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Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0299

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298

IV. Nebenpatronate und Heiligenkulte der sächsischen Petrus-Kathedralen

wohl zeitglich erworbenen Reliquien wurden spätestens seit dem frühen
13. Jahrhundert an der Seite von Hermagoras und Prokopios verehrt.
Auf Petrus selbst verweisen auf je eigene Art sowohl Hermagoras als auch
Prokopios, die schon früh liturgisch nachweisbar sind.1625 Hermagoras wird im
ältesten Nekrolog als Bischof und Märtyrer bezeichnet und in der Neufassung
von 1343 dann ausdrücklich als jener hoch verehrte Patriarch von Aquileia
identifiziert - eingesetzt von Petrus selbst in der Nachfolge des Evangelisten
Markus.1626 Prokopios von Skythopolis soll sowohl nach griechisch-byzantini-
scher als auch lateinisch-osnabrücker Tradition ein Quo-vadis-Erlebnis gehabt
haben wie Petrus, mit dem Unterschied, dass hier der Gekreuzigte selbst fragt
und nicht sein flüchtender Schüler: „Die Stimme vom Kreuze her rief: Jüngling,
wohin gehst du? Ich bin Jesus, der gekreuzigte Sohn Gottes."1627 Die Selbstof-
fenbarung „Ich bin Jesus, der gekreuzigte Sohn Gottes" greift Jesu Worte der
Quo-vadis-Legende auf: „Ich gehe nach Rom, um noch einmal gekreuzigt zu
werden." Zugleich erinnert sie an das Damaskus-Erlebnis des Paulus: „Ich bin
Jesus von Nazareth, den du verfolgst."
Die Reliquien des Hermagoras könnten im 11. Jahrhundert unter Patriarch
Poppo von Aquileia, der von Kaiser Konrad II. das Münzrecht für Aquileia erbat,
nach Imbshausen im Leinegau gebracht worden sein, wovon einzelne Partikel
dann nach Paderborn und Osnabrück gelangten.1628 Für die des Prokopios ist ein
ähnlicher Weg denkbar.
Von allen drei Crispin und Crispinian ergänzenden Nebenpatronen zeigt vor
allem Regina enge Verbindungen mit anderen sächsichen Kirchen, Klöstern und
Stiften, namentlich Gandersheim.1629 Dort bildet sie zusammen mit Margaretha
und Magdalena eine Dreiergruppe.1630 Sie hatte demnach in Gandersheim in
etwa jene Stellung, die Sophia zusammen mit diesen Heiligen in Minden ein-
nahm. Für Osnabrück bedeutet dies zum einen, dass dieser Bischofssitz die in
Sachsen beliebten Heiligen aufnahm, ohne in Konkurrenz zu den wichtigsten
sächsichen Reliquien zu treten, wie etwa die der Sophia und des Gorgonius in
Minden, aber auch die des Kosmas und Damian in Bremen. Diese Heiligen
kommemorierte man gleichwohl im Kalendar, solidarisch statt wetteifernd: die
Bremer Ansgar sowie Kosmas und Damian am 3. Februar beziehungsweise am
27. September,1631 den Mindener Gorgonius am 9. September sowie Abundus am
26. August,1632 und den Naumburger Hermes am 28. August,1633 aber auch
Heilige anderer Bistümer, etwa den Paderborner Patron Liborius am 23. Juli.1634
Zum anderen schmückte sich Osnabrück mit seltenen, orientalischen Heiligen,

1625 Vgl. Kraienhorst, Die Heiligen des Osnabrücker Reginenschreines, S. 104 mit Anm. 51.
1626 Ebd. S. 104 mit Anm. 52.
1627 Ebd. S. 105 mit Anm. 65 f.
1628 Dubois, Eine Darstellung des Heiligen Hermagoras, S. 136 mit Anm. 8.
1629 S. dazu ausführlich Popp, Der Schatz der Kanonissen, S. 82-92.
1630 Vgl. ebd.
1631 Meyer, Calendarium et necrologium, S. 32 und 158.
1632 Ebd. S. 154 (Gorgonius) und S. 143 (Abundus).
1633 Ebd. S. 144.
1634 Ebd. S. 125.
 
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