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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Januarheft
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Schweinfurth, Philipp: Das unsterbliche Griechenland, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0259

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besitzt, halten in einer Zeit, die an die frühgriechische
heranreicht, diese Tradition aufrecht. Daß der kultu-
relle Einfluß Ägyptens im gesamten Mittelmeergebiet
weit stärker war als wir gemeinhin annehmen, haben
u. a. die neuesten Funde von Byblos gezeigt. Aber an-
dererseits geben all diese ägyptischen Vorstufen doch
bei weitem keine genügende Erklärung ab für das Phä-
nomen des griechischen Genius. „Ein ganzes Volk griff
damals Schattierungen auf, die heute unseren besten
Kennern entgehen“, die Worte Renans kommen einem
in den Sinn, wenn man den delphischen Wagenlenker
betrachtet. Die Sprödigkeit dieser Bronze schließt un-
erschöpfliche Qualitäten ein.

Neben den verhaltenen Kalathiskostänzerinnen, die
gewiß noch einer früheren Zeit angehören, sind die Fi-
guren vom Votive des Daochos blendendes viertes Jahr-
hundert. Aber dieses vierte Jahrhundert ist weder
Praxiteles noch Lysipp, sondern eine neue Art der gro-
ßen Gattung. Bourguet hat ftir den Agias das richtige

Im Gegensatz zu dem mannigfaltigen Leben auf der
Stätte von Delphi herrschte Schweigen und Einsamkeit
in Olympia. Das Rauschen der Kiefern beim Betreten
der Altis und am Heratempel bleibt unvergeßlich. Viel-
mals umschreitet man den Zeustempel, um ihn im Geiste
wieder aufzurichten. Aucli im Museum ist man allein.
Dort regen sich mächtig alle Energien des Daseins in
den vielumstrittenen Giebelgruppen, und in seinem Saal
lebt der praxitelische Gott, diese umfassendste Kon-
zentration hellenischer Weisheit, das mystische Leben
der großen Werke der Kunst, von denen Wilde sagt,
daß sie eine Seele liaben, während die Menschen seelen-
los sind. In den Seitenräumen des Museums von Olym-
pia sind die Bestände, besonders die Architekturfrag-
mente, zu gedrängt aufgestellt, und die diesbezüglichen
Klagen von Fachgelehrten, die hier ihre Studien machen
wollen, gewiß berechtigt.

Die im Laufe der letzten Jahre in wiederholten
Kampagnen von der englischen Schule in Athen unter

Attisches Weih-
relief, 2 H. d.

V. Jahrh., Athen,
Nationalmuseum

Wort gefunden: „un type saisissant d’animal humain“.
Diese Gestalten grenzen an Brutalität, sind aber
packend vorgetragen. Echte Alexanderzeit. Diesen
Zug müssen die Makedonier in die griechische Kunst
hineingetragen haben. Die Basis des letzten Makedo-
nierkönigs, auf die der Römer Paulus Aemilius schließ-
lich seinen Namen setzte, steht im selben Raum. In
einem der besten Bücher die über Griechenland ge-
schrieben worden sind, in Löher’s Küstenfahrten (Franz
v. Löher, Griechische Küstenfahrten, Velhagen und
Klasing, 1'876) ist gelegentlich der Beschreibung von
Samothrake das Ende des Königs Perseus in meister-
haft shakespearischer Stilisierung erzählt.

Zur Zeit meines Aufenthalts beendete in Dclphi
M. Demangel von der französischen Schule seine Gra-
bungen in der Marmaria, wo er eine mykenische Schicht
aufgedeckt hat. Auch der dorische Athenatempel der
Marmaria, unter dem eine Ecke älteren Mauerwerks zu-
tage getreten ist, ist neuerdings von demselben Gelehr-
ten vermessen und zusammen mit dem russischen Ar-
chitekten Iuri Formin aufgenommen worden.

der Leitung ihres Direktors Mr. A. I. B. Wace durchge-
führte erneute Untersuchung der Stätte von Mykene hat
zu archaeologischen Resultaten von hoher Bedeutung
geführt. Von der englischen Expedition ist hier ein
großes Kuppelgrab neu entdeckt und freigelegt worden.
Außerdem wurden bisher gegen zwanzig Kammer-
gräber aufgedeckt und die Reste des älteren Palastes
auf der mykenischen Akropölis neu erforscht. Von
Wichtigkeit ist ferner der Umstand, daß die reiche Aus-
beute der meist aus den Kammergräbern stammenden
Gefäße und Gefäßscherben hierbei zum ersten Mal nach
dem neuen System der vorgeschichtlichen Festland-
keramik klassifiziert worden ist, dessen Programm von
Wace und Blegen irn XXII. Jahresbericht des Eng-
lischen Instituts niedergelegt ist (Aunual of the British
School at Athens XXII, p. 175 ff. Thepre-mycenaean
pottery of the mainland). Zur Aufstellung dieses Sy-
stems haben die Arbeiten einer amerikanischen Expe-
dition, die vor einigen Jahren in der Nähe von Korinth,
am Meer, 1 km östlich vom Lechaion, reichhaltige Über-
reste mykenischer Stationen aufgedeckt hat, viel beige-
 
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