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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Frimmel, Theodor von: Die Gemäldesammlung des Wiener Schottenstiftes, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0061

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Halb holländisch, halb deutsch ist auch der gebürtige Leydener Jakob
Toorenvliet, der um 1676 in Wien eine, wie es scheint, sehr lebhafte
Tätigkeit entfaltet hat. Wohl kaum zufällig dürfte es sein, daß die zwei
kleinen Bilder des Toorenvliet, die hier im Schottenstifte zu finden sind,
Jahreszahlen tragen, die ganz nahe bei 1676 liegen. Vermutlich hat sich
Toorenvliet mehrere Jahre lang in Wien aufgehalten, und die zwei kleinen
Philosophenbilder im Schottenstifte (eines von 1677, das andere von 1679)
dürften wohl in Wien, und zwar fürs Schottenstift selbst, gemalt worden sein.
[J. Toorenvliet war sicher eine Zeitlang in Wien tätig, wovon ein
anderesmal eingehend zu sprechen ist]
Unter den späten Deutschen, die ich notiert habe, sticht Johann
Heiß mit einer Reihe von vier sorgsam gemalten und artig komponierten
Bildern zur Parabel vom verlornen Sohne hervor. Eines dieser Breitbilder
nahm ich zum Fenster, wo ich die Signatur deutlich unterscheiden konnte.
Heiß ist ungefähr der deutsche Sebastien Bourdon, womit auch schon auf
eine gewisse akademische Schwerfälligkeit hingewiesen ist. Eine feste Grund-
lage von allerlei Kunstwissen ist überall bei den Heißschen Werken (von
denen zwei vorzügliche sich in Pommersfelden befinden) zu beobachten,
so auch hier an der Suite im Schottenstifte.
Vier Seybolds weisen uns bekannte Züge, zunächst die des Künstlers
selbst und die seiner Tochter, wie sie auch in der kaiserlichen Galerie in
Wien zu sehen ist (neue Nr. 1561). Ich will hoffen, daß mich hier mein
Gedächtnis nicht trügt. Nebeneinander gehalten oder mittels Abbildungen
verglichen habe ich die Bilder nicht, die beide in fast allzu glatter, verall-
gemeinernder Weise behandelt sind. Das alte Inventar, das sicher bis nahe
an Seybolds Lebenszeit heranreicht, bezeichnet die vorhandenen Porträt-
köpfe als Bildnisse „des Künstlers und (seiner) Frau“ und als „Seibolds
Sohn und Tochter“.
Die Hammiltons treten hier in großer Anzahl auf. Eine kleine, fein
durchgebildete Landschaft mit einer Rinderherde von Johann Georg von
Hammilton möchte ich hervorheben. Der Künstler schrieb auf das nette
Bild: „J G v : H fe 1721.“ Da es eine gewisse Stimmung hat, setzt man
sich über die krasse Unwahrheit mancher Töne hinweg.
Franz Christoph Janneck kann nicht leicht wo anders so gut
studiert werden wie hier im Schottenstifte. Janneck ist der Spranger, der
Uytewael des 18. Jahrhunderts. Bei glatter, virtuoser Mache zeigen seine
Bilder eine hochgradige Geziertheit der Bewegungen und Formen. Vier
ziemlich große Breitbilder, auf deren einem ich die Signatur „F. C. Janneck“
gestehen habe, behandeln biblische Stoffe: die Aufweckung des Lazarus, das
Wunder der Brotvermehrung, die Predigt Johannis und die Fußwaschung.
Noch andere Arbeiten Jannecks und seiner Zeitgenossen sind in der Stifts-
galerie vorhanden, ohne daß sie hier im einzelnen genannt oder beschrieben
werden könnten.
Italienische Bilder sind nur wenige zu finden. Ich notierte einen
Bassano, auf dem eine Feldschmiede dargestellt ist (Nr. 36). Figurenreiches
Breitbild von jenem Farbenreiz, wie er den meisten Bildern der fruchtbaren
Malerfamilie in Bassano eigen zu sein pflegt. Vermutlich ist Francesco
Bassano der Urheber dieses Bildes, auf das ich bei anderer Gelegenheit
 
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