EINE FRIEDHOFAUSSTELLUNG IN KÖNIGSBERG
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zu der sich die Städte in friedlichem Wettbewerb
zusammenfanden, war die Städtebau-Ausstellung zu
Berlin 1910, und wie man schon am Titel sieht, war
die Wichtigkeit der Städtebauprobleme, technischer
und künstlerischer Städtebaufragen nun schon an-
erkannt genug, um eine Ausstellung entstehen zu
lassen, die sich in der Hauptsache auf dieses
Gebiet beschränkte; im Mittelpunkt der Berliner
Städtebau-Ausstellung standen ja die in dem Wett-
bewerb Großberlin eingegangenen Arbeiten. Aber
selbst in dieser Beschränkung auf ein bestimmtes
Thema zeigte sich die Fülle von Einzelfragen, die
im modernen Städtebau versteckt liegen, und es
wäre wohl auch zu einer weiteren Spezialisierung
des 1903 in Dresden aufgerollten Gebietes ge-
kommen, wenn nicht Düsseldorf die Gelegenheit
benutzt hätte, einer Ausstellung von Entwürfen zu
einem Bebauungsplan für ein größeres Düsseldorf,
die aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind,
gleich eine Städte-Ausstellung noch anzugliedern.
Nach dem Programm soll sich diese Ausstellung
allerdings auf Rheinland und Westfalen beschränken,
während sich 1903 in Dresden 128 deutsche Städte
beteiligt und 1910 in Berlin nicht nur deutsche,
sondern auch eine große Anzahl ausländischer
Städte sich zur Ausstellung zusammengefunden
hatten; es ist aber stellenweise auch in Düsseldorf
über den provinzialen Rahmen hinausgegriffen und
das ist kein Schade. Aber selbst die program-
matische Beschränkung auf eine Provinz hat es
nicht vermocht die Quantität der Ausstellungs-
gegenstände zu vermindern; es war indessen bei
dieser Beschränkung eher möglich, bestimmte
Einzelfragen um so gründlicher in allen Möglich-
keiten und Variationen darzustellen. — Von den vier Haupt-
gruppen der Ausstellung: Städtebau, Einrichtungen für die
Gesundheit, Einrichtungen für Krankenpflege, Hochbauten,
können für diese Besprechung nur die erste und die letzte
Interesse haben. Die Gruppe Städtebau umfaßt verschie-
dene Unterabteilungen, die ebenfalls nur aufgezählt seien:
Bebauungspläne und Wegekarten, Heimatschutz (Rheinische
und westfälische Städtebilder, Historische Plansammlung),
Platz und Monument (Die Kirche im Städtebilde), Friedhofs-
anlagen, Städtische Grünanlagen, Ballonaufnahmen, Boden-
politik (Bodenkaufspolitik und Aufschließung, Bauordnung
und Bauzonenteilung, Umlegung der Grundstücke, Erb-
baurecht, Wiederkaufsrecht und Rentengutsbildung als
bodenpolitische Mittel, Bodenaufschließung von Bauland
für den Kleinwohnungsbau durch die Industrie, Klein-
wohnungssiedlungen, Bauberatung). Ihnen schließt sich
an eine Abteilung des Bundes deutscher Bodenreformer,
deren Darlegungen im Nebenraum eine Organisation der
Grundbesitzer abzuschwächen sucht. Die Gruppe Hoch-
bauten gliedert die mannigfachen städtischen und überhaupt
öffentlichen Gebäudeanlagen: Rathäuser, Verwaltungsge-
bäude, Schulbauten, Museen, Bibliotheken, Theater, Konzert-
säle, Banken, Markthallen, Schlachthöfe, Badeanstalten,
Gemeindegasthäuser, Kirchen, Synagogen, Friedhofsbauten,
Eisenbahnbauten, Militärbauten, Warenhäuser, Industrie-
bauten und Forsthausbauten. Das ist eine sinnverwirrende
Fülle von verschiedenen öffentlichen Bauaufgaben mit starkem
kunstgewerblichem Einschlag neben dem architektonischen
