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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 23
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Trillich, Heinrich: Die weissen Farben [2]
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Ueber Bleivergiftung und deren Verhütung [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0107

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Nr. 23.

Münchner kunsttechnische Blätter.

103

Die feinsten Sorten Bieiweiss gehen als Krem-
ser Weiss, die sonstigen Namen, wie Venetianer
Weiss, holländisch Weiss, Hamburger Weiss u. s. w.,
bezeichnen ganz willkürliche Gemische von Biei-
weiss mit Schwerspat oder Kalkspat und etwas Zink-
weiss, die schlechteste Sorte heisst Deckweiss. Der
deutsche Handel führt jetzt ein reines Bldiweiss ohne
Beimischung, dann sogen. Beisorten mit wechseln-
dem Spatzusatz. Auch Mischungen mit Permanent-
weiss und Blanc fix kommen vor.
Der Preis des Bieiweiss richtet sich nach dem
des Bleies und ist öfters nicht unbeträchtlichen
Schwankungen unterworfen, im grossen ist z. Z.
Kremser Weiss mit 60—70 Mk., reines Bieiweiss mit
4g—go Mk. notiert, Oelbleiweiss kostet im allge-
meinen g—6 Mk. mehr als Pulverbleiweiss.
Den bei der Herstellung von Bieiweiss drohen-
den Gefahren kann man durch maschinelle Ein-
richtungen und Ueberwachung der Arbeiter wohl
begegnen, die gleichen Gefahren bei der Verwen-
wendung könnten durch ein Verbot des Handels
in trockenem Bieiweiss sehr leicht eingeschränkt
werden.
Eine bedenkliche Eigenschaft des Bleiweisses
bleibt stets seine leichte Schwärzung durch Schwefel-
wasserstoff, durch Schwefelfarben, durch schwefel-
haltigen Asphalt, und gar manches Nachdunkeln der
Gemälde rührt, wie ich schon öfter betonte, nur
von unverständigen Mischungen her.
Das Blei liefert in seinem Sulfat und in seinem
Oxychlorid andere weisse Farben, die als solche
aber wenig praktische Bedeutung haben.
Das Zinkweiss ist ein hüttenmännisches Pro-
dukt, erhalten durch Destillieren von Zink in Re-
tortenöfen und Verbrennen der Zinkdämpfe an der
Luft, es bildet sich hierbei weisses Zinkoxyd, das
sich in mächtigen Kammern ansetzt, man klopft es
ab, siebt und schlämmt es. In Deutschland liefert
die Aachener Gegend, das Rheinindustriegebiet,
Schlesien Zinkerze und neben Zink gleich auch
Zinkweiss, ausserdem sind Belgien und Nordamerika
Haupterzeuger.
Das Zinkweiss ist sehr unveränderlich wie alle
Oxyde, es löst sich natürlich in Säuren, auch wider-
steht es den atmosphärischen Angriffen in Oel nicht
so gut als Bieiweiss, dagegen ist es mit Wasser-
glas fast unverwüstlich. Die Sorten werden mit
Siegeln, rot und grün, bezeichnet, ganz feine Sorten
heissen Schneeweiss, die Preise schwanken von
4g — 7g Mk., Zusätze sind nicht üblich.
Auch die Schwefelverbindung des Zinks ist
weiss, ein Gegensatz zu der des Bleies, die schwarz
ist, es kann also Zinkweiss durch Schwefelwasserstoff
nicht geschwärzt werden und das ist für viele Zwecke
ein Hauptvorzug. Dieses Schwefelzink ist sogar eine
sehr gut deckende Farbe und bildet mit Blanc fix
zusammen in wechselnden Mengen gemischt die
seit einigen Jahren an Bedeutung gewinnende Li-
thopone.

Man stellt diese weissen Farben aus Zink-
vitriol einerseits und Schwefelbaryum anderseits her,
gewonnen durch Glühen von Schwerspat mit Kohle,
das Fällungsprodukt wird geglüht und geschreckt,
dann feingemahlen und gesiebt.
Die deutschen Fabriken bezeichnen ihre Marken
durch Siegel, Grünsiegel hat 33 Proz. Schwefel-
zink, Rotsiegel 30 Proz., Weissiegel 26 Proz., Blau-
siegel 22 Proz., Gelbsiegel ig Prozent.
Eine besonders feine Grünsiegelmarke geht
ebenfalls als Schnee- oder Lackweiss.
Die Reinheit des Tones und die Haltbarkeit
hängt hauptsächlich von der Reinheit des Zinkvitriols
ab, die oft beobachtete „Schwärzung" kommt von
absichtlichen „Aufbesserungen" mit Bieiweiss oder
vom unabsichtlichem Vermengen oder Aufträgen
auf Bleiweissanstriche. Schwefelzink und Bieiweiss
vertragen sich nicht, das Blei holt sich den Schwefel
und wird schwarz.
Die anderen weissen Farben kommen wenig
in Betracht, das wolframsaure Bleioxyd als sehr teure
Malerfarbe ohne Vorteile, das Wismuthsubnitrat als
Schminkweiss, das Zinnweiss oder Emailweiss, aller-
dings sehr bedeutend für die Emailindustrie, das
Braunstein- oder Hochheimer-Weiss, selten als Maler-
farbe, auch Antimonoxyd und antimonsaures Blei
spielen keine Rolle. Von grosser Bedeutung sind
nur noch zwei chemische Farben, die wir schon als
Mineralfarben kennen gelernt haben, nämlich der
schwefelsaure Kalk und Baryt, nur dass sie eben
künstlich gefällt und eventuell durch Glühen und
Abschrecken in der Deckkraft verbessert werden.
Der Schwefelsäure Kalk bildet dann das Satinweiss,
das hauptsächlich in der Buntpapier-, Papier- und
Tapetenindustrie als Teigfarbe gebraucht wird, der
schwefelsaure Baryt bildet das Blanc fix, Permanent-
oder Spielwarenweiss. Obwohl es in Oel eine gegen
Bieiweiss nur geringe Deckkraft hat, findet es doch
als Spielwarenweiss wegen seiner absoluten Ungif-
tigkeit und Unlöslichkeit grosse Verwendung, wesent-
lich mehr freilich zur Herstellung der Chromo-, Kunst-
druck- und photographischen Papiere und als Be-
standteil vieler Buntpapier-, Tapeten- und Malfarben.
Aus letzterem Grunde müssen wir auch das
völlig lasierende Tonerdehydrat, sowie die tonerde-
hydrathaltigen lithographischen Mischweiss (Blanc
leger) unter die „weissen" Farben zählen.
Die organische Natur und auch die organische
Chemie bietet uns keine weissen Farben.
Ueber Bleivergiftung und deren
Verhütung.
Zur Bekämpfung der Bleigefahr im Anstreicher-
und Lackierergewerbe ist nunmehr eine ab 1. Ja-
nuar 1906 in Kraft tretende Gesetzes-Verordnung
veröffentlicht worden und im Anschluss daran ein
„Blei-Merkblatt", das auf die Gefahren und
die Verhütung der sogen. Bleikolik hinweist. Da
 
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