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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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Aus dem Münchener Kunstleben, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0251

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HEEAUSGEBEE:
UND

CARL von LUTZOW

WIEN
Heugasse 58.

ARTHUR PABST

KÖLN
Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. I. Jahrgang.

1889/90.

Nr. 30. 26. Juni.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Eud. Mosse u. s. w. an.

AUS DEM MÜNCHENER KUNSTLEBEN.

(Schluss.)

Den bedeutendsten Eindruck unter diesen Kol-
lektivausstellungen machte indessen zweifelsohne die-
jenige von Hans Thoma in Frankfurt a. M., der früher
in München ansässig gewesen ist. Thoma's eigen-
artige Bedeutung war von Verschiedenen längst er-
kannt worden, zumal von selbständigen, jeder Kon-
kurrenz fernstehenden Künstlern; indessen kamen
seine zuweilen ausgestellten Arbeiten, da sie nur ver-
einzelt und dann zumeist in Gott weiss was für einer
Umgebung gesehen worden, nie zu jener Geltung,
wie nunmehr, da sie, einen ganzen Saal des Kunst-
vereins füllend, ein abgerundetes Bild von ungemein
ansprechender Vielseitigkeit boten. Thoma ist in
vielen Dingen eine mit Böcklin sehr nahe verwandte
Natur; indessen fasst er ganz realistische Themata
mit der gleichen Kraft an, wie Sujets aus der Welt
der Phantasie. Ein Kornfeld bei Gewitterstimmung
mit zwei Schnittern, ein Blick aus offenem Fenster
nach üppig grünenden und blühenden Gärten, ein
laubwaldbewachsener Abhang mit frisch gepflügtem
Acker davor, Grossmutter und Enkel etc. etc. boten
in der Unmittelbarkeit der Anschauung ungemein
viel Frisches und Freies, die Farbe konnte kaum zu
grösserer Kraft gebracht werden. Ein Flussufer mit
Sonnenuntergang bei bedecktem Himmel, wo die
Fläche des Wassers grausilbern glitzert, während
einzelne wahrhaft feurige Strahlenbüschel, durch die
Wolkenschichten fallend und auf den Wellen sich
widerspiegelnd, die Hauptlichterscheinung bilden,
kann eine geradezu unübertroffene Leistung genannt

werden, da in den angewandten Mitteln ein so ausser-
ordentlich feines Masshalten vorherrschte, die ganze
Stimmung etwas so sprechend Wahres hatte, dass
die Erreichung des Zweckes als eine vollständig ge-
glückte bezeichnet werden muss. Nicht wenig trug
dazu die reizende Staffage bei: die beim Baden
durch das Erscheinen eines Satyrs aufgeschreckte
weibliche Figur. Überhaupt spielen bei einer guten
Anzahl von Kompositionen Thoma's die Geister des
Waldes und der Quellen eine Hauptrolle. Bald ist
es eine Nymphe, die am rauschenden Bache sitzt,
während weiter rückwärts im blumigen Grunde männ-
liche und weibliche Figuren einen Reigentanz auf-
führen, das Ganze in tiefer Stimmung nach Sonnen-
untergang gehalten; bald zeigt uns Thoma einen
bocksbeinigen Gesellen, im Hochwalde die Syrinx
blasend, während draussen am Waldessaum ein fahren-
der Reitersmann den Tönen lauscht, die ihm ans
Ohr klingen. Von ganz ausgezeichneter Schönheit
ist der „Wächter des Liebesgartens", eine gehar-
nischte gigantische Männerfigur, neben sich einen
kauernden Löwen. Durch offene Bogenarchitektur
rückwärts erschaut man einen arkadenumschlossenen
Hof mit Brunnenarchitektur. Dort wandeln ver-
schiedene fein gezeichnete Frauengestalten und an
eine Säule beim Eingange gelehnt steht eine nackte
Jünglingsgestalt in graziöser Stellung, das Antlitz
dem Garten zugewendet. Thoma erinnert in diesem
Stücke sowie in seinem „Paradies" in manchen Dingen
an Mantegna, den er offenbar genau studirt hat.
Grossartig sind die „Stromschnellen bei Lauffenburg".
Es ist dies ein kleines, auf hohem Felsen gelegenes
Städtchen am Rhein, zwischen Schaffhausen und
 
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