und städtebautechnischen Interesse, das sie zunächst be-
dingen. Nicht überall, aber doch an den meisten dieser
Anlagen, die hier im Modell oder in der Planung zu sehen
sind, läßt sich erkennen, wie weit die Instanzen, die diese
Hochbauten anzuregen, zu planen und zu schaffen haben,
mit der modernen Bewegung in Architektur und Gewerbe,
in Technik und Hygiene gegangen sind. Natürlich läßt
sich nicht bei allen diesen Darlegungen ein gleicher Maß-
stab anwenden, denn die Voraussetzungen sind nicht überall
gleich; nicht nur finanzielle Unterschiede existieren, sondern
es kommen auch Einflüsse in Betracht, von denen nur der
Einheimische etwas weiß, Widerstände in der Stadtver-
tretung oder in bestimmten Interessentengruppen oder auch
eigenartige Einsprüche, wie z. B. der des katholischen Klerus
gegen die modernen architektonischen Ausdrucksformen
im Kirchenbau. □
n In der ersten Gruppe dürften den Kunstgewerbler be-
sonders interessieren die Abteilungen Heimatschutz, Platz
und Monument und ferner die von einer Anzahl rheinischer
Städte mit gutem Erfolge eingeführte Bauberatung. Na-
türlich sind es in erster Linie architektonische Gesichtspunkte,
nach denen diese Abteilungen geordnet sind, aber wie weit
gerade die Bauberatung in die kunstgewerblichen Berufe
eingreift, das sei mit einigen Worten erläutert. Wenn die
städtische Bauordnung vom Bautechniker und vom Ver-
waltungstechniker gemacht ist, so wird sie in der Regel
nicht viel mehr sein, als ein Paragraphengeflecht. Durch
dessen Maschen kann vor allem der baugewerbliche Schund
schlüpfen, und das ist eine so offenkundige Tatsache, daß
trotz der ausgeklügeltsten Bauordnungen die Stadtbilder
immer schlechter geworden sind, sowohl im Ganzen, als
im Einzelnen — wenn nicht gerade ein tüchtiger Baukünstler
die Hand über einen größeren Baukomplex legen konnte.
Anders wäre die umfassende Bewegung zum Schutze des Orts-
bildes, die überraschend schnell überall zu örtlichen, provinzi-
alen oder staatlichen Gesetzen geführt hat, gar nicht möglich
gewesen. Diese gesetzlichen Maßnahmen zum Schutze
des Orts- oder des Landschaftsbildes, diese Baupflegege-
setze oder wie sie sonst heißen mögen, sind im Grunde
nicht mehr als erweiterte Bauordnungen; sie umspannen
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zu der sich die Städte in friedlichem Wettbewerb
zusammenfanden, war die Städtebau-Ausstellung zu
Berlin 1910, und wie man schon am Titel sieht, war
die Wichtigkeit der Städtebauprobleme, technischer
und künstlerischer Städtebaufragen nun schon an-
erkannt genug, um eine Ausstellung entstehen zu
lassen, die sich in der Hauptsache auf dieses
Gebiet beschränkte; im Mittelpunkt der Berliner
Städtebau-Ausstellung standen ja die in dem Wett-
bewerb Großberlin eingegangenen Arbeiten. Aber
selbst in dieser Beschränkung auf ein bestimmtes
Thema zeigte sich die Fülle von Einzelfragen, die
im modernen Städtebau versteckt liegen, und es
wäre wohl auch zu einer weiteren Spezialisierung
des 1903 in Dresden aufgerollten Gebietes ge-
kommen, wenn nicht Düsseldorf die Gelegenheit
benutzt hätte, einer Ausstellung von Entwürfen zu
einem Bebauungsplan für ein größeres Düsseldorf,
die aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind,
gleich eine Städte-Ausstellung noch anzugliedern.
