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Friedrich Spitzer.
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bei Dujardin hergestellt. Die Oberleitung des Werkes
hatte Friedrieb Spitzer selbst, ihm zur Seite stan-
den die berühmtesten Vertreter des Kunstgewerbes
in Frankreich, Männer wie Fröhner, Darcel, Palustre,
Müntz, Bonnaffe, Delisle, Molinier etc. Um einen
Begriff von der Reichhaltigkeit der Sammlung und
der Publikation zu geben, mögen aus den 38 Serien,
die das ganze Werk umfassen wird, nur die folgen-
den genannt sein: Antiken, Elfenbeinschnitzereien,
kirchliche Goldschmiedekunst, Tapisserien, Emails,
Fayencen von Palissy und Henri IL, Holzschnitzereien
und Möbel, orientalische, maurische und italienische
Keramik, Skulpturen in Marmor und Stein, Terra-
kotten, Bronzen, profane Goldschmiedekunst, vene-
zianische und deutsche Gläser, Eglomisegläser, Ar-
beiten in Eisen, Arbeiten in Bergkristall, Uhren,
Manuskripte, Waffen und Rüstungen etc. Die Kol-
lektion Spitzer umfasst 3500—4000 Objekte, die seit
Jahren gesammelt wurden; denn bereits 1865 fand
sich eine hervorragende Kollektion Spitzer auf einer
Ausstellung. Die Kollektion Spitzer ist der ganzen
kunsthebenden Welt bekannt und Eduard Bonnaffe
sagt darüber: „Der berühmte Amateur hat, indem
er das Ausgezeichnetste wählte, das die Kunst ge-
schaffen hat, indem er das wählte, was die mensch-
liche Industrie am bewunderungswürdigsten seit dem
Morgenrot des Mittelalters bis zur Neige der Re-
naissance geformt, gefeilt, gewebt, geschmiedet, ci-
selirt und gegossen hat, eine Sammlung gebildet,
die in Europa einzig und ohne Rivalen dasteht und
er hat ihr ein Palais gebaut, um sie aufzustellen."
Jedes Objekt ist nicht nur ein vollendetes und sel-
tenes Kunstwerk, sondern es ist zugleich charakte-
ristisch für einen Meister, für eine Schule. Zu diesen
Objekten zu gelangen, wurden allerdings oft ganze
Kollektionen angekauft, so die berühmte Waffen-
sammlung von Carrand in Lyon, Waffen aus dem
Kabinet Londesborough, ein grosser Teil Fayencen
und Emails aus der kostbaren Sammlung Addington,
sodann kostbare Stücke in Elfenbein, französischen
und italienischen Majoliken, Goldschmiedearbeiten etc.
aus den Kollektionen Debruge, Soltykoff, Meyrick,
Marlborough, Fountain, Seiliiere, Timbal etc. Als
Sammelepisode wird erzählt, welches Aufsehen es
seinerzeit erregte, als die Kunde verbreitet wurde,
Spitzer habe die prachtvolle, mit Gold tauschirte und
ciselirte Prtinkrüstung Karls V. gekauft. Die her-
vorragendsten Sammler setzten ihren ganzen Einfiuss
ein, die Rüstung zu erhalten. „Angebot folgte auf
Angebot", wie das Wiener Tagblatt berichtet. „Ein
Rothschild übertrumpfte den andern; zuletzt ent-
schied sich Spitzer — damals noch Händler — für
die Offerte des berühmten Amateurs Wallace und
überliess diesem die Rüstung um die Kleinigkeit von
2 Millionen Francs." Nach dem Brande des Wal-
lace'schen Palais brachte jedoch Spitzer die Rüstung
wieder an sich, indem er dafür nicht viel weniger
als den obigen Betrag zahlte.
Mit dem 50. Lebensjahre schied Spitzer „der
Händler" aus seiner bisherigen Tbätigkeit und es
lebte von da an nur noch Spitzer der „Amateur".
