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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Ausstellungen

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schmiedekunst und seither durch seine Arbeiten über per-
sisch-islamische Kunst einen Namen gemacht hat, hat den
Titel Professor erhalten. Ebenso der Bibliothekar an dem
Kgl. Museum in Berlin, Dr. Ferdinand Laban, der ver-
diente Redakteur der Jahrbücher der Kgl. Preuß. Kunst-
sammlungen.

AUSSTELLUNGEN
Berlin. Im Kupferstichkabinett und im Kunstgewerbe-
museum finden gegenwärtig Ausstellungen statt, die beide
geeignet sind, eine Fülle von Genuß und Anregung zu
gewähren und von denen die des Kupferstichkabinetts
auch einen durchschlagenden Erfolg beim großen Publi-
kum zu haben scheint. Professor Springer hat den glück-
lichen Gedanken gehabt, die schönsten Frauenbildnisse zu
vereinigen, die die graphischen Künste — Kupferstich,
Radierung, Holzschnitt und Lithographie — seit ihrem Be-
stehen bis zur Gegenwart hervorgebracht haben. Nicht
nur ein interessantes Stück Kunstgeschichte, sondern auch
ein nicht minder interessantes Stück Kulturgeschichte
spiegelt sich in den anderthalb hundert Nummern der
Ausstellung wieder. Daß sich aus dem 15. Jahrhundert
nur wenige Beispiele beibringen lassen würden, war vor-
aus zu sehen. Aber auch das 16. ist noch sehr arm an
weiblichen Bildnissen. Berühmte Stecher, von denen man
eine ganze Reihe vortrefflicher Männerporträts kennt, haben
kein einziges Frauenantlitz festgehalten. Der große Auf-
schwung beginnt eigentlich erst mit Rubens und van Dyck,
die ja ganze Schulen von Stechern an sich fesselten.
Ihnen schließen sich die Franzosen unter Ludwig XIV.,
allen voran Claude Mellan, an. Den Höhepunkt aber
bildet die englische Schabkunst des 18. Jahrhunderts, die
ja in der Darstellung weiblicher Anmut ihre höchsten
Triumphe gesucht und gefeiert hat. Freilich wird hier
das Interesse dadurch ein wenig abgeschwächt, daß es
sich im wesentlichen um die virtuose Wiedergabe von
Ölbildern handelt, während die französischen und nieder-
ländischen Linienstecher auch da, wo sie nur reproduktiv
tätig waren, einen eigentlich graphischen Stil ausgebildet
haben. Für das größere Publikum aber bildet die eng-
lische Wand jedenfalls den Hauptanziehungspunkt, und
auch der Kenner kann sich ihrem Zauber nicht entziehen,
zumal da sich darunter einige Probedrucke von seltenster
Schönheit befinden. Höchsten Liebreiz atmen auch die
französischen Linienstiche des 18.Jahrhunderts von Surugue
(die Pompadour), Beauvarlet (die du Barry) und anderen,
denen sich die in Paris gebildeten Deutschen Wille und
G. F. Schmidt nicht unwürdig anschließen, und die eng-
lischen Punktierstiche mit den Werken von Bartolozzi an
der Spitze. G. F. Bause und Chodowiecki vertreten da-
neben das brave deutsche Bürgertum. Bei den Farben-
stichen empfindet man von neuem, daß die englische
Manier, die sich den graphischen Mitteln aufs glücklichste
anschmiegt, schönere Ergebnisse gezeitigt hat, als die
französische, welche das Aquarell mit nicht ganz zureichen-
den Mitteln nachahmt. Man vergleiche die entzückende
Mrs. Robinson mit dem besten französischen Beispiel, der
Marie-Antoinette von Janinet. Der Linienstich des 19. Jahr-
hunderts konnte in einem schönen Stich nach einer In-
gresschen Handzeichnung und zwei Blättern von dem
Deutschen Mandel gezeigt werden. Die brave Auguste
Hüssener bietet mit ihren spießbürgerlichen Arbeiten ledig-
lich ein kulturhistorisches Interesse. Eine Sonderstellung
nimmt die Soeur Rosalie, das einzige weibliche Bildnis
des genialen Gaillard, ein. Die eigentliche Porträttechnik
war im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts die Litho-
graphie. Krüger, Kriehuber und Hanfstängl, der Franzose
Grevedon zeigen sie in ihrer schönsten Blüte. Neben ihnen

steht der eminente Techniker Feckert, der glänzende Inter-
pret der Winterhalter, und Gustav Richter. Seit der Er-
findung der Photographie steht das graphische Porträt auf
dem Aussterbeetat. Die Radierungen von Leibi, Stauffer-
Bern, Halm, Schmutzer und vor allen Anders Zorn, die
lithographische Federzeichnung von Greiner und die litho-
graphische Pinselzeichnung von Olde, die Holzschnitte
des Berliners Hoenemann und der Amerikanerin Powell
zeigen aber, daß die graphischen Techniken ihr Daseins-
recht auch auf diesem Gebiete keineswegs verloren haben.

