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Schwetzinger Wochenblatt — 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.30180#0414

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Schleswig - Holstein, wird angenomwen. Die sofortige
Herstellnng und Selbststündigteit, sowie die Verbindung
der Herzogthümer wird verlangt. Ausgesprochen wird
die thatkräftige Unterstütznng aller ehrlich eintretenden
Regierungen; verfassungsmäßige Bekämpfung der geg-
nerischen proklamirt. Ein Ausschuß von 36 Mitgliedern
wird als Mittelpunkt gesetzlicher Thätigkeit für die Rechte
der Herzogthümer ernannt.

(Abends 5 Uhr.) Die Versammlung erklärt sich
ohne Diskussion für das nicht länger abweisbare Recht
der deutschen Nation auf allgemeiue Volksvertretung
und für die Nothwendigleit baldigster Herstellung eines
Parlaments.

Heidelberg, 18. Dez. Der vor einigen Jahren
öffentlich ausgesprochene Wunsch, die in der hiesigen
Heiligengeistkirche bestehende Scheidewand einzureißen
und statt der zwei, nach dem ev. und kath. Kultus,
getrennten Räume eine einzige Simultankirche wieder-
herzustelleri, findet neuerdings Anregung. Hoffen wir,
daß derselbe zur Ausführung gelangt und unsere
Bevölkerung damit den thatsächlichen Beweis ihrer
religiösen Duldsamkeit uud Liebe liefert; wie sie damit
gestattet, daß das schöne Jnnere der Kirche wieder
hergestellt wird und unsere Stadt eine lange vorent-
haltene Zierde erhält.

Frankfurt, 18. Dezbr. Die hiesige Polizei hat
das Anschlagen und Verbreiten des jüngsten Aufruss
des hiesigen Comites für Schleswig-Holstein verboten.

Schleswig-Holftein. Mit größter Bestimmtheit
wird versichert, daß die Dänen im Falle der Räumung
Holsteins die Stadt Rendsburg besetzt halten wollen.
Jn den zahlreichen Schanzwerken des Dannewerks ar-
beiten augenblicklich etwa 3000 Mann, größtentheils dem
Militärstande angehörig. Es werden dort einige kleinere
Schanzen neu angelegt, die vorhandenen Lausgräben
verbreitert und sämmtliche Hauptwerke mit schweren
Palisaden-Verschlägen versehen, welche per Eisenbahn
aus Flensburg herüberkommen.

Frankreich. Paris, 17. Dez. Die „Opinion
nationale" findet, daß Deutschlaud wirklich ansängt, in
Ausregung zu gerathen. Die Herzogthümerfrage, sagt
sie, ist für Deutschland nur ein Vorwand, um seine
Einheitsbestrebungen kund zu geben. Jn Berlin, Darm-
stadt, Dresden und München, überall erblickt auch die
„Opinion" das Einheitliche in dieser großen Volksbe-
wegung. Nur fehlt ihr noch der Führer. Wer ist der
Fürst, der jenseits des Rheines die Nolle eines Victor
Emanuel übernehmen wird? Niemand weiß es bis jetzt.
Aber wenn es wahr ist, daß die Verhältnisse die Männer
hervorbringen, so muß der geeignete Mann jetzt bald
anferstehen.

— Für die Freunde des Friedens von Europa ist
allenfalls der Umstand beruhigend, daß General Bazaine
eine Verftärkung von 50,000 Mann für Mexico ver-
langt. Mexico bietet Gründe für den europäischen
Frieden, die weit mehr Eindruck auf den Kaiser machen
dürften, als die sriedliebenden Kundgebungen der Oppo-
fitionsmitglieder im gesetzgebenden Körper.

Gngland. London, 18. Dez. Jn Mexiko kön-
nen die Svldaten buchstäblich sich uicht fünf Minuten
von der Stadt entferuen, ohne Gefahr zu laufen, in
den ärgsten Hinterhalt zu fallen. Das Volk mag nichts
von der Fremdherrschaft wissen und ist um so erbitterter
gegen die Eindringlinge, weil diese gemeiuschastliche Sache
mit den „Schwarzen" machen, die noch gründlicher ge-
haßt werden, seit sie sich auf die Fremden stützen. Es
bestütigt sich, daß das Marine-Jnsanterie-Regiment, das
in Tampico untergebracht war, von 1000 auf 42
Maun herabschmolz.

Nußland. Warschau, 17. Dez. Ein Regie-
rungsbefehl verordnet, daß sämmtliche hier weilenden
Gutsbesitzer, Pächter und Gutsverwalter sich nach sie-
bentägiger Frist in ihre Heimath begeben sollen, unter
Androhung einer Strase bis zu 25 Rubel für jeden
Tag, den sie sich länger hier aufhalten. Die Entfer-
nung vom Wohnorte ohne Erlaubniß des Militür-Chefs
ist verboten, und soll überhaupt nur lopalen Unter-
thanen gestattet werden.

Amerika. New-Pork, 5. Dezbr. Der Verlust
der Unionisten in der letzten Affaire von Chattanooga
wird jetzt auf 4500 Mann geschätzt. Die Unionisten
haben 6000 Gesangene gemacht und 46 Kanonen ge-
nommen.

Er kommt noch immer nicht.

Fortsetzung.

Inzwischen hatte sich der Himmel verfinstert: schwarze
Wolken bargen den Mond, der Wind wurde heftig
und bei dem schwachen Schimmer der von Zeit zu
Zeit durchbrechenden Strahlen zeigte sich in geringer
Entfernung eine starke Brandung. Schwere Regentrop-
sen fielen, die Finsterniß nahm von Minute zu Minute
zu, und wurde nur dann und wann von leuchtenden
Blitzen unterbrochen, denen ferner Donner folgte.
Nancolas war zwar an dergleichen Erscheinungen ge-
wöhnt, aber er wurde um den Knaben besorgt, der
sich, vor Kälte zitternd, in dem Vordertheile des Bootes
niedergekauert hatte. Glücklicher Weise war der Wind
günstig und Nancolas hatte deshalb Zeit, das Ruder
bei Seite zu legen, seinen jungen Freund in den mit-
genommenen Regenmantel zu hüllen und ihm Muth
einzusprechen. Während er in der Tasche nach dem
Kopftuche suchte, daß er auf dem Meere zu tragen
pflegte, kam er mit der Korbstasche in Berührung.

Er zog sie hervor und schaute sie an beim schwachen
Scheine seiner Laterne. Der Knabe sror; ein Tropsen
konnte ihn erwärmen — mußte ihm wohlthätig sein.
Einen Augenblick zauderte er, dann zog er mit den
Zähnen den Kork heraus.

„Hier mein Junge," sagte er, „nimm das! Es
wird Dir Leben geben und Dich erwärmen."

Staunend und halb bewußtlos that der Knabe
einen langen Zug, schob dann die Flasche von sich
und schnappte nach Luft.

„Es ist zu stark!" stöhnte er, „Mir ist nicht wohl!
Wo ist mein Vater?"

„Er ist noch nicht gekommen," erwiderte Nancolas.
 
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