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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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413

Ausstellungen

414

lungenes Porträt des Bohemiens Erich Mühsam; Kpnrad
von Kardorff das Gegenstück dazu, einen klassischen
Assessorentypus. Reinhold Lepsius hat Wilhelm Diltheys
klugen Kopf gemalt, seine Gattin Sabine Lepsius ein zartes
Kinderdoppelporträt; Dora tiitz eine »Kirschenernte« mit
einer ganzen Reihe von Frauen- und Kindergestalten,
einen lichten Hymnus auf farbenleuchtende Sommerfreude,
der wie ein dekorativer Fries gehalten ist, abermals ein
Anzeichen für die neu erwachende Lust am Figurenbilde.
Auch sonst ist Berlin naturgemäß ziemlich reichlich ver-
treten, doch ohne sich vorzudrängen. Ulrich und Heinrich
Hiibner, Philipp Klein, Robert Breyer, Curt Herrmann, Paul
Baum und die anderen führen die Früchte des letzten
Arbeitsjahres vor. Ein neuer Name ist Otto Hettner, der
einen großen dekorativen Versuch »Idyll« ausgestellt hat,
eine kühn gemalte Komposition, die ein paar Figuren in
Idealgewändern gegen eine farbenglühende südliche Land-
schaft gruppiert, voll von Härten und Gewaltsamkeiten, aber
eine Probe eigenartiger koloristischer Kraft. Unter den
Nichtberlinern stehen der Genfer Ferdinand Hodler und
der Wiener Gustav Klimt an der Spitze, die beide einen
eigenen Saal erhalten haben, wo sie sich mit je einer
Kollektion meist älterer Arbeiten, die in der »Kunstchronik«
schon in früheren Jahren besprochen sind, dem Berliner
Publikum eigentlich zum erstenmale vorstellen. Die beiden
Säle sind vom ersten Augenblick an die »Sensationen« der
Ausstellung gewesen, die eigenwillige Originalität der
Künstler verblüfft die Besucher, aber sowohl Klimts juwelier-
hafte Dekorateurphantasie und sein japanisierender Por-
trätistengeschmack wie Hodlers herbe Monumentalität üben
eine starke Wirkung aus. Eine eigene Wand für sich
wurde Max Klinger eingeräumt, der neben den großen
Büsten von Nietzsche, Liszt und Georg Brandes noch
einige weitere Skulpturen, darunter den Entwurf des
Brahmsdenkmals, und mehrere hier unbekannte illustrative
Federzeichnungen nach Berlin gesandt hat, die an die
weit zurückliegenden Rahmenbilder zu »Amor und Psyche«
anknüpfen. Dann tritt namentlich Graf Kalchreuth hervor, der
nicht nur als Präsident des Bundes einen Ehrenplatz auf der
Ausstellung einnimmt. Unter den kostbaren Arbeiten, die er
mitbrachte, ist das reizende Bild seines Töchterchens als
Velasquez-Prinzessin, das man schon aus Dresden kennt,
und die feinen Bildnisse der alten Frau Zacharias aus
Hamburg, die Kalckreuth für die dortige Kunsthalle zu
malen hatte, und deren Wesen und Erscheinung ihn so
fesselten, daß er sie noch zweimal porträtierte, einmal fast
in derselben Stellung, nur in ein wenig abweichender Be-
leuchtung. Aus Stuttgart sind außerdem Reiniger und der
junge Amandus Faure gekommen, der in zwei Tanzszenen
von Spaniern und Negern eine ungewöhnliche Kunst in
der Gruppierung von Figuren und in der malerischen Be-
wältigung einer flackerigen Beleuchtung an den Tag legt.
Die Münchener führen zum Teil Arbeiten vor, die
man aus ihren Ausstellungen im letzten Sommer kennt.
So Stuck, der mit diesen Bildern nun auch in Berlin Mit-
teilung davon macht, daß er sich von der Niedergangs-
epoche vor einigen Jahren wieder zu erholen beginnt. So
Uhde mit mehreren schönen Studien nach seinen blonden
Töchtern. Fritz Erler hat sein etwas gar zu groß geratenes
Triptychon »Johannisnacht« geschickt, Leo Putz eine amü-
sant gemalte groteske Märchenphantasie, Th. Th. Heine ein
sehr lustiges Kinderbild. Aus Karlsruhe ragt neben Thoma
vor allem Trübner hervor, namentlich durch die beiden
mit prachtvoller Breite und Frische gemalten Reiterbild-
nisse der Großherzöge von Baden und Hessen. Dresden,
Weimar, Worpswede schließen sich mit ihren besten Kräften
an, Ludwig von Hoffmann mit einer ganzen Kollektion neuer
Bilder von festlich-heiterer Farbigkeit. Wenig bekannt in

