Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 16.1973

DOI issue:
Nr. 3
DOI article:
Schönberger, Otto: Warum Latein und Griechisch auf der Kollegstufe?
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33067#0099

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Zugleich ist mit dem L- und Gr-Unterricht eine Schulung des historischen
Urteils verbunden; die gut überschaubaren antiken Geschichtsabläufe ermög-
lichen einen Einblick in historische Gesetzmäßigkeiten und Vorgänge.
Ebenso lernt man in den antiken Literaturwerken meist die Prototypen ver-
schiedener europäischer Literaturgenera kennen.
So zeigt sich deutlich, daß die Wahl eines Gr- oder L-Kurses auch für viele
andere Berufe von Nutzen sein kann, etwa für den Beruf eines Journalisten
oder Kunsthistorikers.

4. Das „humanistische Anliegen“
Die bisher genannten Lernziele sind zwar wichtig; an Bedeutung übertroffen
werden sie aber vom „humanistischen Aspekt“ des L- und Gr-Unterrichts. Hier
werden viele der wichtigsten Fragen des antiken und modernen Menschen be-
handelt: Die Probleme des Schicksals (Oidipus), der individuellen Lebensge-
staltung (Seneca), der philosophischen Höchstwerte (Cicero), des Widerstandes
gegen die Staatsgewalt (Sophokles), des ethischen Relativismus (Platon), des
besten Staates (Platon, Aristoteles, Cicero), des philosophischen Idealismus
(Platon), der Demagogie (Platon, Gorgias), des Lebens unter einem Despoten
(Tacitus), der rationalen Wissenschaft (Vorsokratiker) usw. Vielfach wurden
diese Fragen im Altertum zuerst aufgeworfen und treten mit hoher Klarheit vor
das Auge des Lesers.
Solche Fragen müssen wir alle in unserem Leben angehen und zu lösen ver-
suchen. Für diese Tätigkeit den Blick zu öffnen und den Geist zu schulen, ist der
Hauptzweck des L- und Gr-Unterrichts.

5. Latein und Griechisch als „Mehr zweck jacher“
So verstehen sich L und Gr nicht als „spezielle Vorbereitung“ auf ganz be-
stimmte Berufe. Sie sind Mehrzweckfächer und zielen auch die „Mehrzweck-
tauglichkeit“ des Individuums an. Sie können auch für die kommende Freizeit-
gesellschaft von Nutzen sein und einen Ausgleich gegenüber mancher Einseitig-
keit bieten.

6. Was wird nun verlangt? Wie kann man sich vorbereiten?
Arbeiten Sie im Unterricht gut mit, wiederholen Sie die Wortkunde und die
Grammatik! Dazu kann man die „Res Romanae“ und die „Hellenika“ durch-
lesen und die eine oder andere Übersetzung eines antiken Textes genau lesen,
besonders die „Aeneis“ Vergils und Homers „Odyssee“, die leider in unserem
Unterricht oft zu knapp wegkommen.
Die Anforderungen in den Klausuren sind zu bewältigen. Sie sollten aber
in der 11. Klasse im Zwischenzeugnis eine Note zwischen 1 und 3 in L oder Gr

13
 
Annotationen