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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Schur, Ernst: Alfred Altherr
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0031

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ALFRED ALTHERR IN ELBERFELD

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Alfred Altherr, Standuhr aus Ebenholz mit Elfenbein

Kunstgewerbliche entwickelt sich zum Baukünstleri-
schen. Es ist das Gefühl für das Architektonische,
das sich hier meldet. Wie Altherr die Tradition des
bergischen Landhauses mit modernem Empfinden ver-
bindet, das zeugt von Takt und Selbständigkeit. Man
findet solche Häuschen im Bergischen, und ein Gang
über Land zeigt die Bauernhäuser, ein Gang durch
die Gassen das Stadthaus, das Patrizierhaus. Eine
Intimität darin, die an englische Baukultur erinnert;
dabei ein Gefühl für Sachlichkeit, die ganz bodenständig
ist; in der Führung der Linien, in der Verteilung
des Schmucks eine Grazie, die leise anklingt an die
letzte, alte Stiltraditiop, an das Rokoko. Auch die
Farben, dieses Grau des Schiefers, das Weiß der Fen-
ster, deren Rahmenwerk oft so fein geschwungen ist,
deren Felder oft so graziös gegittert sind, das Grün
der Fensterläden wirken fein, harmonisch und entschei-
dend mit. o
□ All das hat Altherr empfunden und selbständig
weitergebildet. Im Farbigen ist er wohltuend intim,
ein warmes Gelb in der Fassade, ein feines Grau im
Dach. Im einzelnen belebt dann die geschickte Ver-
teilung der Fenster die Fassade und wer sich die
Muße nimmt, den Grundriß zu studieren, wird das
allseitige Bedenken des der Praxis zustrebenden Archi-
tekten spüren. □
□ Solche Häuser müßten in diesen Gegenden stehen.
Sie verbinden das Traditionelle mit dem Eigenen; sie

neuen, raumkünstlerischen Empfindens, sie gliedern
sich ein; und doch ist jedes Stück schon in der Ar-
beit eine liebevolle Schöpfung. □
□ Damit wird zugleich ein wirtschaftliches Problem
angerührt. Dem Handwerk werden neue Aufgaben
zugewiesen, es wird zur Schaffung einer neuen Raum-
kunst mit hineingezogen. Altherr hat es sich beson-
ders angelegen sein lassen, den einheimischen Kräften,
dem Tischlerhandwerk Aufgaben zuzuweisen; ihnen
ist die Ausführung der Arbeiten übertragen worden,
und wie wertvoll das ist, zeigen die Versuche in
anderen Gegenden, wo dem Handwerk durch solche
Aufträge neues Leben zugeführt wurde. □
IV.
□ Die neue Raumkunst stand in diesen Jahren, die
ihrem ersten Auftreten folgten, nicht still. An die
zweite Etappe, die vom Kunstgewerbe zur Raumkunst
schritt, schließt sich eine dritte, die von der Raum-
kunst zur Architektur sich bewegt. Das ist die
neueste Entwicklung und damit schließt sich ein Ring.
Vom einzelnen, dem kunstgewerblichen Gegenstand,
ist man zum Ganzen, zur Baukunst gekommen. Erst
damit hat man den Anschluß erreicht, der notwendig
war. Alles andere war Liebhaberei, Versuch; dies
ist ein Fundament. Und das findet man auch bei
Altherr. □
V.
□ Das Können Altherrs, der vom Einzelstück zum
Möbel, von da zur Raumschöpfung sich entwickelt,
erfährt hier die eigentlich sachliche Begründung; das
 
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