Er erbaute sich in einer der Radialstrassen, die auf
den Are de l'etoile in Paris zulaufen, in der Rue
Ville Juste ein prächtiges Palais mit hervorragenden
technischen Einrichtungen, stellte dort sein Museum
auf und machte es in liberalster Weise jedem Be-
sucher von Interesse zugänglich, ähnlich wie er auch
in liberalster Weise seine kostbaren Objekte in wie-
derholten Fällen an Ausstellungen verlieh, zuletzt
in hervorragendem Grade an die retrospektive Aus-
stellung des Trocadero der Weltausstellung von 1889.
Das im Palais Spitzer aufliegende Besuchsbuch ent-
hält die höchsten Namen sowie fast alle berühmten
und vornehmen Namen, die sich während des ver-
gangenen Jahrzehnts in Paris aufhielten. Der Kaiser
von Brasilien, der Prinz von Wales, russische Gross-
fürsten und Diplomaten, die Prinzen von Orleans und
Victor Louis Napoleon. Das Wiener Fremdenblatt be-
richtet über einige interessante Inschriften. „Mitten
unter den Unterschriften der österreichischen Generale
Schönfeld und Albori erklärt Henri Rochefort, er
sei „ecrase par l'admiration" (vor Bewunderung ver-
nichtet); Leon Gambetta, der ein häufiger Gast der
Spitzerschen Soireen war, machte das lateinische
Kompliment: „Ex diversis artibus ars summa expo-
nere amicis artes" (Von den verschiedenen Künsten
ist die höchste, den Freunden die Künste zu er-
klären) und der verewigte österreichische Kanzler Graf
Beust schrieb als Pariser Botschafter in das Spitzer-
Album den Vers:
Quand Bonaparte dans des plaines arides
Fait voir des siecles sur les pyraniides,
J'aime mieux Spitzer, s'il n'en a pas quarante,
II nous les montre dans une societe charmante."
In seinem Palais hatte der kunstsinnige Sammler
von dem Eisengitter, welches den Vorgarten gegen
die Strasse abschliesst bis in die kleinsten Winkel
die verschiedenartigsten Objekte aus der Vergangen-
heit zum Schmuck der Räume zusammengetragen.
„Die Mosaikfliesen stammten aus italienischen Kirchen,
die geschnitzten Thüren und Wände, die gemalten
Fenster aus rheinischen und schwäbischen Klöstern
Friedrich Spitzer.
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bei Dujardin hergestellt. Die Oberleitung des Werkes
hatte Friedrieb Spitzer selbst, ihm zur Seite stan-
den die berühmtesten Vertreter des Kunstgewerbes
in Frankreich, Männer wie Fröhner, Darcel, Palustre,
Müntz, Bonnaffe, Delisle, Molinier etc. Um einen
Begriff von der Reichhaltigkeit der Sammlung und
der Publikation zu geben, mögen aus den 38 Serien,
die das ganze Werk umfassen wird, nur die folgen-
den genannt sein: Antiken, Elfenbeinschnitzereien,
kirchliche Goldschmiedekunst, Tapisserien, Emails,
Fayencen von Palissy und Henri IL, Holzschnitzereien
und Möbel, orientalische, maurische und italienische
Keramik, Skulpturen in Marmor und Stein, Terra-
kotten, Bronzen, profane Goldschmiedekunst, vene-
zianische und deutsche Gläser, Eglomisegläser, Ar-
beiten in Eisen, Arbeiten in Bergkristall, Uhren,
Manuskripte, Waffen und Rüstungen etc. Die Kol-
lektion Spitzer umfasst 3500—4000 Objekte, die seit
Jahren gesammelt wurden; denn bereits 1865 fand
sich eine hervorragende Kollektion Spitzer auf einer
Ausstellung. Die Kollektion Spitzer ist der ganzen
kunsthebenden Welt bekannt und Eduard Bonnaffe
sagt darüber: „Der berühmte Amateur hat, indem
er das Ausgezeichnetste wählte, das die Kunst ge-
schaffen hat, indem er das wählte, was die mensch-
liche Industrie am bewunderungswürdigsten seit dem
Morgenrot des Mittelalters bis zur Neige der Re-
naissance geformt, gefeilt, gewebt, geschmiedet, ci-
selirt und gegossen hat, eine Sammlung gebildet,
die in Europa einzig und ohne Rivalen dasteht und
er hat ihr ein Palais gebaut, um sie aufzustellen."
