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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0236

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459

Büclierschau.

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besondere im 16. Jahrhundert. Wir werden dadurch
in eine ßeihe von Werkstätten eingeführt und er-
halten zum Teil neue Aufschlüsse über den Arbeits-
betrieb in denselben. Die bisherige Litteratur hatte
dem Behem-Codex der Krakauer Universitätsbiblio-
thek nur eine oberflächliche Aufmerksamkeit ge-
schenkt; die neue Publikation muss daher willkom-
men geheissen werden.

Der Krakauer Codex umfasst die königlichen
Privilegien der Stadt, sowie städtische Verordnungen
verschiedener Art, worunter besonders die Satzungen
der Zünfte von kulturgeschichtlicher Bedeutung sind.
25 Miniaturen sind diesen Zunftordnungen gewid-
met. Buchers Text giebt eine Beschreibung des
Codex (S. 11 ff.) und bespricht die Frage nach dem
Meister der Miniaturen, dessen Name aber einst-
weilen nicht festzustellen ist. Eine ältere phanta-
stische Aufstellung und einige schwach begründete
Vermutungen werden mit Recht zurückgewiesen.
Hier sei bemerkt, dass der städtische Kanzelist Bal-
thasar Behem nicht etwa der Miniator, sondern der
Kompilator des Buches ist, das freilich später viele
Nachträge bekommen hat. Schon 1511 verschwindet
Behems Hand. Bucher giebt sodann eine Wür-
digung der Zunftordnungen, mit zahlreichen Aus-
blicken auf verwandte Verhältnisse in anderen
Städten. Dem wortgetreuen Abdruck des Codex
sind Lichtdrucke nach den betreffenden Miniaturen
beigeheftet.

Der Charakter der Bildchen, die übrigens von
mehreren Händen herstammen, ist der von deut-
schen Arbeiten um 1510. Bucher will niederdeutsche
Einflüsse erkennen (S. 22). Eitelberger sah die Nürn-
berger Schule darin; andere werden vielleicht in ein-
zelnen Bildern Spuren von sächsischer Weise ent-
decken. Thatsächlich hat man eine provinzielle Er-
scheinung vor sich, die eine gewisse Selbständigkeit
beansprucht, die aber dennoch als ein Ableger deut-
scher Kunst betrachtet werden muss.

Um den Charakter der Krakauer Zunftordnungen
anzudeuten, seien hier einige Stellen wörtlich ange-
führt und zwar aus dem Abschnitt über Maler, Bild-
hauer und Glaser: „Czwm ersten Wer do meister
wil werden Moler Snitczer vnd Glazer dy sullen
meisterstuck machen nemlich Ein marienbild mit
einem Kyndel das ander Ein Crucifixo das dritte Sant
Jörgen auff dem rosse .. .." (Es scheint demnach,
dass die Bildschnitzer ein Kruzifix, die Maler eine
Madonna, die Glaser einen S. Georg zu liefern hatten,
nicht aber jeder alle drei Proben.) „ . . .. zal keyn
meister mer leriungen haben wenn czwene" „Vnd

zo ein Junger auslernet zo zal her wandern ij yor
yn andern lant, Das her fertigk wirt yn zeinem
Hanttwergk eer wenn her meister wirt oder ein
weip nympt vnde keyner zal meister werden her
habe denn eyn eigene wergkstadt vnd ein eelich
weip ..."

Die Miniatur die zu der Malerordnung gehört
(Taf. XII) eröffnet uns den Einblick in ein grosses
Zimmer, das mit Wandgemälden geschmückt ist.
Links ein grosser Tisch, auf welchen eine Truhe
oder Bank gestellt worden ist, die einem halb be-
kleideten Mädchen oder Jüngling als Sitz dient.
Die fragliche Figur ist mit Bemalung der Wand be-
schäftigt und bedeutet wohl kaum ein Modell, noch
weniger eine Allegorie, etwa der Malerei, sondern
stellt wahrscheinlich einen Lehrjungen oder Maler-
gesellen dar. Die Charakteristik der Figur ist eben
missglückt, hier, sowie in mehreren anderen Bildern
des Codex. Im Vordergrunde stehen fünf Männer.
Einer derselben, offenbar der Meister, hat die Mütze
vom Kopfe genommen und erklärt den anwesenden
Neugierigen die Malereien an der Wand (die Figuren
der vier Jahreszeiten, wilde Männer als Schildhalter,
einen Türken). Unten gewahren wir das Wappen
(nicht des Miniators, sondern) der Zunft. Die In-
schriften sind leider an wichtigen Stellen verwaschen.
Auch die übrigen Miniaturen sind vielfach interes-
sant (z. B. der Goldschmiedeladen) besonders durch
die Darstellungen. Als Kunstwerke sind sie schwach.

Der Hauptwert der Publikation liegt vielleicht
in den sprachlichen Bemerkungen, durch welche wir
Aufklärungen über Kunstausdrücke der späten La-
tinität oder des schlesisch-deutschen Dialekts er-
halten.

NIKOLAUS MANUEL, GEN. DEUTSCH.

Zu dem in meiner kürzlich erschienenen Biogra-
phie des Künstlers, Nikolaus Manuel gen. Deutsch von
Bern, beigefügten Verzeichnis seiner Werke habe ich
infolge einiger neuer Funde ein paar Zusätze zu
machen.

In einem Fremdenzimmer des Klosters der Fran-
ziskaner in Freiburg i. Br. hängen drei bislang un-
bekannt gebliebene Gemälde. Zwei derselben sind
unzweifelhaft Schöpfungen des genannten Meisters.

Das Hochbild (ca. 70 cm breit, ca. 120 cm hoch)
zur Bechten giebt die Einzelgestalt des heil. Florian,
des im Mittelalter aus naheliegenden Gründen dop-
pelt hochverehrten Beschützers der Häuser vor
Feuersgefahr. In schneller Wendung nach links
hat er das rechte Bein vorgesetzt, das linke leicht
 
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