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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Kesser, Hermann: Rudolf Koller
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Schäfer, W.: Oswald Achenbach
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Verschiedenes / Inserate
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233

Oswald Achenbach f — Nekrologe

234

Zürichs erstaunt gefragt haben, ob er denn überhaupt noch
gelebt habe.

In Zürich, wo er mit seiner Gemahlin seit nahezu
fünfzig Jahren in patriarchalischer Beschaulichkeit am
Zürcher Horn lebte, war Koller eine bekannte Persön-
lichkeit, nahm bis in die letzten Monate am Kunstleben
der Stadt regen Anteil und genoß alle Ehren, die seinem
Schaffen gebührten. Bei Gelegenheit seines siebzigsten
Geburtstages ernannte ihn die Universität im Jahre 1898
zum doctor honoris causa. Die Jubiläumsausstellung beim
gleichen Anlaß war ein Triumph des alten Künstlers; ein
richtiger Kunstschaffer vom alten Schlag, der seiner Zeit
treu und redlich gedient hat und bedingungslos zu den
namhaftesten Tiermalern der Internationale gerechnet
werden darf.

Zürich. DR. HERMANN KESSER.

OSWALD ACHENBACH f
Am 4. Februar wehte die Malkastenflagge auf Halb-
mast, und die schmucklose weiße Fassade war mit schmalen
Trauerfloren ausgelegt, worein ein paar violette Tupfen
ihre stille Farbe taten. Davor aber standen, wie überall
in den Straßen, durch die der prächtige Leichenzug kam,
engegedrängte Reihen des Volkes. Oswald Achenbach,
Ehrenbürger der Stadt Düsseldorf und Ehrenmitglied des
Malkastens, der jüngere Bruder des Andreas, von dessen
Volkstümlichkeit ein Glanz auf ihn mitgefallen war, wurde
begraben. Als er seinen 78. Geburtstag feiern wollte, holte
ihn der Tod: für einen andern in einem hohen Alter, für
ihn fast zu früh, saß doch unterdessen in seinem Haus
an der Schadowstraße immer noch sein Bruder Andreas,
der, zwölf Jahre älter als er, ihm Lehrer und fast ein
Vater gewesen war. Und doch war es richtig so, daß er
zuerst ging; denn von jener Lebenskraft, die dem Andreas
noch immer sein Haupt trotzig aufrecht, wenn er mit
schleppendem Gange durch das Gedränge der Schadow-
straße geht, unter dem Getrippel ein wahrhafter Riese der
Vorzeit: war immer nur ein schwächerer Teil in ihm ge-
wesen, in seinem Leben und in seiner Kunst.

Was der Name Achenbach für den Düsseldorfer Bürger
bedeutet, das mag sonstwo im deutschen Land selten sein:
es ist, wie wenn man Bismarck sagt; und wenn irgend
ein Handwerker oder sonst ein Mann der Altstadt sich
einen Maler denkt, ist es schwerlich ein anderer als Achen-
bach, das Wort hat für ihn fast den Charakter des
bürgerlichen Namens verloren, es ist ein Begriff geworden.
Unterdessen sind andere Maler in dem Kampf um die
moderne Kunst mehr genannt worden, fast wie lebendige
Tote sind die Brüder zurückgeblieben: aber ob irgend
einer der modernen Künstler so von bürgerlicher Anhäng-
lichkeit und Bewunderung zu Grabe gebracht werden
könnte wie ein Achenbach? Es ist wie ein wehmütiger
Gruß aus einer Zeit, da der Künstler noch nicht zum
Bürger, zum Berufsmenschen geworden war, als er noch
wie etwas romantisch Absonderliches im Bewußtsein des
Volkes leben und sich ihm in absonderlicher Tracht und
Lebensführung zeigen konnte. Wenn einmal die Stadt
Düsseldorf ihrem anderen Ehrenbürger, der zuerst aber noch
seinen neunzigsten Geburtstag und wie es scheint auch den
hundertsten feiern will, hinaus geleitet: dann wird man
es noch stärker in Düsseldorf fühlen, da geht nicht nur
die^alte. romantische Malerstadt Düsseldorf zu Grabe, son-
dern auch eine alte uns verloren gegangene Welt. Aber
auch auf ihn, den Jüngeren, Schwächeren, war so viel von
dem Glanz des Namens gefallen, daß man etwas davon
spürte.

