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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 3
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Wolter, Franz: Franz v. Lenbachs Maltechnik [1]
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Vermischte Nachrichten
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12

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 3.

Er war schon, wie er sagte, in Augsburg darauf-
gekommen: „dass die Leuchtkraft der Farben der
alten Meister einer Farbe zuzuschreiben sei, die
möglichst frei von öligen Bestandteilen sein
müsse," — „die niederträchtigste Eigenschaft der
Oelfarbe, die materielle Schwere, das Anstrich-
mässige," sagte Lenbach, „hat die Tempera
nicht". — „Aber gerade bei der Temperamalerei
kommt es auf eine sichere, genaue Zeichnung
an, je präziser sie vorher gemacht ist, je leichter
wird man alsdann mit der Alalerei fertig. Die
Alten haben dies ja auch so gemacht, man kann
oft, wie bei Dürer, die Zeichnung in der liebe-
vollsten Durchführung unter der Malerei noch
erkennen." Auf meine Frage, wie er die Photo-
graphie benütze, sagte er, als ich auf einen Kar-
ton hinwies, auf dem von einer Dame in kaum
merklich differenzierten Stellungen vielleicht zehn
Photos aufgeklebt waren: „Ich habe die Figur,
und so mache ich es immer, zuerst nach der
Natur aufgezeichnet und dann die Bewegung
photographieren lassen. Man muss aber mit Hilfe
der Photographie immer hinzudichten."
Ein andermal zeigte mir Lenbach einige
seiner alten „Versuchstafeln". Wir besprachen
nun all' die Einzelheiten, die hier gleich einem
buntfarbigen Teppich vor uns lagen, Blumen,
Landschaften, kleine Porträtköpfe, Studien nach
den alten Meistern, wie sie der Zufall und die
künstlerische Laune zusammengefügt hatte. „Ge-
rade diesen Lüster, diesen Schmelz, habe ich,"
sprach Lenbach, „durch Aquarell oder Tempera
erreicht. Am Ende ist beides dasselbe, denn wir
wissen ja heute gar nicht mehr, was eigentlich
Tempera ist, und den vielen Fabrikaten ist auch
nicht immer zu trauen. Vor allen Dingen muss
der Maler wissen, was in der Farbe für Binde-
mittel enthalten sind." Nachdem ich auf Len-
bachs Wunsch meine Ergebnisse mit einer selbst
verfertigten Tempera und trockenen Farbe ge-
zeigt hatte, die ihm sehr gefielen, ergriff nun
seinerseits der Meister schnell eine mit hell-
grauer Kreide präparierte Pappe, zog mit einem
harten Zeichenstift in wenigen aber präzisen
Zügen einen Bismarckkopf hin. Dann ergriff er
einen grösseren Borstpinsel und strich mit einer
graubraunen Temperafarbe leicht über die ganze
Zeichnung dünn hin, diese eben durchscheinen
lassend; dann eilte er in seine in der Ecke des
Ateliers befindliche Materialienkammer, erschien
mit einer frischen Palette von Temperafarben
und malte nun in den noch nassen Grund un-
vermittelt, mit fast ungebrochenen Tönen hinein,
immer den Untergrund benützend. Als ich ihn
frug, ob bei dieser helleren Untermalung er ab-
sichtlich so zu Werke gehe, sagte er: „Ganz be-
rechnend, denn bei helleren Tönen der Unter-
malung kann ich ja leichter später die Farbe
steigern und grössere Effekte erzielen, auf einer

stumpferen Unterlage geht das viel schlechter."
Bald sah die begonnene Malerei aus wie ein
breit hingesetztes Mosaik. „So glaube ich," fuhr
Lenbach fort, „wird auch Tizian in der ersten
Anlage vorgegangen sein." Als nun diese Skizze
bald einschlug und anscheinend aufgetrocknet
war, überzog der Meister mit einem Oelfirnis,
der etwas Copaiva enthielt, die ganze Malfläche
und zog mit Mussini-Oelfarben, die geringst mög-
liche Menge anwendend, lasierend, hier die Farb-
flecke zusammen, dort höhte er wieder mit et-
was Farbe stärker, tupfte bisweilen mit dem Dau-
men oder dem Zeigefinger in die nasse Farbe
und zog so den Fleischton ganz zart an einzelnen
Stellen in den Hintergrund hinein. Dieses ganze
Verfahren ging so schnell von statten, dass in
verhältnismässig kurzer Zeit eine vorzügliche
Skizze fertig und der ganze Weg ihrer Entstehung
klar gezeigt wurde. Nun war diese eine Mal-
weise, die Lenbach angewandt hatte, die ich so-
wohl vom rein maltechnischen als chemischen
Standpunkte aus für eine ganz vortreffliche halte,
nicht immer dieselbe.
(Schluss folgt.)
Vermischte Nachrichten.
Mumienbraun.
Bekanntlich wird aus altägyptischen Mumien
ein asphaltähnlicher, der Hauptsache nach aus
Asphalt bestehender Farbstoff hergestellt. Wie
es scheint ist diese Farbe, als Mumienbraun
oder Mumiin bezeichnet, auf den Aussterbeetat
gesetzt, denn wie aus London berichtet wird,
macht sich ein mangelndes Angebot bemerkbar.
Eine Fachzeitschrift auf diesem Gebiete brachte
kürzlich eine Annonce, dass Mssrs. O'Hara and
Hoar, Farbenimporteure, gern eine gut erhaltene
Mumie für einen annehmbaren Preis kaufen wür-
den; das Alter soll nicht 2000 Jahre übersteigen,
das Geschlecht ist anscheinend gleichgültig. Mr.
Hoar erklärte nun dem Vertreter eines englischen
Blattes, dass bis jetzt sich niemand darauf ge-
meldet hätte, und dass sie noch ohne Mumie
wären. Der Vertreter einer anderen Farbenfabrik
erklärte, dass Mumien einen grossen Handels-
wert haben. Wenn sie richtig zerrieben sind,
geben sie eine reiche hellbraune Farbe, die bei
den Künstlern sehr beliebt ist. Seit einigen Jahren
seien menschliche Mumien auch durch mumi-
fizierte Katzen ersetzt worden, die eine sehr gute
Farbe gäben. Köpfe kosten 50 Pfg. bis I Mk.
das Stück. Der Körper ist gewöhnlich so zer-
fallen, dass er pfundweise verkauft wird. Diese
Firma hat seit einigen Jahren keine menschliche
Mumie mehr gebraucht. „Die letzte, die wir
hatten, war eine ägyptische Frau," sagte der Ver-
treter. „Sie war noch nicht 2100 Jahre alt und
gab ein sehr schönes Braun."
 
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