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Ross, Ludwig; Ross, Ludwig [Hrsg.]
Archäologische Aufsätze (Band 2, Text): Zur alten Geschichte. Zur Geschichte der alten Cultur, Religion und Kunst. Griechische Baudenkmäler. Zur Chorographie und Topographie von Griechenland. Zur grichischen Epigraphik — Leipzig, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.9054#0427

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397

6) Der kleine Tempel in Rhamnus:

ob der Themis oder der Upis*).

Wenige Orte des Attischen Landes liegen so einsam und
abgelegen wie Rhamnus, in einer kleinen gegen die Küste
des Euböischen Meeres sich öffnenden Schlucht, zwischen den
felsigen Hügeln der Diakria. Nur zwei Wege führen dahin:
der eine von Trikorythos aus dem nördlichen Theile der Mara-
thonischen Ebene, der andere von Westen her aus der Ebene
von Apliidnä (Kapandriti); beide laufen durch Schluchten und
schmale, steinigte, mit einzelnen Eichen (von der Gattung βά-
λανος, βαΐανιδία) und wilden Birnbäumen (άχράς oder άχλάς)
bewachsene Thäler, deren jetzt verwilderter Boden auch bei
besserem Anbau der Mühe wenig lohnen würde. Die massig
hohen, aber felsigen Hügel, welche diese Thäler einschliesscn,
Sind mit Eichten {πίτνς, πεν/.η), ihre unteren Abhänge mit
Mj-rte, Lentiscus (σχΐνος), Erdbeerbäumen (άνόράχλη, '/.όμαροζ)
und mancherlei dornichtem Gestrüpp bewachsen, worunter auch
der ράμνος, der dem Orte seinen Namen (ραμνόεις, „Dornheim")
gegeben hat. Die ganze Landschaft hat den Charakter einer
Wilduiss, und kann vermöge ihrer Naturbeschaffenheit auch im
Alterthume kein anderes Gepräge gehabt haben. Sie ist geschaffen
zum Tummelplatz für Artemis und ihre Nymphen.

Da wo sich die erwähnte kleine Schlucht, in deren erwei-
tertem Ausgange auf einem isolirten Hügel die Trümmer des
Demos und der Eestung Rhamnus mit ihren weissen Marmor-
mauern unter ewig grünem Gebüsch liegen, gegen das Meer
abzusenken beginnt, standen am Rande der Hochebene auf
einer durch Mauern gestützten Terrasse zwei Tempel neben ein-
ander {The unediled JAliquilies of Allica, eh. VI), ein Dorischer
Hexastylos Peripteros. Mit der Benennung des grösseren Tem-
pels waren die Reisenden nicht in Verlegenheit; er konnte in
der That nichts anderes sein, als das von Strabon, Pausanias
und andern Alten1) erwähnte Heiligthum der Nemesis das
seine vorzüglichste Berühmtheit dem bewunderten Bilde der

[*) Aus Gerhard's Denkm. u. Forsch. ArchäoL Zeit. VIII, 1850,
April, Nr. 16.]

1) Strab. 9, p. 390. 399. Paus. I, 33, 2 fi.
 
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