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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Frizzoni, Gustavo: Sandford Arthur Strong und sein Werk über die Handzeichnungen des Herzogs von Devonshire
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Simon, Karl: Das Kaiser Friedrich-Museum in Posen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0011

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Das Kaiser Friedrich-Museum in Posen

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Von den zwei dem Tizian zugesprochenen Blättern
dürfte am ehesten derjenige eines heiligen Hieronymus
in der Wildnis anerkannt werden; die ganz weiche
Studie eines bärtigen Mannesantlitzes hingegen ist wohl
nichts anderes als ein Abdruck, eine Pausierung einer
Originalzeichnung. Was den gewaltigen Giov. Ant.
da Pordenone anbelangt, so möchte ich ihm eher den
lebendig und breit geschilderten Tod des Petrus Martyr
Nr. 24) als die zwei anderen Blätter (Nr. 38, 44) zu-
muten. Nur in ersterem dürfte seine schwungvolle,
lebendige Manier zu erblicken sein.

Zuletzt hätte ich fast die höchst charakteristische
Studie zur Figur eines Propheten, von Fra Sebastiano
del Piombo, versäumt.

In bezug auf Lombarden mögen nur zwei Bei-
spiele erwähnt werden. Bestechend zwei Kopfstudien
zu einer Madonna und dem Kinde. Wiewohl als
Boltraffio ausgegeben, vermutet Autor, sie könnten
von einem anderen Leonardesken herkommen, nämlich
von Ambrogio de Predis. Ich dächte die Angabe:
forgery (Fälschung) wäre da das Zutreffende; so hart
und unverstanden kommen mir die Striche vor, mit
denen eine besondere Abrundung des Dargestellten
zu erzielen getrachtet worden ist.

Besser steht's mit dem Ledamotiv, schon von Mo-
relli als untrügliches Erzeugnis Bazzis illustriert.

Die Zeichnungen der sogenannten römischen Schule
führen meistens den hochklingenden, hergebrachten
Namen Raffaels. Eine derselben ist wohl sicher von
ihm und zwar von unaussprechlichem Reize. Es ist
dies eine kleine Federstudie zu einem Madonnenrund-
bild mit Heiligen, aus der Frühzeit des Meisters, man
möchte sagen, noch unter dem Einfluß seines Mit-
bürgers Timoteo Vite (Nr. 19). — Als sehr zweifel-
haften Pinturicchio nimmt hingegen unser Autor selbst
eine ganz mechanisch leblos ausgeführte Arbeit an,
die einer der Geschichten von Aeneas Sylvius Pico-
lomini in der Libreria zu Siena entnommen ist.

Der Leo X. vorstellende Kopf, wenn auch nicht
von Raffael (Strong mit Wickhoff schlagen Fra Seb.
del Piombo vor) ist insofern interessant, weil er an-
nehmbarerweise den Papst naturtreu und nicht ge-
schmeichelt wie im berühmten Pittibildnis wiedergibt,
sondern annähernd wie er in der Statue in S. Maria
in Aracoeli vorkommt.

Raffaelischer Geist weht immerhin aus einigen
anderen Blättern; so z. B. aus einer Episode zur Ge-
schichte der Iphigenia und aus dem Studium des
oberen Teiles der Transfiguration, wenn man auch
einstimmig mit Autor des Textes kaum Eigenhändiges
des Meisters darin zu bestätigen vermag. (Nr. 19 u. 25).

Sein Schüler Perino del Vaga ist richtig in einer
Auferstehung Christi angegeben; nur ist es merk-
würdig, daß mir ähnliche Zeichnungen noch zweimal
vorgekommen. Von einer weiß ich zwar nicht mehr,
wo ich sie gesehen, die andere aber, ebenfalls flott
ausgeführt, befindet sich im Kestnermuseum zu
Hannover.

In dieser kurzen Musterung nun dürfte wohl noch
manch Denkwürdiges erwähnt werden; Einiges hin-
gegen ist verschwiegen worden, was aus der Wahl

besser hinterblieben wäre. Wie dem auch sei, so ist
das besprochene Werk als ein höchst anerkennens-
wertes zu bezeichnen, sowohl hinsichtlich des streng
überlegten Textes als des entsprechenden graphischen
Teiles. Die äußere Ausstattung aber ist eine solche, wie
man sie sich kaum schöner und vornehmer denken
könnte. Die großen Seiten des Bandes (Folio Imperial)
in japanischem Pergamentpapier, die photographischen
Abdrücke durchgehend musterhaft ausgeführt, die Ein-
bindung aus dunklem Marokkoleder, vornehm mit
dem in Gold eingedruckten herzoglichen Wappen.

GUSTAV FRIZZON1.

DAS KAISER FRIEDRICH-MUSEUM IN POSEN
Von Karl Simon

Der Nordosten Deutschlands ist arm an Museen.
Jenseit Berlins gähnen große Lücken. Mit weiten
geographischen Sprüngen folgen auf die Reichshaupt-
stadt Schwerin, Breslau, Danzig, Königsberg; in Stettin
sind die Dinge erst im Werden. Auf den Rang von
Kunstmuseen können aber nur die Schweriner und Bres-
lauer Museen Anspruch erheben. Im Danziger Provin-
zialmuseum nehmen die Naturwissenschaften einen be-
vorzugten Platz ein, während das städtische sich auf
heimische Altertümer beschränkt. Dasselbe gilt vom
Prussiamuseum in Königsberg. Diese Lücke soll jetzt
das Kaiser Friedrich-Museum in Posen, dessen Er-
öffnung Anfang Oktober stattfindet, an seinem Teile
ausfüllen; ebenso wie die Posener Akademie und die
neue Danziger technische Hochschule das Netz deutscher
Bildungsanstalten im Osten engmaschiger gestalten
sollen. Wenn jetzt hier und da hervorgehoben wird,
daß »mit Bibliotheken und Museen dem Deutschtum
hier nicht geholfen« wird, so muß darauf hingewiesen
werden, daß Bibliothek und Museum nicht aufs Ge-
ratewohl vom Staate hierhin gesetzt wurden, sondern
daß sie, freilich durch die preußische Staatsregierung
ausgiebig und mit vollstem Verständnis gefördert,
organisch erwachsen sind.

Wie so oft, legten auch hier wissenschaftliche
Vereine die ersten Keime. Einmal hatte der seit Jahr-
zehnten bestehende naturwissenschaftlicheVerein Samm-
lungen angelegt, und sodann begann die 1885 ge-
gründete historische Gesellschaft für die Provinz Posen
und den Netzedistrikt vorgeschichtliche und kulturge-
schichtliche Altertümer zu sammeln. Endlich tauchte
auch der Gedanke an eine öffentliche Bibliothek auf,
und mit warmem Interesse nahm sich die Provinzial-
verwaltung dieser verheißungsvollen Anfänge an, so
daß 1894 die Vereinigte Landesbibliothek und Pro-
vinzialmuseum dem Publikum zugänglich gemacht
werden konnten. Die Benutzung der Anstalten war
so außerordentlich groß und kam einem dringenden
Bedürfnis so fühlbar entgegen, daß die Regierung
dem Plane, beide Anstalten zu trennen und auf eine
breitere Basis zu stellen, wohlwollendste Förderung
zuteil werden ließ. 1899 wurde der Bau des Provinzial-
museums auf staatlichem Grund und Boden auf Staats-
kosten begonnen und 1903 der Provinz übergeben.
 
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