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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

DOI Artikel:
Langl, Josef: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0203

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und ARTHUR PABST

WIEN

Heugasse 58.

KÖLN
Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. I. Jahrgang.

1889/90.

Nr. 25. 8. Mai.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Kud. Mosse u. s. w. an.

DIE JAHRESAUSSTELLUNG IM WIENER
KÜNSTLERHAUSE.

Die diesjährige Ausstellung der Wiener Künstler-
genossenschaft hält sich im Vergleiche zur vorjähri-
gen wohl in Betreff der Bilderzahl auf gleicher Höhe,
steht jedoch ihrem Inhalte nach zurück. Mit den
hervorragenden Namen sind auch hervorragende Neu-
heiten ausgehlieben, namentlich aus Deutschland, und
was die heimischen Künstler gebracht haben, bleibt
mit vereinzelten Ausnahmen vielfach unter dem Ni-
veau ihrer früheren Leistungen. Ausnehmend stark
und mit relativ tüchtigen Arbeiten ist die Plastik
vertreten; sie ist, wie im Vorjahre, in den mittleren
Räumlichkeiten des Parterres recht günstig placirt.
In der Malerei wird man in jedem Genre Gutes, zu-
weilen auch Vorzügliches finden; doch bewegen sich
die Vorwürfe und Motive zumeist im gewohnten Ge-
leise. Auffällige Leistungen, künstlerische Ereignisse
fehlen. Selbst in der Landschaft, in der namentlich
die österreichischen Künstler stets voranschritten, ist
keine besondere That zu verzeichnen. Es sind zu-
meist oft gesehene Motive, die, wenn auch in glanz-
voller Technik vorgetragen, den Beschauer nicht
dauernd zu fesseln vermögen. Von recht erfreulichem
Eindruck ist dagegen die in zwei Sälen des ersten
Stockwerkes untergebrachte Abteilung der Aquarelle
und Pastelle. Die Aquarell- und Pastelltechnik nimmt
überhaupt in Wien in jüngster Zeit einen lebhaften
Aufschwung, und wie die Ausstellung zeigt, gravitiren
auch auswärtige Kräfte in diesem Genre jetzt stärker
hierher. In der Ölmalerei ist im allgemeinen zu be-
merken, dass die Plein-air-Epidemie im Zunehmen

begriffen ist, und die gesundesten Koloristen davon
ergriffen, sich im Färb- und Schattenlosen gefallen.
Fast an jeder Wand begegnen uns einige solcher
sonnengebleichter Bilder, ohne Saft und Kraft. Der
Hellmalerei sei aber damit keineswegs ewige Feind-
schaft erklärt; sie hat in gegebenen Situationen eben-
so ihre Berechtigung, wie das kräftig modeüirende
Atelierlicht, wie das Helldunkel und alle andern in
der Natur vorkommenden Lichtprobleme: aber plan-
los alles Mögliche und Unmögliche nach einem Re-
zept zu malen, ist widersinnig, und am widersinnig-
sten bei Gestalten in dunklen Interieurs mit Fenstern
im Hintergrund!

Wir ziehen in einem kurzen Überblick über das
Hervorragendste der Ausstellung zunächst die Plastik
in Betracht. Es ist sowohl von monumentaler Bild-
ner ei als von kleinerer Genreplastik und im Porträt
ganz Treffliches vorhanden. Von prächtiger Wirkung
sind zunächst die zwei kolossalen Brunnengruppen
(Tritone und Nereiden), welche von Edm. v. Hofmann
und Ant. Sehmidgruber für die Bassins der Garten-
anlagen zwischen den beiden Hofmuseen ausgeführt
wurden. Die Gestalten bieten von allen Seiten schöne
Linien und einen harmonischen Zusammenklang der
Massen. Da grössere Aufträge an die Bildhauer mit
der Fertigstellung unserer Monumentalbauten immer
seltener werden, so ist es nur erfreulich, wenn sich
neue Gebiete für die Thätigkeit der Künstler er-
schliessen, und die Ausstellung zeigt auch bereits
ein dankbares Feld, auf dem dauernd Beschäftigung
zu finden ist. Die Gräberplastik tritt diesmal in einer
grossen Anzahl poesievoller Werke auf, die wohl
geeignet sind, unserem Centralfriedhof allmählich eine
 
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