Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0070

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
6. Schlüssel - Schwerter - Schädel. Petrinische Embleme und Symbole

69

Alexander II. (1061-73), die Szene dieser Übergabe in ihren Siegeln dar.293 Analog
dazu zeigte Stephan IX. (1057-58) zwischenzeitlich den Auftrag Jesu an Petrus,
seine Lämmer zu weiden (Johannes 21, 15-17).294 Anstelle einer imago ist jeweils
eine historia dargestellt.295 Wichtiger als das Bild des Heiligen ist die Darstellung
seiner Schlüssel. Legitimität schafft in diesem Fall also weniger die Stellvertre-
tung Petri an sich, sondern die von Christus verheißene Schlüsselübergabe.
Ein Schwert, und zwar eine handfeste Waffe, kein gladius spiritualis296, führte
Petrus laut biblischem Bericht mit sich: Laut Johannes 18, 10 schlug er vor der
Festnahme Jesu zu dessen Kreuzigung Malchus, dem Knecht des Hohepriesters
Kajaphas, das rechte Ohr ab. Papst Gregor VII. kündigte an, dieses Schwert Petri
(beati Petri gladium) notfalls persönlich gegen den spanischen König erheben zu
wollen.297 Eben dieses Schwert wurde im spätmittelalterlichen Bremen als Reli-
quie verehrt.298 Nach Lukas 22, 38 zeigte man Jesus zwei Schwerter. Die Kom-
bination beider Bibelstellen - und nicht allein der in der modernen Forschung
vielfach isoliert betrachtete Rekurs auf die Lukas-Passion - bildete die ent-
scheidende Grundlage der hochmittelalterlichen Zwei-Schwerter-Lehre.299 An-
sätze zeigen sich bereits bei Gregor VII.300 Bildliche Darstellungen dieses
Schwertes Petri, dann gern an der Seite des traditionellen Schwertes des Paulus,
sind aber selten und kommen offenbar erst im Spätmittelalter auf.301
Schließlich spielen die Schädel der Apostelfürsten nicht nur in Form der
genannten Reliquien, der ccipitci, eine entscheidende Rolle, sondern auch als
Embleme. Dies gilt bereits für den spätestens seit dem 11. Jahrhundert quellen-
mäßig greifbaren Ort ihrer Verwahrung: die Kapelle Sancta Sanctorum. Deren
Innenwände zieren nach spätantiken Vorbildern Brustbilder des Apostels Pe-
trus.302 Die päpstlichen Siegel zeigen zunächst unter dem Gegenpapst Benedikt

293 Groten, Die gesichtslose Macht, S. 206-217 (mit Lit. und Abbildungen). Zur ursprünglichen
Verwendung der Papstsiegel des Frühmittelalters als Sekretsiegel s. überzeugend Fees, Zur Be-
deutung des Siegels; zu weiteren Forschungsdesideraten s. auch dies., Äußere Merkmale, S. 25 f.
294 Ebd. S. 213 mit Abb. 5 (S. 214).
295 Ebd. S. 2061. und 213.
296 Zum gladius spiritualis als geistliche Waffe, die der Klerus vor allem durch das Mittel der Ha-
giographie einsetzte, s. Coue, Hagiographie im Kontext, S. 22 mit Anm. 103.
297 Gregorii VII. registrum, hg. von Caspar, Bd. 2, S. 520; Vones, Päpstlicher Legat, S. 345 mit Anm. 43.
Zum neuen Verhältnis Gregors VII. zum Einsatz von Waffen allgemein s. Althoff, Päpste und
Gewalt, sowie nach wie vor Suchan, Macht verschafft sich Moral?, zusammenfassend S. 31-33.
298 Vgl. oben Anm. 284 und ausführlich unten Kapitel Il.la.
299 Vgl. Mikat, Art. Zweischwerterlehre; Goez, Art. Zwei-Schwerter-Lehre; ferner Schieffer, Art.
Zweigewaltenlehre. S. zu diesem Zusammenhang ausführlich Bölling, Die zwei Körper des
Apostelfürsten, S. 184f.
300 Vgl. Cowdrey, Pope Gregory VII, S. 611 f.
301 Vgl. etwa das Bremer Stadtsiegel von 1366, das bis 1866 in Gerbauch blieb (Lohmann, das Bremer
Wappen, S. 22, Abb.). Noch Raffaels Darstellung der beiden Apostelfürsten in der Stanza di
Eliodoro des Apostolischen Palastes im Vatikan zeigt Petrus und Paulus jeweils mit einem
Schwert bewaffnet - als Zeichen ihres himmlischen Beistandes für Papst Leo I., der durch seinen
Segen den anstürmenden Hunnenfürsten Attila zurückdrängt.
302 Vgl. Wollesen, Sancta Sanctorum, S. 31, Abb. 8 (im Vergleich zu Alt-St. Peter, ebd., Abb. 10, ferner
zu Santi Cosma e Damiano, S. 35, Abb. 18); vgl. hingegen San Francesco in Assisi, wo Petrus und
 
Annotationen