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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 12
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Ostwald, W.: Die Technik der Malerei
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Trillich, Heinrich: Die gelben Farben
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0062

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58

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 12.

Bild doch auf die Dauer wesentlich „umgestimmt",
und der Künstler hat wieder die Zukunft der Gegen-
wart geopfert.
Gibt es denn hiergegen kein Mittel? Gegen
das Gelbwerden des alten Oels weiss ich keins.
Aber man kann die Sache allgemeiner anfassen und
fragen: gibt es denn keine Technik, die jenen Vor-
zug der Oelfarbe, dass die augenblickliche Erschei-
nung auch die bleibende ist, ohne deren Nachteile
besitzt? Ueberlegt man, dass das Bindemittel im Fall
der Oelfarbe wie auch im Fall der andern Verfahren
die Ursache ihrer Nachteile ist, so kommt man zu
dem radikalen Schluss: wäre es möglich, ohne Binde-
mittel zu malen, so hätte man auch die ideale
Technik. 1st das nun möglich?
Die Antwort ist: ja. Es gibt eine bindemittel-
freie Technik, das Pastell. Und betrachtet man
Pastellbilder, die mehrere Jahrhunderte alt sind, so
zeigen sie sich völlig frei von allem Galerieton und
erscheinen in vollkommener Farbfrische. Bekannt-
lich besteht diese Technik darin, dass man mittels
trockener Farbkreiden das Bild herstellt; es haftet
darum nur locker auf seiner Unterlage und muss
durch Glas geschützt werden. 1st dies aber ge-
schehen, so gibt es in der Tat keine dauerhaftere
Technik, falls nur dauerhafte Farben benutzt worden
sind, deren es eine ganz genügende Auswahl gibt.
Dabei hat der Künstler die grösste Freiheit der Ar-
beit; er kann jede Partie, die er anders haben will,
einfach abstäuben und auf dem Grund ganz frisch
malen. Er kann jederzeit auf hören und wieder an-
fangen, ohne dass irgendwelche Nachteile hierbei
entstehen.
Wenn ich mit Künstlern in solchem Sinn sprach,
erhielt ich immer die Erwiderung: das ist ja wahr,
aber wenn man das Pastell fixieren könnte, ohne
seinen Charakter zu ändern, so wäre das Problem
erst vollständig gelöst. Auch diese Aufgabe hat sich
als ausführbar erwiesen; in meinen oben erwähnten
„Malerbriefen" habe ich das Rezept zu einem F'ixier-
mittel angegeben, mittels dessen man ein Pastell-
bild so fest machen kann, dass es sich rollen, ab-
stäuben, ja mit Brot zu Reinigungszwecken wie eine
Tapete abreiben lässt, ohne zu leiden. Das setzt
allerdings wieder die Anwendung eines Bindemittels
voraus; dieses wird aber in so verschwindender
Menge aufgetragen, dass es die bei der Oelfarbe
vorhandenen Einflüsse nicht austiben kann; auch
wird es durch das Alter nicht braun, sondern ver-
schwindet höchstens und kann dann durch neues
ersetzt werden.
Nimmt man hierzu, dass sich diese Pastell-
technik für Bilder aller Art bis zu Monumental-
gemälden an wenden lässt, dass sie den Künstler
wieder in den Stand setzt, sich sein Material selbst
zu bereiten, um seiner Güte sicher zu sein, dass
sie die wohlfeilste aller Techniken ist, so wird man
es natürlich finden, wenn ich im Pastell die Technik
der Zukunft sehe.

Die gelben Farben.*)
Von Heinrich Trillich (Rüppur).
Wenn wir den Begriff „gelb" auch auf die etwas
gedeckten ockerigen Töne ausdehnen, müssen wir
zu den gelben Erdfarben die gelben Sorten der
Ocker, also eisenhaltige Farben rechnen; es gibt da-
runter Sorten, welche fast den Eindruck von Chrom-
gelb machen — ohne aber deshalb geschönte Ocker
oder Chromocker zu sein.
Eine gelbe Mineralfarbe ist das giftige Arsen-
sulfur, Realgar, Königs- oder Rauschgelb, das aber
auch künstlich hergestellt werden kann, als gelbe Farbe
übrigens keine praktische Bedeutung mehr besitzt.
Wesentlich grösser ist die Zahl der gelben che-
mischen Farben, welche also durch Fällungs- oder
Schmelzungsprozesse erzeugt werden.
Das „vielfarbige" Blei liefert in der Bleiglätte
ein oft sehr gelb fallendes Oxydationsprodukt, dessen
Farbe allerdings mehr creme ist, dagegen ist das
Bleioxydchlorid, bekannt als Kassler-, Veroneser-,
Mineral-, Turnersgelb eine etwas reinere Gelb-
farbe, ebenso das Antimongelb oder Neapelgelb, d. i.
antimonsaures Bleioxyd.
Von den gelben Schwefelverbindungen ist das
Arsensulfur oder Rauschgelb schon erwähnt, wesent-
lich wichtiger sind die Cadmiumgelbe (Sulfid),
welche in allen Tönen von zitrongelb bis orange
hergestellt werden können. Das Cadmium ist ein
seltenes Metall, ein Verwandter und Begleiter des
Zinks. Das Cadmiumgelb ist sehr feurig, völlig licht-
beständig und unveränderlich, von hoher Deckkraft —
aber die Seltenheit des Metalles bedingt einen Preis
von io—iß Mk. für das Kilo, so dass es nur in
der Kunstmalerei, zu feinen Dekorationsfarben und
besten graphischen Farben Verwendung finden kann.
Eine Kobaltfarbe, das salpetrigsaure Kobaltoxy-
dulka.li (Aureolin) hat wenig praktische Bedeutung.
Eine Schwefelverbindung ist auch das Musivgold
oder Zweifachschwefelzinn, das eine goldartige Nü-
ance hat, jedoch bei seinem teuren Preis (io Mk.
pro Kilo) von goldähnlichen Bronzen fast verdrängt ist.
Die grösste Bedeutung für die gelben Farben
hat dagegen die Chromsäure, welche mit Salzen
von Blei, Zink, Baryum, Calcium und Eisen gelbe
Farbniederschläge bildet, die eine wichtige Rolle in
der F'arbenindustrie spielen. Die Chromsäure wird
stets als Kali- oder Natronsalz angewendet, sie gibt
mit Lösungen von Bleizucker, Zinksulfat oder Chlor-
baryum, auch Chlorcalcium oder Eisensalzen gelbe
Niederschläge, welche durch gewisse Kunstgriffe bei
den Bleifällungen vom zartesten Primrosa bis orange
nüanciert werden können, während bei Zink- und
Barytfällungen nur wenig getönt werden kann.
Dabei lassen sich die Bleichrom gelbe im
Bruch ausserordentlich nüancieren, von einem festen,

*) Siehe den Artikef „Die roten Farben" in Nr. 4 und
5 der „Münchner kunsttechnischen Blätter".
 
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