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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Raspe, Theodor: Sonderausstellung der Gartenbaufirma Ochs in Hamburg im Oldenburger Kunstgewerbemuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0163

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MODERNE GARTENBAUKUNST

1 KA
IDO


weil es hier etwas Traulichkeit, Behaglichkeit und schattige
Kühle zu finden glaubt, und weil es das »Gemachte —
Kalte — Verstandesmäßige« oder, wie man dann schnell
sagt, das »Geometrische — Architektonische« als etiketten-
mäßigen Hofstil haßt. □
□ Die Entwicklung der Gartenbaukunst geht der Neuge-
staltung des Landhauses parallel; gleiche Erscheinungs-
formen finden sich hier wie da, weil im Grunde doch alles
Ausfluß des Zeitgeistes ist. Eine Reaktionsperiode ver-
standesmäßigerNüchternheit und ärmlicher Knappheit mußte
das Alte ins Wanken bringen; denn nur scharfe Besen
kehren gut. Natürlich wurde der Protest der Alten gegen
die Jungen allgemein und fast alle Gärtner machten gegen
die neue Richtung mobil. Diese Übergangsperiode mit
ihrer Einseitigkeit liegt ziemlich hinter uns. Der Sieg des
Neuen hat ihm auch Stetigkeit und Vielseitigkeit gebracht.
Es läßt sich an der Oldenburger, von Herrn Baurat Rauch-
held ins Leben gerufenen Ausstellung gut verfolgen, welche
Gartenbaukünstler schon im ruhigen Fahrwasser sind und
welche noch ängstlich der strengen Mode huldigen. Was
wir alle wünschen, das Publikum aufzuklären, sein Miß-
trauen gegen den neuen (»langweiligen«!) Gartenstil zu

nehmen, werden am besten Gartenbaukünster wie Gilde-
meister-Bremen oder Migge-Hamburg vollbringen. Hier
merkt man nicht die Absicht, nur Hochmodernes zu schaffen,
und wird nicht verstimmt, sondern genießt die wechselreiche,
bald geschlossene, bald wieder leichtere Anordnung nach
festen künstlerischen Plänen. Migge läßt dem Garten bezw.
Park das Leben; er würde ihn niemals zu einem dachlosen
Gebäude aus Holz und Stein machen, wie es wohl einige
moderne Architekten taten; aber er kämpft auch ebenso
energisch gegen die Regel- und Sinnlosigkeit der malerischen
Gartenlandschaft, die in ihrer verkleinerten Wiedergabe
natürlicher Gebilde diese nur schwächt. Er sagt ganz
richtig in seiner kleinen Schrift, daß Gärten »Räume« seien
■— aber eben Gartenräume. □
□ Man kann an den Entwürfen und Grundrissen beobachten,
wie sich der Künstler in der Nähe des Hauses der Ar-
chitektur anschließt, um so den Garten der Wohnung
wirklich nahe zu bringen, wie er aber in der Entfernung der
Freiheit, bei großen Anlagen dem englischen Gartenstil
Berechtigung zugesteht. Er ist in der Ausnutzung von
Wiesen zu Tummelplätzen (öffentlicher Garten in Fuhls-
büttel) ebenso gesund empfindend wie in der Beachtung
aller kleinen Bequemlichkeitswünsche
beim Hausgärtlein. Indem er aber alle
berechtigten Wünsche des Bestellers
innerhalb eines künstlerischen Gesamt-
raumes zu verwirklichen sucht und
hierin seine Schaffensfreude zeigt, gibt
er sich als Künstler zu erkennen, dem
sich Privatleute wie Stadtgemeinden
gleicherweise anvertrauen können. □
□ Migge ist modern in gutem Sinne,
ein Gartenbaukünstler, wie ihn Muthe-
sius in seiner ruhigen vermittelnden
Art als Kulturträger unserer Zeit
wünscht. Der architektonische Garten
konnte bei ihm zur Tat werden, ohne
daß ein Zwang auffällig wird und ein
Gesetz das Leben unterbindet. Überall
blickt die Liebe für das natürliche
Wachstum der Pflanzen, die Freund-
schaft des Gärtners für seinen Garten
hindurch; aber der Architekt und
Künstler in Migge gibt der Willkür
des Naturliebhabers die richtigen Gren-
zen, ähnlich wie sie im Gesetz der
Benutzbarkeit auch ,für unsere Innen-
architektur besteht. Auch da wo eine
freiere Anlage die Intimität und Freund-
lichkeit des engeren Hausgartens er-
weitert, versteht es Migge, durch Baum-
reihen Geschlossenheit und feste Rah-
men zu schaffen. □
□ Nicht zuletzt ist ihm auch die Be-
reicherung der Farbe und Farben-
gruppierung, ein gewinnbringendes Glied
seiner Gartengestaltung und eines der
besten modernen Kraftmittel, gelungen.
Mit gutem Recht machte er die Her-
stellung von Gartenmöbeln in letzter
Zeit zum Teil seiner Tätigkeit und die
Farbe hierbei zum wechselreichsten
Faktor. Die Farbe allein kann ein
Möbel stets neu und immer wieder
anziehend erhalten. So hat Migge wohl
nicht unrecht, wenn er von dem augen-
blicklich allein seligmachenden »Weiß«
abgeht und teilweise auffallend kräftige

Wegachse auf den Waldteich im Park zu R. in M.
(Eichen mit Azaleen unterpflanzt; im Hintergründe Kastanien)
 
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