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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 56.1920/​1921 (Oktober-März)

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Nr. 23
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Tietze, Hans: Max Dvořák †
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https://doi.org/10.11588/diglit.36986#0452

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Max Dvorak '['

nährte fein Einfühtungsvermögen für fremde Geiftigkeit und künitierifAes
Woiien jegiiAer Art/ wie aiie HöAitieiitung des Inteüekts kam auA die
feine aus dem Herzen. Aber diefe Zartheit, die hA jedes Studenten an-
nahm und auf die geringiten Intereffen fremder MenfAen RüAfiAt nahm,
war mit itähierner Feitigkeit in a!fen grundfätziiAen Fragen gepaart. Seine
Makefioiigkeit, die den Begriff der geiitigen und moratifAen Konzefhon niAt
kannte, war fein ftärkiter Hort. Wir anderen gehen irre, von LeiAthnn oder
Gedankeniohgkeit, von Nebenintereffen oder Starrfinn verführt und hnd niAt
imitande, unfer Gewand zu fAützen, vom Straßenkot befleckt zu werden
er aber fAritt unbeirrt und unbeirrbar den Weg, den er für riAtig erkannt
hatte, er itand immer auf der Höhe. Auf der Höhe, von der ihn nun das
unbegreifiiAe SAi&fai wie einen Liebiing der Götter entraifte.
IA kann diefes rei Ae Leben niAt detaiüieren und in feine Afpekte auf-
iöfen,- nur eine SAerbe wii! iA aus diefem Trümmerhaufen aufiefen und
Dvorák's Steiiung in unferer WiifenfAaft zu umreißen traAten.
Max Dvofák, der 1874 in Raudnitz in Böhmen geboren war, ein TfAeAe
von Abitammung, den hA die deutfAe Geiiteskuitur zu ihrer BereiAerung
afhmiiiert hat, hatte ais reiner Hiftoriker begonnen und kam, mit dem voiien
Rüitzeug diefer äiteren WiifenfAaft ausgeitattet, zur KunftgefAiAte dur A
Wi&hoff und Riegi. Deren Überwindung des äithetifAen Dogmatismus, wie
Dvofák feibit in feinem NaAruf für Riegi es Aarakterihert, hat ihm den
Grund bereitet,- er übernahm von ihnen die WiffenfAaft von der Kunit ais
eine hiitorifAe Diszipiin — mit aiier GefähriiAkeit diefer Einiteiiung. Denn
die Abfoiutheit des Kunftwerkes und die Reiativität aiier hiitorifAen Erkennte
nis ftehen in fAroffem Gegenfatz,- es iag im Wefen der fetzten Generation
des vergangenen Jahrhunderts — der Periode der naturwiffenfAaftiiAen Orient
tierung und des Imprefitonismus —, diefe Kiuft dur A den Begriff der künit-
ierifAen Autonomie zu überbrüAen. Die Kunitwerke, von der äithetifAen
Bindung iosgeiöit und dur A Auffaífung ais bioße hiitorifAe TatfaAe wefent-
fiAer Eiemente beraubt, werden dur A ihre eigene GefetziiAkeit zu einer
Bntwi&iung zufammengefAioilen,- he biiden Reihen, deren pfyAifAe Ver-
knüpfung in der Sonderart der ifoiierten Kunitwerke begründet iit. Die
Raum*? und Zeitgrenzen, die die GefAiAte zieht, beitehen niAt für ihre Weit,
und fo zerfprengt die evoiutioniitifAe Deutung der Kunit den hiitorifAen
Dogmatismus. NiAt innerhaib der Nationen und niAt innerhaib der StiL
perioden fpieft hA das hiitorifAe Leben der Kunit ab, es greift aus und über,
ein Strom, der fein Bett hA feiber gräbt. Eine Einiteiiung wie diefe muß
mit Voriiebe aiie Übergangsgebiete bebauen. Es iit kein Zufaii, daß die
großen Arbeiten Wi&hoff's und Riegi's den itiiiitifAen Grenzfragen gewid-
met hnd und daß auA Dvofák in feinen eriten Arbeiten an diefer Befreiung
 
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