Nach dem Programm soll sich diese Ausstellung
allerdings auf Rheinland und Westfalen beschränken,
während sich 1903 in Dresden 128 deutsche Städte
beteiligt und 1910 in Berlin nicht nur deutsche,
sondern auch eine große Anzahl ausländischer
Städte sich zur Ausstellung zusammengefunden
hatten; es ist aber stellenweise auch in Düsseldorf
über den provinzialen Rahmen hinausgegriffen und
das ist kein Schade. Aber selbst die program-
matische Beschränkung auf eine Provinz hat es
nicht vermocht die Quantität der Ausstellungs-
gegenstände zu vermindern; es war indessen bei
dieser Beschränkung eher möglich, bestimmte
Einzelfragen um so gründlicher in allen Möglich-
keiten und Variationen darzustellen. — Von den vier Haupt-
gruppen der Ausstellung: Städtebau, Einrichtungen für die
Gesundheit, Einrichtungen für Krankenpflege, Hochbauten,
können für diese Besprechung nur die erste und die letzte
Interesse haben. Die Gruppe Städtebau umfaßt verschie-
dene Unterabteilungen, die ebenfalls nur aufgezählt seien:
Bebauungspläne und Wegekarten, Heimatschutz (Rheinische
und westfälische Städtebilder, Historische Plansammlung),
Platz und Monument (Die Kirche im Städtebilde), Friedhofs-
anlagen, Städtische Grünanlagen, Ballonaufnahmen, Boden-
politik (Bodenkaufspolitik und Aufschließung, Bauordnung
und Bauzonenteilung, Umlegung der Grundstücke, Erb-
baurecht, Wiederkaufsrecht und Rentengutsbildung als
bodenpolitische Mittel, Bodenaufschließung von Bauland
für den Kleinwohnungsbau durch die Industrie, Klein-
wohnungssiedlungen, Bauberatung). Ihnen schließt sich
an eine Abteilung des Bundes deutscher Bodenreformer,
deren Darlegungen im Nebenraum eine Organisation der
Grundbesitzer abzuschwächen sucht. Die Gruppe Hoch-
bauten gliedert die mannigfachen städtischen und überhaupt
öffentlichen Gebäudeanlagen: Rathäuser, Verwaltungsge-
bäude, Schulbauten, Museen, Bibliotheken, Theater, Konzert-
säle, Banken, Markthallen, Schlachthöfe, Badeanstalten,
Gemeindegasthäuser, Kirchen, Synagogen, Friedhofsbauten,
Eisenbahnbauten, Militärbauten, Warenhäuser, Industrie-
bauten und Forsthausbauten. Das ist eine sinnverwirrende
Fülle von verschiedenen öffentlichen Bauaufgaben mit starkem
kunstgewerblichem Einschlag neben dem architektonischen
und städtebautechnischen Interesse, das sie zunächst be-
dingen. Nicht überall, aber doch an den meisten dieser
Anlagen, die hier im Modell oder in der Planung zu sehen
sind, läßt sich erkennen, wie weit die Instanzen, die diese
Hochbauten anzuregen, zu planen und zu schaffen haben,
mit der modernen Bewegung in Architektur und Gewerbe,
in Technik und Hygiene gegangen sind. Natürlich läßt
sich nicht bei allen diesen Darlegungen ein gleicher Maß-
stab anwenden, denn die Voraussetzungen sind nicht überall
gleich; nicht nur finanzielle Unterschiede existieren, sondern
es kommen auch Einflüsse in Betracht, von denen nur der
Einheimische etwas weiß, Widerstände in der Stadtver-
tretung oder in bestimmten Interessentengruppen oder auch
eigenartige Einsprüche, wie z. B. der des katholischen Klerus
gegen die modernen architektonischen Ausdrucksformen
im Kirchenbau. □
n In der ersten Gruppe dürften den Kunstgewerbler be-
sonders interessieren die Abteilungen Heimatschutz, Platz
und Monument und ferner die von einer Anzahl rheinischer
Städte mit gutem Erfolge eingeführte Bauberatung. Na-
türlich sind es in erster Linie architektonische Gesichtspunkte,
nach denen diese Abteilungen geordnet sind, aber wie weit
gerade die Bauberatung in die kunstgewerblichen Berufe
eingreift, das sei mit einigen Worten erläutert. Wenn die
städtische Bauordnung vom Bautechniker und vom Ver-
waltungstechniker gemacht ist, so wird sie in der Regel
nicht viel mehr sein, als ein Paragraphengeflecht. Durch
dessen Maschen kann vor allem der baugewerbliche Schund
schlüpfen, und das ist eine so offenkundige Tatsache, daß
trotz der ausgeklügeltsten Bauordnungen die Stadtbilder
immer schlechter geworden sind, sowohl im Ganzen, als
im Einzelnen — wenn nicht gerade ein tüchtiger Baukünstler
die Hand über einen größeren Baukomplex legen konnte.
Anders wäre die umfassende Bewegung zum Schutze des Orts-
bildes, die überraschend schnell überall zu örtlichen, provinzi-
alen oder staatlichen Gesetzen geführt hat, gar nicht möglich
gewesen. Diese gesetzlichen Maßnahmen zum Schutze
des Orts- oder des Landschaftsbildes, diese Baupflegege-
setze oder wie sie sonst heißen mögen, sind im Grunde
nicht mehr als erweiterte Bauordnungen; sie umspannen
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