Jedes Objekt ist nicht nur ein vollendetes und sel-
tenes Kunstwerk, sondern es ist zugleich charakte-
ristisch für einen Meister, für eine Schule. Zu diesen
Objekten zu gelangen, wurden allerdings oft ganze
Kollektionen angekauft, so die berühmte Waffen-
sammlung von Carrand in Lyon, Waffen aus dem
Kabinet Londesborough, ein grosser Teil Fayencen
und Emails aus der kostbaren Sammlung Addington,
sodann kostbare Stücke in Elfenbein, französischen
und italienischen Majoliken, Goldschmiedearbeiten etc.
aus den Kollektionen Debruge, Soltykoff, Meyrick,
Marlborough, Fountain, Seiliiere, Timbal etc. Als
Sammelepisode wird erzählt, welches Aufsehen es
seinerzeit erregte, als die Kunde verbreitet wurde,
Spitzer habe die prachtvolle, mit Gold tauschirte und
ciselirte Prtinkrüstung Karls V. gekauft. Die her-
vorragendsten Sammler setzten ihren ganzen Einfiuss
ein, die Rüstung zu erhalten. „Angebot folgte auf
Angebot", wie das Wiener Tagblatt berichtet. „Ein
Rothschild übertrumpfte den andern; zuletzt ent-
schied sich Spitzer — damals noch Händler — für
die Offerte des berühmten Amateurs Wallace und
überliess diesem die Rüstung um die Kleinigkeit von
2 Millionen Francs." Nach dem Brande des Wal-
lace'schen Palais brachte jedoch Spitzer die Rüstung
wieder an sich, indem er dafür nicht viel weniger
als den obigen Betrag zahlte.
Mit dem 50. Lebensjahre schied Spitzer „der
Händler" aus seiner bisherigen Tbätigkeit und es
lebte von da an nur noch Spitzer der „Amateur".
Er erbaute sich in einer der Radialstrassen, die auf
den Are de l'etoile in Paris zulaufen, in der Rue
Ville Juste ein prächtiges Palais mit hervorragenden
technischen Einrichtungen, stellte dort sein Museum
auf und machte es in liberalster Weise jedem Be-
sucher von Interesse zugänglich, ähnlich wie er auch
in liberalster Weise seine kostbaren Objekte in wie-
derholten Fällen an Ausstellungen verlieh, zuletzt
in hervorragendem Grade an die retrospektive Aus-
stellung des Trocadero der Weltausstellung von 1889.
Das im Palais Spitzer aufliegende Besuchsbuch ent-
hält die höchsten Namen sowie fast alle berühmten
und vornehmen Namen, die sich während des ver-
gangenen Jahrzehnts in Paris aufhielten. Der Kaiser
von Brasilien, der Prinz von Wales, russische Gross-
fürsten und Diplomaten, die Prinzen von Orleans und
Victor Louis Napoleon. Das Wiener Fremdenblatt be-
richtet über einige interessante Inschriften. „Mitten
unter den Unterschriften der österreichischen Generale
Schönfeld und Albori erklärt Henri Rochefort, er
sei „ecrase par l'admiration" (vor Bewunderung ver-
nichtet); Leon Gambetta, der ein häufiger Gast der
Spitzerschen Soireen war, machte das lateinische
Kompliment: „Ex diversis artibus ars summa expo-
nere amicis artes" (Von den verschiedenen Künsten
ist die höchste, den Freunden die Künste zu er-
klären) und der verewigte österreichische Kanzler Graf
Beust schrieb als Pariser Botschafter in das Spitzer-
Album den Vers:
Quand Bonaparte dans des plaines arides
Fait voir des siecles sur les pyraniides,
J'aime mieux Spitzer, s'il n'en a pas quarante,
II nous les montre dans une societe charmante."
In seinem Palais hatte der kunstsinnige Sammler
von dem Eisengitter, welches den Vorgarten gegen
die Strasse abschliesst bis in die kleinsten Winkel
die verschiedenartigsten Objekte aus der Vergangen-
heit zum Schmuck der Räume zusammengetragen.
„Die Mosaikfliesen stammten aus italienischen Kirchen,
die geschnitzten Thüren und Wände, die gemalten
Fenster aus rheinischen und schwäbischen Klöstern