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Ausstellung der Kunstgeschichtliclien Gesellschaft in Berlin.
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aus jeuer Jugendepoche van Dycks aufgefunden
worden, die durch die Forschungen Bode's ein so
völlig neues, jedermann überraschendes Licht erhalten
hat, dass man erst einige Zeit abwarten muss, ehe
man sich an den neuen, blendenden Glanz gewöhnt.
Ein kolossales, durch einen prachtvoll geschnitzten
Rahmen ausgezeichnetes Doppelbildnis des Grossen
Kurfürsten und seiner Gemahlin Luise Henriette, das
bisher als ein Meisterwerk des Willem van Hont-
horst, des Hofmalers des Grossen Kurfürsten, galt,
ist durch Vergleich mit einem bezeichneten Einzel-
bildnisse Friedrich Wilhelms im Schlosse zu Char-
lottenburg als eine Arbeit des Pieter Nason erkannt
worden. Es konnte noch nicht nachgewiesen werden,
ob dieser von 1639 bis 1680 im Haag ansässige
Meister auch in Berlin am kurfürstlichen Hofe thätig
gewesen ist oder ob er den Kurfürsten und seine
Gemahlin bei einem ihrer Besuche im Haag gemalt
hat. Die Beziehungen des Grossen Kurfürsten zur
niederländischen Kunst und die Thätigkeit hollän-
discher Künstler in Berlin sind übrigens von so
grossem kultur- und lokalgeschichtlichen Interesse,
dass die Veranstalter der Ausstellung auf den Ge-
danken gekommen sind, in einer thunlichst abge-
sonderten Abteilung ein Gesamtbild dieses zwar be-
scheidenen, aber doch unter mannigfachen Gesichts-
punkten interessanten Blattes der Kunstgeschichte
zu bieten.
Dr. Seidel, der Kustos der Kunstsammlungen
des kgl. Hauses, hat für diese Abteilung die Aus-
wahl getroffen, mit Unterstützung von Geh. Rat
Dr. Bock, dem auch die Zusammenstellung des übrigen
Teils der Gemälde verdankt wird, während Geh. Rat
Dr. Lippmann die Anordnung des kunstgewerblichen
Teils der Ausstellung übernommen hatte, der zu-
meist von einer ausgewählten, fast alle Perioden und
Zweige dieser Spezialindustrie mit Stücken ersten
Ranges vertretenden Sammlung Delftcr Fayencen
gebildet wird. Trotz der sorgfältigen Auswahl
Dr. Seidels kann jene Abteilung aber keine richtige
und erschöpfende Vorstellung von allem gewähren,
was der Grosse Kurfürst für Erwerbung von Kunst-
werken gethan hat, da ein grosser Teil von ihnen
durch Friedrich Wilhelm III. den kgl. Museen bei
ihrer Begründung überwiesen worden ist. Archiva-
lische Forschungen, die Dr. Seidel angestellt hat und
die er zu veröffentlichen beabsichtigt, liefern jedoch
manche Ergänzung und Aufklärung im einzelnen.
So erfahren wir aus ihnen, dass der besonders durch
seine Stillleben bekannte Maler Hendrik de Fromantiou
der Agent des Kurfürsten war, den dieser mit An-
käufen von Kunstwerken in den Niederlanden be-
traute. Einmal war dem Kurfürsten von einem
holländischen Kunsthändler eine Anzahl von angeb-
lichen Gemälden Raffaels, Tizians, Correggio's u. a.
verkauft worden, die sich nachträglich als Kopien
herausstellten. Das hatte einen Prozess zur Folge,
und der Energie und der geschickten Vermittelung
de Fromantiou's gelang es, den Kauf wieder rück-
gängig zu machen. Aus anderen Aktenstücken er-
fahren wir, dass es dem Kurfürsten gelegentlich um
den Besitz eines Blumenstückes von Daniel Seghers
zu thun war. Die Jesuiten in Antwerpen befanden
sich im Besitz eines solchen und schickten dem pro-
testantischen Fürsten das Bild, um sich ihm gefällig
zu erweisen, wofür ihnen der Kurfürst ausser anderen
Gegengaben eine Reliquie des hl. Laurentius zu-
gehen Hess, die laut Certifikat aus dem Dom zu
Köln an der Spree stammte.