Er war nur schwächer, aber doch so stark, daß er nicht
die Wege seines älteren Bruders und Lehrers ging, sondern

neben ihm ein eigener wurde, so daß der alte Andreas
im Malkasten oft eine Photographie von einem neuen
Bild des Jüngeren hervorzog und sich wunderte, wie der
Oswald so etwas machen konnte. Zwar war auch er ein-
mal nach Italien gegangen, aber was er zu sagen hatte,
dazu bedurfte er der Kraft und Wucht der nordischen
Lüfte und des nordischen Meeres. Den reicheren Süden
ließ er dem Bruder und was der an Kraft darin nicht
geben konnte, das versuchte er an Glut und Pracht zu
geben. Gleichsam ein Feuerwerker der Farbe ist er dabei
geworden, indem er sich nicht begnügte mit der lodernden
Pracht eines italienischen Sonnenunterganges, wenn die
weißen Mauern der Hügel des Meeres und die Wolken
in roter Glut ertrinken, sondern hinging und die lohenden
Fackeln und bengalischen Feuer festlicher Nächte malte.
Als solcher Romantiker malte er nicht eine Natur, die er
liebte und die ihm vertraut war, sondern eine fremde,
deren Effekte er als Fremdling staunend bewunderte. Die
Empfindung des deutschen Touristen in Italien bis zu
wahren Feuerwerken gesteigert: das war das, was er uns
in seinen Bildern mitbrachte. Es war mehr ein romantischer
Deutscher darin als die Natur Italiens; auch wenn er sie
in der lässigen Pracht der Sonne zeigte, wenn in eine
metallische Glut tief unten die Küste mit dem Meer ver-
schwimmt, kupfern und golden die Städte leuchten und
im goldigen Staub des Horizontes der Vesuv in den blau-
lodernden Himmel ragt.

Heute lieben wir solche Schilderungen nicht mehr,
wir horchen lieber denen, die in treuer Liebe von ihrer
Heimat reden und als Kinder ihrer Landschaft, deren
Schönheit mehr aus der Seele geben. Die Romantik ist
verflogen, wir sind schlicht und bürgerlich geworden.

Einmal, vor fünfunddreißig Jahren, war Oswald Achen-
bach auch Lehrer an der Düsseldorfer Akademie, und wer
das Glück hatte, sein Schüler zu sein, spricht mit Liebe
davon. Bochmann, Feddersen und Karl Seibels ge-
hörten dazu und das sagt schon etwas; denn sie alle be-
hielten ihr Wesen, dem der Lehrer treulich nachging mit
der immer gleichen Warnung, nur bei sich zu bleiben,
weder von ihm noch sonst von jemand etwas zu nehmen.
Er wollte keine Schule machen, darum war er ein guter
Lehrer; aber wie so oft paßte ihm trotzdem das Lehren
nicht; es ist nur eine kurze Zeit gewesen, daß er aus-
übender Professor war, zum Bedauern vieler, denen er
damals in Düsseldorf der einzige war, von dem sie etwas
zu erlernen verhofften. So hat er gleich seinem Bruder ab-
seits der Akademie dem Ruhm Düsseldorfs durch seine
Werke gedient, die fast in jeder Galerie sich befinden.

Wenn wir heute meinen, daß sie ihre Wirkung nicht
mehr haben wie zu seiner Zeit, so sollen wir doch nicht
vergessen, sie mit den berühmten Werken ihrer Zeit zu
vergleichen, wir werden zugeben müssen, daß sie uns
heute trotzdem näher stehen als vieles. Wenn sie auch
nicht der Anfang einer neuen Malerei waren, so standen
sie doch auch nicht in Reih' und Glied ihrer Zeit. Sie
waren eine Sache für sich und deren bester Vorzug war
—- und darin stehen sie uns doch wieder näher — daß sie
aus einer eigenen Empfindung vor der Natur nicht aus
der Nachahmung der alten Werke entstanden.

W. SCHÄFER.

NEKROLOGE
Der auch in Deutschland wohlbekannte treffliche
italienische Landschaftsmaler Hermann Corrodi ist Ende
Januar in Rom gestorben. Am 23. Juli 1844 war er in
Frascati geboren, studierte bei seinem Vater und dann
auf der Akademie in Rom, ging nach Paris und ließ
sich dann in Rom dauernd nieder. Seine großen patheti-
 
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