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andern tadelt (II. 44), dass sie Wildern öfter den Vorzug grös-
serer Genauigkeit zugestehen. Räumt er docli selbst so viel
ein, dass Wheler den bei Spon zerstreuten Stoff über Athen
mehr zusammengefasst und besser geordnet hat. Gewiss war
Spon der gelehrtere Antiquar, Wheler ist es erst durch die
Reise geworden. Allein er bringt den, wie es scheint, dem
englischen Blut eigentliitmlichen Vorzug der unbefangenen Be-
obachtung des Thatsächlichen mit; seine Angaben und Wahr-
nehmungen sind oft correcter als die seines Führers und Mei-
sters, ohne dass er selbst sich dessen immer bewusst wird. Wir
wollen nur eines hervorheben, was die Richtigkeit und Selbst-
ständigkeit seines Urtheils zeigt.
Oben haben wir gesehen wie Spon, in Athen angekommen,
sich blindlings den Ansichten der örtlichen Periegeten (Girauds
und der Capuciner) über das vermeinte Theseion hingab, ohne
zu merken dass sie Aussen und Innen, Sculpturen und Ge-
mälde mit einander verwechselten. Wheler erlaubt sich die
schüchterne Bemerkung: „Pausania's scheint dies alles" (die
Thaten des Theseus) ,,als gemalt zu beschreiben"; aber aus
Respect vor der Autorität Spons verfolgt er diesen Gedanken
nicht weiter, sondern unterwirft sich der bereits herrschend ge-
wordenen Annahme, indem er sich bei dem Ausweg beruhigt,
dass die Bildwerke der Metopen bemalt gewesen sein könnten.
Jedenfalls stellt Laborde seinen Landsmann zu hoch; wie
schwach derselbe als Kenner der Architektur und Kunstge-
schichte noch vor seiner Reise war, zeigen zwei absurde An-
merkungen zu der Relation Babins im Jahr 1674 (bei Lab. I.
193 und 202), die eine das Alter des angeblichen Theseustem-
pels betreffend; die andere, in welcher er behauptet dass die
cannelirten Säulen nach dem Zeugniss Vitrüvs (des Zeitgenossen
des Augustus!) erst seit der Zeit Nero's im Gebrauche seien!
Aber genug über Spon und Wheler; jeder der sich mit der
Topographie Athens beschäftigt hat, kennt sie, ihre Vorzüge
und Mängel. Sie werden in den Augen der meisten immer die
ersten glücklichen Bebauer dieses eingeschränkten Feldes an-
tiquarischer Wissenschaft bleiben, wenn wir auch an dem Fa-
den von Laborde's Forschungen nachgewiesen zu haben glau-
ben dass sie keineswegs die ersten waren, sondern, durch die
Umstände begünstigt, nur einen grossen Theil des Ruhmes ern-
andern tadelt (II. 44), dass sie Wildern öfter den Vorzug grös-
serer Genauigkeit zugestehen. Räumt er docli selbst so viel
ein, dass Wheler den bei Spon zerstreuten Stoff über Athen
mehr zusammengefasst und besser geordnet hat. Gewiss war
Spon der gelehrtere Antiquar, Wheler ist es erst durch die
Reise geworden. Allein er bringt den, wie es scheint, dem
englischen Blut eigentliitmlichen Vorzug der unbefangenen Be-
obachtung des Thatsächlichen mit; seine Angaben und Wahr-
nehmungen sind oft correcter als die seines Führers und Mei-
sters, ohne dass er selbst sich dessen immer bewusst wird. Wir
wollen nur eines hervorheben, was die Richtigkeit und Selbst-
ständigkeit seines Urtheils zeigt.
Oben haben wir gesehen wie Spon, in Athen angekommen,
sich blindlings den Ansichten der örtlichen Periegeten (Girauds
und der Capuciner) über das vermeinte Theseion hingab, ohne
zu merken dass sie Aussen und Innen, Sculpturen und Ge-
mälde mit einander verwechselten. Wheler erlaubt sich die
schüchterne Bemerkung: „Pausania's scheint dies alles" (die
Thaten des Theseus) ,,als gemalt zu beschreiben"; aber aus
Respect vor der Autorität Spons verfolgt er diesen Gedanken
nicht weiter, sondern unterwirft sich der bereits herrschend ge-
wordenen Annahme, indem er sich bei dem Ausweg beruhigt,
dass die Bildwerke der Metopen bemalt gewesen sein könnten.
Jedenfalls stellt Laborde seinen Landsmann zu hoch; wie
schwach derselbe als Kenner der Architektur und Kunstge-
schichte noch vor seiner Reise war, zeigen zwei absurde An-
merkungen zu der Relation Babins im Jahr 1674 (bei Lab. I.
193 und 202), die eine das Alter des angeblichen Theseustem-
pels betreffend; die andere, in welcher er behauptet dass die
cannelirten Säulen nach dem Zeugniss Vitrüvs (des Zeitgenossen
des Augustus!) erst seit der Zeit Nero's im Gebrauche seien!
Aber genug über Spon und Wheler; jeder der sich mit der
Topographie Athens beschäftigt hat, kennt sie, ihre Vorzüge
und Mängel. Sie werden in den Augen der meisten immer die
ersten glücklichen Bebauer dieses eingeschränkten Feldes an-
tiquarischer Wissenschaft bleiben, wenn wir auch an dem Fa-
den von Laborde's Forschungen nachgewiesen zu haben glau-
ben dass sie keineswegs die ersten waren, sondern, durch die
Umstände begünstigt, nur einen grossen Theil des Ruhmes ern-