Die holländischen Maler, welche am Hofe Fried-
rich Wilhelms und seines Nachfolgers arbeiteten,
hatten vornehmlich Familienporträts, Schlachtenbilder,
Schiffsporträts und Allegorien auf festliche Ereignisse
auf die Geburt von Prinzen und Prinzessinnen, ein-
mal auch einen toten Prinzen auf dem Paradebett
zu malen. Ausser den Arbeiten von Willem vanHont-
horst, der fast zwanzig Jahre lang, von 1647—1664,
in Berlin thätig war, und von Nason haben alle
diese Bilder keinen grossen künstlerischen Wert.
Ein in der Kunstgeschichte bisher nur dem Namen
nach bekannter holländischer Maler W. F. van Iioye
hatte die besondere Obliegenheit, alle Abnormitäten
und Monstrositäten von Früchten, Pflanzen, Blu-
men, Sträuchern und dergleichen mehr zu malen,
welche in dem kurfürstlichen Ziergarten, dem heute
noch sogenannten „Lustgarten", gezogen wurden. Die
Ausstellung hat eine Reihe solcher Naturporträts
aufzuweisen, Avelche uns vor der Kunst des Malers
keine grosse Achtung einflössen würden, wenn wir
nicht zugleich zwei frei komponirte Stillleben van
Roye's zu sehen bekämen, denen Geschmack des
Arrangements und Feinheit der Färbung nicht ab-
zusprechen ist. — Beiläufig sei erwähnt, dass der
Grosse Kurfürst, wie Dr. Seidel gleichfalls aus den
Akten festgestellt hat, den Versuch gemacht, die
Delfter Fayenceindustrie in Berlin heimisch zu machen.
Er Hess Töpfer und Maler kommen, die sich für
einen bestimmten Wochenlohn zu arbeiten verpflich-
teten, und es sind in der That Thonwaren im Delfter
Geschmack in Berlin fabrizirt worden, von denen
die Ausstellung auch einzelne Stücke von nicht her-
vorragendem künstlerischen Wert vorführt.
Ausstellung der Kunstgeschichtliclien Gesellschaft in Berlin.
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aus jeuer Jugendepoche van Dycks aufgefunden
worden, die durch die Forschungen Bode's ein so
völlig neues, jedermann überraschendes Licht erhalten
hat, dass man erst einige Zeit abwarten muss, ehe
man sich an den neuen, blendenden Glanz gewöhnt.
Ein kolossales, durch einen prachtvoll geschnitzten
Rahmen ausgezeichnetes Doppelbildnis des Grossen
Kurfürsten und seiner Gemahlin Luise Henriette, das
bisher als ein Meisterwerk des Willem van Hont-
horst, des Hofmalers des Grossen Kurfürsten, galt,
ist durch Vergleich mit einem bezeichneten Einzel-
bildnisse Friedrich Wilhelms im Schlosse zu Char-
lottenburg als eine Arbeit des Pieter Nason erkannt
worden. Es konnte noch nicht nachgewiesen werden,
ob dieser von 1639 bis 1680 im Haag ansässige
Meister auch in Berlin am kurfürstlichen Hofe thätig
gewesen ist oder ob er den Kurfürsten und seine
Gemahlin bei einem ihrer Besuche im Haag gemalt
hat. Die Beziehungen des Grossen Kurfürsten zur
niederländischen Kunst und die Thätigkeit hollän-
discher Künstler in Berlin sind übrigens von so
grossem kultur- und lokalgeschichtlichen Interesse,
dass die Veranstalter der Ausstellung auf den Ge-
danken gekommen sind, in einer thunlichst abge-
sonderten Abteilung ein Gesamtbild dieses zwar be-
scheidenen, aber doch unter mannigfachen Gesichts-
punkten interessanten Blattes der Kunstgeschichte
zu bieten.