Berlin sind die gut vertretenen jungen Düsseldorfer Gerhard
Janssen, Otto Sohn-Rethel (mit dem schönen Kopf einer
alten Nonne) und Heinrich Reifferscheid. Von den Wienern
ist an erster Stelle neben Klimt Carl Moll zu nennen, der
aus einem Ästheten-Interieur ein zartes lyrisches Gedicht
gemacht hat. Die Plastik kann sich in den größeren
Räumen des neuen Sezessionsgebäudes am Kurfürsten-
damm (das im übrigen sehr zweckmäßig und anspruchslos
ist, ohne ein Ausbund von Schönheit zu sein) besser aus-
breiten als in dem alten Hause der Kantstraße. Die Mün-
chener, Adolf Hildebrand, Hermann Hahn, C. A. Bermann,
Hermann Lang, haben ihre aus dem Vorjahr bekannten aus-
gezeichneten Arbeiten geschickt. Die Berliner Garde hat neue
Werke ausgestellt: Gaul einen Löwen, ein glänzendes Gegen-
stück zu seiner älteren Löwin, und einen originell stilisierten
Adler von romanischem Anklang, Klimsch eine Bronze
»Eos« und die Marmorbüste eines jungen Mädchens,
Tuaillon zwei dekorative Reliefentwürfe. Bedeutungsvoll
tritt daneben mit einer Reihe höchst interessanter Arbeiten
in Bronze, Stein und Marmor der junge Georg Kolbe hervor,
der seit kurzem von Leipzig nach Berlin übergesiedelt ist.
Schließlich ist noch eine kleine Zahl von Schwarz-Weiß-
Blättern und sogar — ein Novum in der Berliner Sezession
— etwas Wiener Kunstgewerbe zu finden, das dazu dient,
den Klimt-Saal zu schmücken. -rn.

In London hat jetzt eine Ausstellung im Viktoria und
Albertmuseum stattgefunden, welche die Fortschritte der
Vervielfältigungskünste von Kunstwerken zu illustrieren den
Zweck hatte. Wir lesen darüber im »Athenaeum«: Der
Wettbewerb zwischen den verschiedenen Nationen, nach
welchen die Ausstellung geordnet war, war und ist sehr
lebhaft und die patentierten Verfahren wie Geheimnisse
werden eifersüchtig bewahrt. Im allgemeinen sind die
Unterschiede zwischen den Leistungen der einzelnen
Nationen aber nicht sehr bedeutend: die Reproduktionen
in Schwarz und Weiß, als Photogravüre und Lichtdruck,
sind überall gleich weit gediehen. Gewiß finden sich
graduelle kleine Unterschiede; aber das Beste aus England,
Frankreich und Deutschland läßt kaum etwas zu wünschen.
Man darf die Photogravüre des Genter Altarbildes der
Brüder van Eyck (Berliner Photographische Gesellschaft)
wohl als das beste ausgestellte Werk ansehen; nahe daran
kommen Walker & Cockerells Photogravüren plastischer
Werke und Robert Sansons Photogravüre eines Mezzotinto-
stiches.

Gleiches läßt sich von dem Lichtdruckverfahren sagen.
Schade, daß die Clarendon Press keine der für Sidney
Colvins Publikationen von Handzeichnungen hergestellten
Faksimilia ausgestellt hat, so daß man sie mit den prächtigen
Lichtdrucken von Zeichnungen aus der deutschen Reichs-
druckerei (Nr. 443 und 444) hätte vergleichen können.

Während die Prozeduren in Schwarz und Weiß kaum
größere Vollendung mehr erreichen können, sind die
Farbendrucke noch gar weit davon entfernt. Farbige
Lichtdrucke und farbige Photogravüren sind bis jetzt am
wirkungsvollsten; wir müssen jedoch annehmen, daß in
vielen, wenn nicht den meisten derselben, die Farben
nicht mechanisch reproduziert sind. Solche Photogravüren
sind in Wirklichkeit farbige Punktierstiche, bei denen die
Farbe vor jedem Abdruck mit der Hand auf die Platte
übertragen wird. Das Resultat ist daher nichts anderes
als eine Kopie des Originals, soweit die Farbe in Betracht
kommt; ein Faksimile im wahren Sinn liegt nicht vor.
Darüber hätte der Katalog eigentlich bessere Information
geben sollen.

Dem gegenüber hat das Dreifarbenverfahren, dessen
einzelne Stadien in der Ausstellung der London County
Council School of Photographic Engraving trefflich zu
 
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