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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XVIII. Jahrgang 1906/1907 Nr. 3. 26. Oktober

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

LITERATURNUMMER

Handbuch der bürgerlichen Kunstaltertümer in
Deutschland. Von Heinrich Bergner. Zwei Bände,
geb. 20 M. Leipzig, Verlag von E. A. Seemann, 1906.

Das vorliegende Buch versucht, den ganzen Umfang
der bürgerlichen Kunstaltertümer sowohl nach kunstge-
schichtlich-systematischer Anordnung wie kulturhistorischer
Entwickelung knapp und übersichtlich darzustellen. Ähn-
lich dem bekannten Werke von Otte, dem Handbuche der
kirchlichen Kunstarchäologie, soll das vorliegende Buch nur
den Kreis von Denkmälern privaten und öffentlichen Lebens,
welche aus bildnerischer Kraft und Kunst hervorgegangen
sind, das Haus mit allen seinen Abarten und Ableitungen
(Wohn- Wehr-, und Verwaltungsgebäude) und die gesamm(e
bewegliche und unbewegliche Ausstattung umfassen.

Verfasser hat sich damit einer Aufgabe unterzogen,
die zurzeit infolge der teilweise noch lückenhaften For-
schung auf manchen Einzelgebieten in der Durchführung
große Schwierigkeiten bereitet, die der Kenner wohl zu
würdigen weiß. Einen besonderen Vorzug des Buches
bildet die Hervorhebung kulturgeschichtlichen Einflusses,
aus dem heraus sich z. B. manche Bautypen allein erklären
lassen. Die formal-stilistische Darstellung nach dem System
der Kunstgeschichte tritt dem gegenüber etwas zurück, da
es dem Zwecke des Buches mehr entspricht, eine Übersicht
des Werdens bestimmter Einzelgebiete als die Beschreibung
vorhandenen Materiales zu geben.

Verfasser beginnt mit der Darstellung des frühgenna-
nischen Wohnbaues, dessen Zusammenhang mit den noch
erhaltenen jüngeren Holzbauten Skandinaviens fest steht.
Die Klosterbaukunst des Mittelalters wird an dem bekann-
ten Plane von St. Gallen erläutert, die Ausbildung der Ein-
zelheiten namentlich der fortgeschrittenen Zeit an gut erhal-
tenen Bauteilen der wichtigsten Klöster festgestellt. Die
Pfalzen und Königshöfe bilden den folgenden Abschnitt.
Sie gehen nach großartiger Entwickelung unter Karl dem
Großen in der Folgezeit in den Burgencharakter über, die
Saalanlagen des 12. Jahrhunderts leben später in der Ver-
waltungsbaukunst wieder auf. Die Geschichte der Burg
behandelt Bergner in Übereinstimmung mit den Forschun-
gen Pipers, an dessen System der Einteilung des Stoffes
er sich im wesentlichen hält. Die Festung, eine erweiterte
Burg bildet den Gegenstand des folgenden Kapitels. Der
Darstellung römischer Reste auf deutschem Boden folgt
die Entwickelung der Zwinger und Toranlagen, die an
charakteristischen Beispielen erläutert sind. Eingehend ist
die Ausbildung des Festungssystemes nach Dürer, die neu-
italienischen Anlagen und die Lehren Daniel Speckle's ge-
geben, dessen Methode bekanntlich in vereinfachter Form
von Vauban und Cormontaigne in die Praxis übertragen
worden sind. Mit Bergner kann man das Verschwinden

des deutschen Tortypus zugunsten des griechischen Propy-
läon bedauern.

Der Darstellung der Geschichte des Bauernhauses ist
breiter Raum gewidmet. Niederdeutsche und oberdeutsche
Art gründen sich auf ungetrenntes und getrenntes Wohnen
von Mensch und Vieh unter einem Dache, abweichend
davon ist das mitteldeutsche Gehöft als Gruppenbau von
Wohnhaus und Stallungen usw. gebildet. In üblicher Weise
scheidet Beigner nach Schwarzwaldhaus, Schweizerhaus,
oberbayrischem, sächsischem und fränkischem Typus, wobei
er im Gegensatze zu Schäfer in der Strebenanordnung dieser
letzten Art (kurze Streben und Büge) nur eine Verkümme-
rung der ursprünglichen Durchkreuzung der Streben ale-
mannisch-schwäbischer Bauweise sieht (S. 168).

Für die Planung der Stadt ist Markt, Burg und Kirche
entscheidend, wobei in den Städten Altdeutschlands wild-
wachsende Regellosigkeit, im Neuland (Osten) planvolles
und regelmäßiges Schema im Bebauungsplan festzustellen
ist (S. 188). In der Darlegung des Verfassers vermißt man
eine kurze Auseinandersetzung der künstlerischen Grund-
sätze des mittelalterlichen Städtebaues, wie sie Sitte so vor-
trefflich in seinem bekannten Buche über Städtebau (Kapitel
5—7) gegeben hat. Das erst in jüngster Zeit mehr beachtete
Bürgerhaus wird von der einfachsten Form bis zur Palast-
anlage der Kaufherren besprochen. Interessant die Umwand-
lung im Süden zum Kaufmannshause durch Verlegen der
Wohnräume in das oder die Obergeschosse, während im
Norden in diesem Falle die altgewohnte durch zwei Stock-
werke gehende Diele, ev. mit seitlichen Kammern in einem
Zwischengeschosse beibehalten wird. Steinwerke oder Stadt-
burgen dienen als Sitze des Landadels oder kirchlicher
Gewalten, aus ihren, anfänglich engen Wohntürmen ent-
wickeln sich kleine Burgen,Wohn- und Etagenhäuser, die nach
und nach den Wehrcharakter einbüßen. In den bürger-
lichen Städten behauptet das Holzhaus mit Ständerbau den
Vorrang, das im Norden teils durch den Backstein, im Süden
aber durch den Hausteinbau abgelöst wird, der sich nach
und nach zum Schloßbau entwickelt und hiermit dem
bürgerlichen Charakter entsagt. Das Urteil über den Bieder-
meierstiel als reinen nackten Bedürfnisbau möchte ich in
dieser Strenge nicht teilen (S. 272). Mangels vorliegenden
Materiales geschichtlicher Forschung konnte das Kapitel
über Brücken und Wasserbauten nur kurz ausfallen, bei
den öffentlichen Brunnen beschränkt sich der Verfasser
auf die Darstellung bestimmter Typen, während er die Prin-
zipien der Anordnung im Straßennetze nicht weiter berührt,
obwohl gerade hierin die historische Städtebaukunst hervor-
ragendes geleistet hat. Die Denkmalkunst steht im sonsti-
gen stark unter kirchlichem Einflüsse, an profanen Denk-
mälern, Standbildern und Reiterfiguren ist die historische
Kunst Deutschlands verhältnismäßig arm.

Die Gartenkunst, Gottlob jetzt wieder mit Verstand-
 
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