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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 24
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Berger, Ernst: Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen Wachs [4]
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21. Aug. 1905.

Herausgegeben von der „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
= Erscheint 14tägig unter Leitung von Ernst Berger, München. -

Nr.24.

Inhalt: Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Funischen Wachs. Von Maler E. Berger (Fortsetzung). — Ueber
Bleivergiftung und deren Verhütung (Schluss). — Der „Motivsucher". — Anfragen und Beantwortungen. -— Literatur.

Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen Wachs.
Von Maler E. Berger.
(Fortsetzung.)

Die verschiedenen Eigenschaften des natür-
iichen Bienenwachses und des künstlich gelösten
sogen. Punischen Wachses bedingten verschie-
dene Anwendungsarten in der Technik. Wo na-
türliches Bienenwachs am Platze war, brauchte
oder musste nicht auch Punisches angewendet
werden und umgekehrt. Trennung der technischen
Verwendung nach der Eigenschaft des Materials,
das ist im handwerklichen Betrieb aller Zeiten
Grundprinzip! Das bis zu jedem gewünschten
Grad verdünnbare Punische Wachs konnte zu
anderen Zwecken Verwendung finden, als das
natürliche, nur durch Hitze erweichbare und —
dies ist sehr wichtig zu merken — diese Unter-
schiede lassen sich in den alten Quellen
des Vitruv und des Plinius mit Sicherheit
erkennen: Ueberall, wo von Enkaustik der Tafel-
bilder, von der Anwendung des natürlichen Wach-
ses die Rede ist, wird einfach cera oder cerae ge-
nannt, ist aber von der Behandlung des Wachs-
überzuges der Wandfläche oder der Marmorbild-
werke die Sprache, dann wird cera punica als
geeignetes Mittel bezeichnet. Dieser Umstand
ist stilistisch nicht bedeutungslos, son-
dern technisch wohl begründet, weil ge-
wöhnliches Bienenwachs, wenn es auf Tafelbilder
heiss aufgetragen und mit heissgemachten Metall-
instrumenten (Cauterien) weiter verarbeitet wurde,
dabei immer eine pastose Farbenschicht bil-
dete, dagegen auf Wänden und zur Wachsbeize der
Marmorstatuen ein möglichst dünner Ueber-
zug unbedingt vonnöten war.
Durch entsprechende Versuche kann sich
jeder leicht davon überzeugen, dass heissflüssiges,
selbst mit Oel vermischtes natürliches Wachs

mit dem Pinsel niemals gleichmässig auf
einer Wandfläche ausgebreitet werden kann — und
ein nachheriges Erwärmen das Wachs auch nicht
gleichmässiger apsbreiten, sondern zum Schmel-
zen und zu höchst unangenehmen ungleichmäs-
sigem Zusammenflüssen veranlasst. Streicht man
aber „Punisches Wachs", das nach Vitruvs An-
gabe (VII, 9, 3) mit etwas Oel vermischt wurde,
in gleicher Art mit dem Pinsel auf die Wand-
fläche und erwärmt nach dem Erkalten resp. Ein-
saugen, dann schmilzt das Wachs nicht, son-
dern gerät nur ins Schwitzen, es entsteht
also genau das, was Vitruv bei Schilderung des
Ganosis-Verfahrens beschreibt. Denn beim Pu-
nischen Wachs sind die Wachsteilchen im fein-
verteilten, emulgierten Zustande, sie werden durch
das Erhitzen zum Teil wieder geschmolzen und
verbinden sich untereinander, so dass ein der-
artiger Ueberzug, obwohl anfänglich mit Wasser
vermengt, nach der Prozedur der Ganosis (früher
Kausis genannt) nicht mehr vom Wasser ange-
griffen werden kann. Dadurch entstand der
„Schutz der Wände", von welchem Vitruv und
Plinius sprechen.
Dieser Erfolg lässt sich aber nur und am
besten mit dem sogen. Punischen Wachs er-
reichen,*) nicht aber mit dem natürlichen Bienen-
wachs und dieser prinzipielle Unterschied liegt
in der Natur der Wachsarten begründet.
Die Beweise, dass die alten Quellen ge-
nügenden Anhalt für die obigen Unterschiede
bieten, seien hier in aller Kürze angeführt:
*) Die Alten kannten die Auflösung von Wachs in Ter-
pentinöl nicht, weil letzteres, ein Destillationsprodukt, im Alter-
tum noch unbekannt war.
 
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