191
als nationale Geschichte sicli mundgerecht zu machen und aus-
zukochen. Wahrlieh, Virgil hatte Recht, wenn er ausrief:
Tantae molis erat, Eomanam eondere gentem!
Und dieses Gemisch von Zugeständnissen und Abläugnun
gen, von gelehrten Behauptungen und. von kecken Hypothesen,
mit Königen, die wirklich gelebt und regiert haben, sogar ver-
trieben worden sind, und doch nur beiläufig in einem Winkel
der Litteraturgeschichte erwähnt werden, mit Römern und Grie-
chen, die verwandt und nicht verwandt und doch wieder ver-
wandt sind — dieser Knäuel von Widersprüchen wird den Le-
sern getrost als das Ergebniss besonnener prüfender Forschung
vorgelegt? Der hochbegabte Verfasser trägt kein Bedenken sein
schönes und bedeutendes Werk durch einen so unförmlichen
Kopf, durch so hässliche Auswüchse an seiner Grundlage zu
entstellen? Es ist zu beklagen, dass er sich nicht lieber ent-
schloss die römische Geschichte, mit Uebergehung alles Frühe-
ren, erst vom Beginn der Republik zu erzählen.
11. Die Regierungsdauer der römischen Könige.*)
Wenn man doch, um die alten römischen Könige und ihre
unvergänglichen Monumente, ihre grossartigen Baudenkmäler
und ihre politisch-gesetzgeberischen Einrichtungen völlig vom
Erdboden und aus dem Gedächtniss der Menschen auszutilgen,
endlich einmal bessere Mittel in Bewegung setzen und bessere
Beweisgründe anwenden wollte als die Behauptungen, die einer
dem andern nachspricht, dass sieben Regierungen nicht ausrei-
chen, um eine Zeit von 244 Jahren auszufüllen, und dass die
ganze ältere römische Geschichte nur eine Erdichtung heimi-
scher Sagen und Lieder oder müssiger und lügenhafter grie-
chischer Scribenten des 4- und 3. Jahrhunderts sei: des 3. Jahr-
hunderts, nachdem bereits im 4. Jahrhundert Aristoteles und
sein Schüler Theophrast besondere Werke über die staatlichen
Einrichtungen der Etrusker abgefasst hatten; was doch ohne
einige Kenntniss auch der römischen Geschichte nicht abgehen
[*) Aus dem Deutschen Museum von Prutz, 1858, Nr. 17, S. 607—612.]
als nationale Geschichte sicli mundgerecht zu machen und aus-
zukochen. Wahrlieh, Virgil hatte Recht, wenn er ausrief:
Tantae molis erat, Eomanam eondere gentem!
Und dieses Gemisch von Zugeständnissen und Abläugnun
gen, von gelehrten Behauptungen und. von kecken Hypothesen,
mit Königen, die wirklich gelebt und regiert haben, sogar ver-
trieben worden sind, und doch nur beiläufig in einem Winkel
der Litteraturgeschichte erwähnt werden, mit Römern und Grie-
chen, die verwandt und nicht verwandt und doch wieder ver-
wandt sind — dieser Knäuel von Widersprüchen wird den Le-
sern getrost als das Ergebniss besonnener prüfender Forschung
vorgelegt? Der hochbegabte Verfasser trägt kein Bedenken sein
schönes und bedeutendes Werk durch einen so unförmlichen
Kopf, durch so hässliche Auswüchse an seiner Grundlage zu
entstellen? Es ist zu beklagen, dass er sich nicht lieber ent-
schloss die römische Geschichte, mit Uebergehung alles Frühe-
ren, erst vom Beginn der Republik zu erzählen.
11. Die Regierungsdauer der römischen Könige.*)
Wenn man doch, um die alten römischen Könige und ihre
unvergänglichen Monumente, ihre grossartigen Baudenkmäler
und ihre politisch-gesetzgeberischen Einrichtungen völlig vom
Erdboden und aus dem Gedächtniss der Menschen auszutilgen,
endlich einmal bessere Mittel in Bewegung setzen und bessere
Beweisgründe anwenden wollte als die Behauptungen, die einer
dem andern nachspricht, dass sieben Regierungen nicht ausrei-
chen, um eine Zeit von 244 Jahren auszufüllen, und dass die
ganze ältere römische Geschichte nur eine Erdichtung heimi-
scher Sagen und Lieder oder müssiger und lügenhafter grie-
chischer Scribenten des 4- und 3. Jahrhunderts sei: des 3. Jahr-
hunderts, nachdem bereits im 4. Jahrhundert Aristoteles und
sein Schüler Theophrast besondere Werke über die staatlichen
Einrichtungen der Etrusker abgefasst hatten; was doch ohne
einige Kenntniss auch der römischen Geschichte nicht abgehen
[*) Aus dem Deutschen Museum von Prutz, 1858, Nr. 17, S. 607—612.]