könne, da Hess er unter
Dörpfelds Leitung die zweite Ansiedlung vollständig
ans Licht bringen. Es zeigte sich, dass die Bauwerke
dieser Periode durch Einheitlichkeit der Anlage, durch
Grösse und technische Ausführung von den anderen
Ansiedlungen, welche in Hissarlik ihre Spuren zu-
rückgelassen haben, sich unterscheiden. Während
alles oberhalb der zweiten Ansiedlung befindliche
Mauerwerk, mit Ausnahme der ganz oben gelegenen
makedonischen oder römischen Gebäude, den Stempel
kunstlosester Dürftigkeit trägt, erkennt man, dass
diese zweiten Ansiedler erfahrene Werkleute zur
Verfügung hatten, welche ihr Material beherrschten;
man erkennt, dass es sich hier nicht, wie in den
oberen Schichten, um notdürftig gegen die Witterung
schützende Hütten handelt, sondern um eine vertei-
digungsfähige Burg.
Die Geschichte der Ausgrabungen des Jahres
1882 und die Darstellung der Funde bilden den In-
halt des Buches „Troja", welches Ende 1883 erschien
und dem wir den Plan der zweiten Ansiedlung ent-
lehnen, um ihn im folgenden näher zu betrachten.
Wir sehen einen Flächenraum von der Gestalt
eines unregelmässigen Vielecks von Mauern umgeben
und mit Bauwerken bedeckt; es sind die Gebäude
der zweiten Ansiedlung und einige stehengelassene
Mauern der dritten Periode. Bings um das Vieleck,
stellenweise in dasselbe hineingreifend, erheben sich
die steilen Wände der von der Ausgrabung nicht
berührten Teile des Hügels, dessen Oberfläche durch-
schnittlich 8 m höher lag als das Mveau der zweiten
Ansiedlung. An einigen Stellen stehen noch die
Schutt- und Trümmermassen innerhalb des freien
Raumes als vereinzelte Klötze aufrecht ((?. H.). Ein
breiter und tiefer Graben durchschneidet in nordsüd-
licher Richtung den ganzen Raum, einige annähernd
parallel verlaufende Mauern der untersten Ansiedlung
sehen lassend. An der Nordseite, wo der Hügel steil
in die Ebene abfällt, ist durch seitliche Abgrabung
ein Teil des verbauten Grundes mit samt der Ring-
mauer zerstört worden.
Die an drei Seiten noch erhaltene Ringmauer
ist in zwei verschiedenen Perioden erbaut worden;
der ältere Teil ist in der Planskizze durch kreuz-
weise Schraffirung gekennzeichnet; die jüngere Mauer
(schwarz) bedeutet eine geringe Erweiterung der
Burg an der Südseite. Beide Mauern sind in gleicher
Weise und aus demselben Materiale konstruirt. Diese
Mauern sind massive, nach aussen geböschte Futter-
mauern aus Bruchsteinen, oben etwa 3'^ m breit;
in der Höhe ihrer Krone liegt das Niveau, der zwei-
ten Ansiedlung. Aussen sind die Mauern einige Meter
hoch von der Schuttanhäufung befreit. Auf dieser
Futtermauer stand die eigentliche Verteidigungs-
mauer aus Lehmziegeln. Diese massive 3 m dicke
Lehmziegelmauer ist indessen nur an der Ostseite in
den nicht abgegrabenen Teilen des Schutthügels und
zwar etwa 21/2 m hoch erhalten; an allen übrigen
Stellen wurde sie während der Ausgrabungen der
siebziger Jahre zerstört.
An den Ecken des Manerpolygons sind massive
turmartige Vorsprünge angeordnet von 3—4 m Front-
breite und 2—2,50 m Tiefe. Diese Türme liegen
etwa 20 m weit auseinander, also nahe genug, um
von ihnen aus mit den einfachen Kampfmitteln der
Vorzeit eine Flankirung den zwischen ihnen liegen-
den Mauern zu ermöglichen.
In der älteren Mauer befinden sich zwei Thore
(EM und NF). Das erstere, zu welchem eine ge-
pflasterte Rampe hinaufführt, hatte einen einfachen
Thorverschluss und nach aussen vorspringende Pfeiler.
Beim Neubau der südlichen Ringmauer wurden die
seitlichen Wände des Thores nach innen zu verlängert
und über die Fundamentmauer (Im) eines älteren
Gebäudes (D) hinweggeführt; ein zweiter Thorver-
schluss wurde angelegt. Von dem Mauerwerk dieses
Thores sind nur die Fundamente aus Bruchsteinen
erhalten; vor den Stirnseiten der Seitenwände (Para-