Dr. Seidel, der Kustos der Kunstsammlungen
des kgl. Hauses, hat für diese Abteilung die Aus-
wahl getroffen, mit Unterstützung von Geh. Rat
Dr. Bock, dem auch die Zusammenstellung des übrigen
Teils der Gemälde verdankt wird, während Geh. Rat
Dr. Lippmann die Anordnung des kunstgewerblichen
Teils der Ausstellung übernommen hatte, der zu-
meist von einer ausgewählten, fast alle Perioden und
Zweige dieser Spezialindustrie mit Stücken ersten
Ranges vertretenden Sammlung Delftcr Fayencen
gebildet wird. Trotz der sorgfältigen Auswahl
Dr. Seidels kann jene Abteilung aber keine richtige
und erschöpfende Vorstellung von allem gewähren,
was der Grosse Kurfürst für Erwerbung von Kunst-
werken gethan hat, da ein grosser Teil von ihnen
durch Friedrich Wilhelm III. den kgl. Museen bei
ihrer Begründung überwiesen worden ist. Archiva-
lische Forschungen, die Dr. Seidel angestellt hat und
die er zu veröffentlichen beabsichtigt, liefern jedoch
manche Ergänzung und Aufklärung im einzelnen.
So erfahren wir aus ihnen, dass der besonders durch
seine Stillleben bekannte Maler Hendrik de Fromantiou
der Agent des Kurfürsten war, den dieser mit An-
käufen von Kunstwerken in den Niederlanden be-
traute. Einmal war dem Kurfürsten von einem
holländischen Kunsthändler eine Anzahl von angeb-
lichen Gemälden Raffaels, Tizians, Correggio's u. a.
verkauft worden, die sich nachträglich als Kopien
herausstellten. Das hatte einen Prozess zur Folge,
und der Energie und der geschickten Vermittelung
de Fromantiou's gelang es, den Kauf wieder rück-
gängig zu machen. Aus anderen Aktenstücken er-
fahren wir, dass es dem Kurfürsten gelegentlich um
den Besitz eines Blumenstückes von Daniel Seghers
zu thun war. Die Jesuiten in Antwerpen befanden
sich im Besitz eines solchen und schickten dem pro-
testantischen Fürsten das Bild, um sich ihm gefällig
zu erweisen, wofür ihnen der Kurfürst ausser anderen
Gegengaben eine Reliquie des hl. Laurentius zu-
gehen Hess, die laut Certifikat aus dem Dom zu
Köln an der Spree stammte.
Die holländischen Maler, welche am Hofe Fried-
rich Wilhelms und seines Nachfolgers arbeiteten,
hatten vornehmlich Familienporträts, Schlachtenbilder,
Schiffsporträts und Allegorien auf festliche Ereignisse
auf die Geburt von Prinzen und Prinzessinnen, ein-
mal auch einen toten Prinzen auf dem Paradebett
zu malen. Ausser den Arbeiten von Willem vanHont-
horst, der fast zwanzig Jahre lang, von 1647—1664,
in Berlin thätig war, und von Nason haben alle
diese Bilder keinen grossen künstlerischen Wert.
Ein in der Kunstgeschichte bisher nur dem Namen
nach bekannter holländischer Maler W. F. van Iioye
hatte die besondere Obliegenheit, alle Abnormitäten
und Monstrositäten von Früchten, Pflanzen, Blu-
men, Sträuchern und dergleichen mehr zu malen,
welche in dem kurfürstlichen Ziergarten, dem heute
noch sogenannten „Lustgarten", gezogen wurden. Die
Ausstellung hat eine Reihe solcher Naturporträts
aufzuweisen, Avelche uns vor der Kunst des Malers
keine grosse Achtung einflössen würden, wenn wir
nicht zugleich zwei frei komponirte Stillleben van
Roye's zu sehen bekämen, denen Geschmack des
Arrangements und Feinheit der Färbung nicht ab-
zusprechen ist. — Beiläufig sei erwähnt, dass der
Grosse Kurfürst, wie Dr. Seidel gleichfalls aus den
Akten festgestellt hat, den Versuch gemacht, die
Delfter Fayenceindustrie in Berlin heimisch zu machen.
Er Hess Töpfer und Maler kommen, die sich für
einen bestimmten Wochenlohn zu arbeiten verpflich-
teten, und es sind in der That Thonwaren im Delfter
Geschmack in Berlin fabrizirt worden, von denen
die Ausstellung auch einzelne Stücke von nicht her-
vorragendem künstlerischen Wert vorführt.