Die vom Direktor der Bibliothek des Kunstgewerbe-
museums, Jessen, mit großer Sorgfalt vorbereitete, ungemein
reichhaltige Ausstellung verdankt dem fünfundzwanzig-
jährigen Bestehen der Berliner Typographischen Gesell-
schaft ihre Entstehung. Sie ist dem Buchgewerbe gewidmet
und zwar dem eigentlich typographischen Gebiete der
Buchkunst, der Gestaltung der Druckseite durch Schrift
und Satz. Dem Buchschmuck ist im allgemeinen nur inso-
weit Rechnung getragen, als er dazu unmittelbar beiträgt,
ohne selbständige Bedeutung zu gewinnen. Es handelt
sich nicht um eine Auswahl von Beispielen, die unbedingt
nachahmungswürdig sind, sondern um eine Zusammen-
stellung aller wichtigen Bestrebungen auf dem Gebiete.
Ja, es fehlt sogar nicht an einzelnen Nummern, die direkt
abschreckend wirken. Der wichtigste und bleibende Ein-
druck ist der, daß hier fast in der ganzen Welt eine un-
gemeine Rührigkeit herrscht, und daß Deutschland, wenn
es auch an die alte Kultur Englands auf diesem Gebiete
nicht heranreicht, doch eine der ersten Stellen einnimmt.
Es ist ein erfreuliches Zeichen für das Wachstum unseres
Wohlstandes, daß die Pflege dieser Dinge so vielen Ver-
legern überhaupt nutzbringend erscheint. Wenn es auch
noch vielfach zu gären scheint, so hat die Abklärung in
den letzten Jahren doch wesentliche Fortschritte gemacht.
Das lehrt insbesondere ein Vergleich mit der deutschen
Buchgewerbeausstellung auf der Pariser Weltausstellung.
Immer mehr bricht sich die Anschauung Bahn, daß das
Einfachste das Beste ist. Gutes Papier, eine kräftige, les-
bare Schrift und einegeschmackvolle Raumgestaltung werden
in den meisten Fällen genügen. Ein Buch wird nicht
schöner dadurch, daß man auf jeder Seite demselben
Schnörkel begegnet. Und die sentimental-spießbürgerlichen
Biedermeierornamente unserer Zeit wird man sicherlich
nicht höher einschätzen als die Renaissanceornamente
unserer Väter. Dagegen wird man die Verdienste, die
sich etwa die Rudhardsche Gießerei in Offenbach mit der
Einführung der Zierschriften von Eckmann und Behrens,
der Offenbacher Schwabacher-Type und anderen um die
Entwickelung der Buchkunst erworben hat, einst sicher nicht
gering bewerten. Wie vortreffliche Wirkungen sich mit
diesen neuen Typen auch bei den einfachsten Schriftstücken
des täglichen Lebens erzielen lassen, beweist eine Zusam-
menstellung von Rechnungen, Anzeigen, Mitteilungen usw.
von der Kunstgewerbeschule in Magdeburg mit »Gegen-
beispielen«. Bei den Umschlägen, Titelblättern, Initialen
mag dann die Phantasie des Künstlers zu ihrem Rechte
kommen. Umfangreicheren Buchschmuck aber wird man
den eigentlichen Bibliophilenausgaben vorbehalten. Vor-
treffliche Beispiele einer einfachen und soliden Buchkunst
haben insbesondere Leipziger Verleger, dann aus Berlin
Imberg & Lefson, Schuster & Löffler und andere gesandt.
Vom Ausland ist nach wie vor England am glänzendsten
vertreten. Weniger bekannt dürften die vorzüglichen
Leistungen sein, die Amerika, insbesondere der Verleger
Thomas C. Mosher in Portland, herausgebracht hat. Am
rückständigsten zeigLsich Frankreich. a.

Am 22. April wird wieder die internationale Kunst-
ausstellung in Venedig eröffnet werden.
 
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