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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 6
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Einiges über Moritz von Schwinds Maltechnik
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F., C.: Düsseldorfer Interview [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0027

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Nr. 6.

Münchner kunsttechnische Biätter.

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sogar, wenn sie noch zu stark ausgefalten sind, die-
setben mit einem reinen Leinwandiäppchen entfernen
oder verwischen. Dies aiies muss mit der grössten
Sorgfalt geschehen. Die Empfindung für das Rechte
und Richtige spielt dabei eine Hauptrolle i
Von den alten Meistern — Deutschen, Nieder-
ländern und Italienern — sind die trockenen La-
suren fast stets angewendet worden. Wenn dann
später beim ungeschickten Reinigen derartiger Oel-
gemälde diese Lasuren entfernt worden sind, ist da-
mit auch stets jener eigenartige Zauber verschwun-
den, der bei unberührten Bildern so wunderbar
wirkt. Wie gar manch! köstliches Werk unserer
grossen Vorvordern durch ungeschickte Behandlung
verdorben worden, ist ja längst bekannt."*)
Düsseldorfer Interview.
(Fortsetzung und Schluss.)
-—- Daraus wird Ihnen gewiss niemand einen
Vorwurf machen und fast jeder Maler hat seine be-
sonderen Malmittel, die er beim Malen selbst den
Farben zumischt, wenn er es für geeignet erachtet.
Noch etwas möchte ich fragen: Unsereines muss
auch darauf ausgehen, sein Material möglichst be-
herrschen zu lernen und deshalb ist es vielen un-
verständlich, warum die grossen Fabriken immer
neue Farben auf den Markt bringen; die Zahl der
Farben wird immer vermehrt und die Auswahl des-
halb nur noch erschwert. In Ihren Listen sind jetzt
bald 400, sage vierhundert, verschiedene Farben
notiert und was noch verwirrender wirkt, es finden
sich darunter die gleichen Farben auch unter drei
oder vier verschiedenen Namen! Was soll dies denn
für einen Zweck haben?
„Darauf will ich Ihnen ganz offen antworten:
Wir sind zunächst Kaufleute und müssen für alle
Bedürfnisse vorrätige Farben haben. Wir haben
unsere Kundschaft nicht nur unter den Künstlern,
sondern auch unter den zahlreichen Dilettanten,
Kunstgewerbetreibenden und nicht nur im Inland,
sondern auch im Ausland. Wir liefern nach Russ-
land ebenso wie nach England und Amerika; wenn
wir z. B. den polnischen Künslern nicht ihr gewohntes
»Siemiradski-BlaUK oder »Mateyko-Rot« liefern, dann
kaufen sie uns auch unser Kremserweiss nicht ab
und gehen zu irgend einem polnischen Farbenkrämer.
Manche Künstler sind gewohnt, mit Smaragdgrün
zu malen und verlangen diese Farbe immer wieder,
während andere die nämliche Farbe nur unter einer
anderen Bezeichnung, z. B. Mitisgrün, Vert Paul Ve-
ronése, kennen."
— Sie berühren damit tatsächlich einen sehr
wunden Punkt, nämlich die Verwirrung, die durch

*) In der anlässüch der roo. Geburtstagsfeier veran-
staitenden Aussteifung Schwind'scher Werke im Ausstellungs-
gebäude am Königsplatz zu München fiel die wunderbare
tadellose Erhaltung des Gemäldezyklus „Aschenbrödel" ganz
besonders auf.

die zahlreichen Synonyme für ein und dieselbe Farbe
entstehen muss. Dazu kommt noch, das viele Maler
nur die französischen oder englischen Etiketten-
namen kennen und diesen gemäss immer verlangen.
Wäre es da nicht gleich besser, überall die che-
mische Zusammensetzung anzugeben, wie dies schon
wiederholt vorgeschlagen wurde?
„Ganz im Gegenteil! Die wenigsten Künstler
sind darin so bewandert, dass sie hieraus Vorteil
ziehen könnten. Die chemische Zusammensetzung
unserer Farben findet sich übrigens in unserer Farben-
liste verzeichnet, wo jeder sich darüber informieren
kann."
— Sie werden mir aber zugeben, dass die
enorm grosse Auswahl der jetzigen Farbenarten für
den Künstler nur Nachteile im Gefolge hat. Nehmen
Sie nur die verschiedene Mischbarkeit. Kein
Künstler weiss mehr genau, welche Farben sich mit
anderen vertragen oder welche miteinander ohne
Gefahr des späteren Veränderns gemischt werden
können. Sie werden doch zugeben, dass es für den
gewissenhaften Künstler von der allergrössten Wich-
tigkeit ist, darüber aufs genaueste unterrichtet zu sein !
„Ganz gewiss, aber das ist doch nicht Sache
des Fabrikanten, sondern der Akademien und Kunst-
schulen. Dort sollte genau gelehrt werden, wie und
welche Farben gemischt werden dürfen. Wir können
doch nicht dem Künstler in derlei Dingen Unter-
richt erteilen, da dies ausser unserer Sphäre läge."
-— Darüber kann man verschiedener Ansicht
sein. Wenn die Akademien bestimmen würden, mit
welchen Farben gemalt werden soll, dann hätten
Sie recht. So aber werden jährlich Farben mit neuen
Namen von den Fabrikanten eingeführt und die
Chemiker beschenken uns mit einer Fülle von präch-
tigsten Nüancen, über deren Dauer und Mischbar-
keit mit anderen Farben nicht genügende Erfah-
rungen gemacht worden sind. Ueberdies scheint
auch darüber nicht volle Klarheit zu herrschen, welche
chemische Wirkung die Farben aufeinander ausüben,
oder vielmehr, die Erfahrung des einen stimmt nicht
immer mit der des anderen überein. So z. B. wird
vor der Mischung von Zinnober mit Bleiweiss ge-
warnt, da der Schwefel des Zinnobers mit dem Blei
eine schwarze Verbindung, nämlich Schwefelblei,
bilde. Meine Versuche mit sechs verschiedenen Zin-
nobern diverser Fabriken widersprechen dieser An-
sicht. Aehnlich ging es mir mit Vermischungen von
Cadmium mit Schweinfurtergrün, das sich nach der
Theorie mit schwefelhaltigen Farben nicht mischen
lasse, ohne schwarz zu werden.
„Die hier vorliegenden Differenzen sind leicht
geklärt. Wenn Sie nämlich irgend einen käuflichen
Zinnober mit Oel verreiben und Bleiweiss dazu
mischen, dann mag wohl ein Schwarzwerden der
Mischung eintreten, weil der künstlich hergestellte
Zinnober zumeist noch freien Schwefel enthält. Der
gewissenhafte Farbenfabrikant wird es niemals unter-
lassen, den Zinnober zu reinigen, bevor er ihn zu
 
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