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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Schmerber, Hugo: Samsons Hochzeit von Rembrandt
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Die neuen Säle in den Uffizien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0059

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Die neuen Säle

in den Uffizien

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Bildern von Brouwer verzeichnet — so fehlt doch jede
Nachricht, ob er das zitierte Bild Brueghels kennen
lernen konnte. Jedenfalls aber wird man den Ein-
fluß des Bildes nur als eine Anregung betrachten
können; für den holländischen Meister konnte das
Werk von Brueghel ungefähr eine ähnliche Bedeu-
tung haben, wie eine photographische Naturaufnahme
für einen modernen Künstler.

Hymans1) vermutet, daß der Jäger, der mit dem
Franziskanermönch sich unterhält, Brueghel selbst
sei, der es liebte, sich zu Hochzeitsfesten als Gast
einzuschmuggeln, um seine Studien zu machen1).

Wie dem auch sei, Brueghel war jedenfalls ein
exakter Beobachter, vielleicht mit etwas zu offenem
Auge, aber gerade diese Eigenschaft konnte Rem-
brandts Aufmerksamkeit erregen, denn was er selbst
oder ein anderer klar geschaut und erfaßt hatte, war
gerade recht, um ihm als Grundlage seiner phan-
tastischen Ideen zu dienen. HUGO SCHMERBER.

DIE NEUEN SÄLE IN DEN UFFIZIEN

Die alte Hauptsammlung der Mediceer, die mehr
als ein Jahrhundert an Alter die stolzere Galerie des
Palazzo Pitti überragt, ist gegenwärtig einschneiden-
den Veränderungen unterworfen, die ihr immer mehr
den Charakter einer Galerie im modernen Sinn zu
geben bestimmt sind. Fast jeder neue Besuch in
den vertrauten Räumen zeigt nicht nur hier und dort
kleine Umhängungen, ganze Saalordnungen wurden
eben jetzt verlegt (womit schon Ridolfi begonnen
hatte, auf den der van der Goesraum und der Rubens-
saal zurückgehen).

Die definitive Neuordnung der Dinge wird, erst
in einigen Jahren sich vollziehen. Erst wenn eine
wesentlich größere Anzahl neuer Säle dem Leiter der
Sammlung zur Verfügung steht, kann geschehen, was
ihm als Ziel vor Augen schwebt: die Vereinigung
des gesamten in öffentlichein Besitz befindlichen Be-
standes von trecentistischen und Quattrocentobildern.
Obwohl man vom Standpunkt des Kunstfreundes
aus (nicht des Kunsihistorikers) eher eine Dezentrali-
sierung einsehen mag, als noch größere Häufung an
einer Stelle, so muß man doch sagen, daß viele der
gegenwärtig in der Akademie bewahrten Werke nicht
nur eine erfreuliche, sondern direkt notwendige Er-
gänzung der Uffiziengalerie bilden; und ist Riccis
Wunsch realisierbar, so steht die Schaffung einer
Galerie bevor, die für diese Schule und diese Periode
ihresgleichen nicht hat.

Die ebenso eröffneten Säle geben eine Vorstel-
lung dessen, was diese Zukunftsgalerie sein wird;
und es ist eine Freude, zu Beginn hervorzuheben,
daß besonders der eine Saal — man wird ihn in
Zukunft nach dem Hauptbild den Saal der Venus
Botticellis nennen dürfen — einen uneingeschränkten
Kunstgenuß gewährt, so fein abgewogen ist die Auf-
stellung.

i) Pierre Brueghel le Vieux in der Gazette des beaux
arts. XXX11I. III. per. tome V. p. 32.

Der große Saal, der zuerst die Bilder aus Santa
Maria Nuova vereinigte, ist wesentlich entlastet wor-
den, indem alle Bilder kleineren Formates entfernt
und in die übrige Sammlung verteilt wurden. Es
blieben die großen Altarwerke, die den bedeutenden
Raumverhältnissen allein entsprechen, zurück: in der
Mitte der Hauptwand wie bisher das Castagnofresko,
neben dem jetzt das Fresko der Ghirlandaioschule
(Christus am Kreuz) und das signierte Bild des Raf-
faellino de Capponibus placiert worden sind. Eine
sehr erfreuliche Verbesserung für das Studium der
Bilder bedeutet es, daß in diesem Saal die zwei Altar-
bilder Baldovinettis, früher im Korridor, Aufstellung
fanden.

Im Nebenraum, wo ursprünglich die Skulpturen
aus Santa Maria Nuova untergebracht waren, stehen
an den Schmalseiten der große Lorenzo Monaco und
Fra Angelicos Triptychon sich gegenüber. Rechts
vom Eingang ist eine Neuerwerbung, ein fünfteiliges,
signiertes Altarwerk des Giovanni di Paolo, das die
beste Erhaltung auszeichnet, aufgehängt, darunter ein
zweites Werk der Sieneser Schule, die Predelle von
Neroccio Landi. Links vom Eingang sind der Gentile
da Fabrianö, darunter die Predelle Benozzos, wie
früher in der Sala di Lorenzo Monaco, vereinigt.
Den Lorenzo Monaco flankieren das feine Madonnen-
bild Caporatis und der kleine, wenig bedeutende Fra
Angelico aus Santa Maria Nuova. Auf einer Staffelei
nahe dem Fenster hat Fra Angelicos Krönung Mariä
Aufstellung gefunden.

Beim Eintritt in den Nebenraum wird jedem die
ungeheure Wirkung von Botticellis Venus zum ersten-
mal entgegentreten. Man glaubt ein neues Bild vor
sich zu haben. Es leuchtet und schimmert, die
eminent glückliche Verteilung der Figuren im Raum
offenbart sich erst jetzt. Das Bild hängt allein an
einer Schmalwand; der untere Bildrand berührt fast
das Paneel. Die Hauptwand ist genau aus dem
Lorenzo Monacosaal übernommen (Domenico Vene-
ziano, Botticellis Anbetung der Könige und Ghirlandaio).
Die Breitwand rechts vom Eingang haben drei Haupt-
stücke des ausgehenden Quattrocento erhalten, die
früher in unwürdiger Höhe gehangen hatten: PoIIa-
iuolos drei Heilige, Ghirlandaios schöner Tondo der
Anbetung und die drei Heiligen von Mainardi. Die
letzte Wand hat das Altarbild aus der Calza, an dem
Signorelli und Perugino beide Anteil haben, zum
Mittelpunkt; daneben hängt die neuerworbene »An-
betung des Kindes« von einem Schüler Filippinos,
und das botticelleske Madonnenbild, das früher im
Korridor hing.

Im ersten Korridor sind die Bilder durchgängig
tiefer gehängt worden, und dadurch wird man in-
stand gesetzt, Einzelheiten kennen zu lernen, die bis
dahin dem Auge entzogen waren. Signorellis be-
deutungsvolles Tondo (mit den nackten Hintergrunds-
figuren) hat hierdurch besonders gewonnen.

Aus dem holländischen und deutschen Saal sind
endlich einige wichtige Stücke altniederländischer
Malerei entfernt worden und in das van der Goes-
kabinett überführt. Es sind das schönfarbige Kreu-
 
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