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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Hevesi, Ludwig: Die Galerie Lobmeyr in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0033

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

i^Folgt XVl7jahrgang-

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstr. 13

1904/1905

Nr. 4. 4. November

monaten Juli bis September mn" «■!s.Beibla,t zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer.
Kunst« erhalten die Kunstchron-1i einmal- Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
lagshandlung keine Qewähr Ä11 °slenfrei- — für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Ver-
die dreispaltige Petitzeile nehm riefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
_ en außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE GALERIE LOBMEYR IN WIEN
Ludwig Lobmeyr ist eine ganz besondere Er-
lernung im künstlerischen Leben Wiens. Sein
reir-T vi zunächt in der Geschichte des öster-

des vn° " CS' dem er seit den sechziger Jahren
h vor'gen Jahrhunderts einen nationalen Aufschwung
aa r, belebte und erweiterte die Überlieferungen
«es prachtie-en hAU.:.-i— -.....

des Pracht' ciweuerie aie UDernererungen

Ausbildung6" böhmischen Glases durch virtuose
der alten KrlTu SchIiff und Gravierung, 'm Sinne
kristallene ^J1,gefäße- Er baute in der Tat eine
in Fnrnn, auf' die alsbald eine Art Märchenruf

.. ^.1 aur, aie als ,
in Europa gewann. Seit jenen Tagen kunstgewero-
licher Begeisterung, da auch das Österreichische
Museum für Kunst und Industrie entstand, steht er
in vorderster Reihe. Über Nacht drillte er damals
Kräfte, die fast aus dem Stegreife schon Prachtwerke
leisten konnten, wie die mächtigen Eckkandelaber i
Salr.n a~ icjni arn josefsplatz.

nen und Glasservice wun
jedes eleganten Hauswesens um

SaTon H°nntnn' Wie die mächtigen Eckkandelaber im
Lobmevrl aIa'S Pa,Iavicini am Josefsplatz. Die
UnentbehCrlei?i,^r'Sta,11<roneri und G,asservice wurden
s>nd es , keiten jedes eleganten Hauswesens und

den Herre d C' wo der a,ie Herr seinen Neffen,
gemäß w t ' freie Hand laßt> sei" Glas zeit-
mevrs W, ZU erziehen. Doch die Gestalt Lob-
n„„_.....auch "och eine andere Bedeutung für Wien.

eine andere BedeutungiürWjen.
Das schlichte, alte, über siebzigjährige Manncn äßigen
gebeugten Rücken und dem scharfen, um & ^ ^.^
Antlitz, dessen Wachsblässe schon nacnSe , was ich
Marmorbüste von Tilgners Hand ermnen, nennen
am liebsten den letzten AUwiener »urK ^ def
möchte. Es ist in ihm noch ein sta^e Handel und
Kaiser Franz-Zeit, die unter einem ™r ™ner Groß-
Gewerbe eingenommenen System den inem Qe-
bürger erblühen sah, der keineswegs in se ^
schärte aufging, sondern geistige, vor ai „ber
lerische Interessen hatte. Diese T«dM^ahr UIld
den sogenannten Vormärz weg bis ms j ren
in die folgende, politisch st, le Zert hmen
Spannkraft sich notgedrungen als asthehscnra
zlmächst an Musik, Theater und M^»»to»i
Aus dieser Schichte von bürgerlicher

rühmte s "u"suorclernden

später Oet"1!? gGn anleSten> die Gsell, Arthaber,
s°gar in H U"d andere mehr. Einigen gelang es
''chen Vleladelnden Zeit des »volkswirtschaft-

ihren bcnwungs« (krachlichen Ano-edenkensl siVIi

euthr,- ,V60" v^acniicnen Angedenkens) sich
tDurgerl.chen Stand zu erhalten und dem

Damokles-»von«, das über allen verdienten Bürger-
häuptern baumelte, auszuweichen. Auch Lobmeyr ist
ein solcher Nur-Bürgerlicher (wie der klavierberühmte
Bösendorfer es ist und der einflußreiche Kunstmäcen
Nikolaus Dumba, oder der walzergefeierte Johann
Strauß es war), obgleich ihm im Laufe der Zeit die
Auszeichnung wurde, ins österreichische Herrenhaus
berufen zu werden. Die schlichte Lebensführung
Lobmeyrs geht so weit, daß er nicht einmal sein
»Palais« hat, sondern in einer unabsehbaren Miet-
kaserne (I. Schwangasse 1) wohnt, über seinem
Gassenladen (er nennt sich scherzweise gern einen
»Glaserer«), dessen schmale Front in der Kärntner-
straße auch nichts weniger als Aufsehen erregt.

Aber innerhalb seiner vier Pfähle ist eine eigene
Atmosphäre, von geistiger Wachheit, von Erlesenheit,
von jener Schönheit, die dem eigenen Bedürfnis dient.
Seine Wände sind mit Ölgemälden berühmter Meister
bedeckt, seine Tische mit Kunstwerken der feinsten
Medailleure, in den Ecken schimmert es von Marmor
und Bronze, da und dort wird die Wohnung un-
wegsam durch mannshohe Stöße ungeheurer Mappen,
deren Nacht den farbigsten Tag umschließt, Hunderte
von sehenswerten Aquarellen und Handzeichnungen.
Mancher Salon ist noch in besonderer Weise ge-
schmückt. So sind die mattroten Wände des Spiel-
zimmers mit Dutzenden von Prachtstücken der eigenen
Werkstätten behängt, lauter ungewöhnlichen Glas-
schüsseln, in deren überreichen Erfindungen und
Farbenspielen, Metalllüsters, minutiöser Gravierung
und Vergoldung die entwerfenden Künstler der da-
maligen Neurenaissance ihren jugendlichen Auf-
schwung nahmen. Talent war ja auch damals reich-
lich vorhanden. Diesen Raum stellt eines der besten
Interieurbilder Rudolf Alts dar; jede Schüssel ist darin
förmlich porträtiert und von weitem zu erkennen.
Als vor wenigen Jahren die »Wiener Kunstwande-
rungen« ein größeres kunstneugieriges Publikum
in viele interessante Häuslichkeiten der Kaiserstadt
führten, erregten die Räume Lobmeyrs nicht wenig
Aufsehen. Ganz bezeichnend für seine Einrichtung
ist der feine Hansensche Geist. Dieser dänische Neu-
hellene Theophilos, der auch dem modernen Athen
seinen Stempel aufgedrückt hat, ist der Entwerfer der
Lobmeyrschen Möbel, Vorhänge, Tischbestecke usw.
Seine eleganten vergoldeten Sphinxe schmücken die
Armsessel, sein zierlich graviertes Ornament das Glas,
 
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