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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Risse und Sprünge in Gemälden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0093

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J. A. Koch an verschiedenen Orten sind zumeist noch vor wenigen Jahr-
zehnten trefflich erhalten gewesen. Wieder in der Galerie Lotzbeck ist der
große Bürkel von 1841, eines der sorgsamst gemalten Bilder des Meisters,
recht gut auf uns gelangt. Nur im Himmel links von der Alpenhütte fand
ich starke Risse. Sonst ist das Bild entweder gar nicht oder nur ganz fein
craqueliert. Auch ein kleinerer Bürkel von 1830 in derselben Galerie (Nr. 41)
ist im Gegensatz zu manchem anderen stark zerrissenen Werk von Bürkel
ziemlich gut konserviert. Zu den besonders sorgfältig gemalten Bildern
H. Bürkels gehören auch die im Thorwaidsen-Museum zu Kopenhagen, die
gegen 1910 noch bestens erhalten waren. Wieder in der Lotzbeckschen
Sammlung läßt Aug. Riedls überlebensgroße Medea, in Rom 1843 gemalt,
starke Lasurenrisse in dunklen Partien erkennen bei sonst guter Erhaltung.
Zwei Gegenstücke des Ary Scheffer aus dem Jahr 1846 sind in den hellen
Farben recht gut erhalten. Starke Lasurenrisse in Fausts dunkler Kleidung.
Ohne Zweifel sind, wie in ähnlichen Fällen immer, den dunklen Farben
zu viel Trockenmittel beigemischt worden. In derselben Galerie Lotz-
beck, wie die eben genannten Bilder, war ein Nils Simonsen von 1847
zum Teil noch ganz glatt erhalten, als ich ihn 1912 auf die Erhaltung
hin prüfte.
Wir hätten also einige solid gemalte Ölbilder kennengelernt, die in der
Zeit von 1830 bis 1847 entstanden sind, und die 1912, also nach 70 bis
80 Jahren, erst anfingen, Sprünge zu bekommen. Ein nicht datierter Karl
Rottmann ebendort (Rottmann lebte von 1798 bis 1850) hat eine Sprung-
bildung wie nahezu an „alten“ Bildern und zeigt überdies Risse in mehreren
Schichten, unter anderen bis zum weißen Grund. Rottmann versuchte sich
in allerlei Techniken, auch in Enkaustik und in der Knirimschen Wachs-
malerei, so daß es nicht immer ganz klar ist, welche Bindemittel und Trocken-
mittel er in jedem Fall angewendet hat.
Im Gegensatz zu Rottmann steht ein Maler, den ich in diesem Zu-
sammenhang heranziehen möchte: Alexandre Calame (1810—1860). Seine
Ölgemälde, zielbewußt und vorsorglich gemalt, haben sich zumeist überaus
lang ohne Risse und Sprünge erhalten. Ausnahmen werden ja zugegeben.
Doch fand ich bis nahe heran an die Zeit des Weltkrieges Calamesche
Bilder gewöhnlich bestens erhalten. Als Ausnahme wurde unter anderen
notiert der Calame in der Berliner Nationalgalerie (Nr. 50). An diesem Bild
haben die oberen Schichten durch Risse an mehreren etwa handgroßen
Stellen sehr gelitten. Am besten erhalten waren die hellen Felsenpartien.
Nur eines der Calameschen Werke im Leipziger Museum war (nach alter
Notiz) schon früh durch Risse entstellt.
Viele Altwiener Bilder, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit
weiten Grenzen entstanden sind, leben den betagten Kunstfreunden noch
als ganz glatte, runzellose Flächen im Gedächtnis. In neuerer Zeit findet
man sie zum Teil mit durchdringenden Craqueluren bedeckt. Als besonders
einleuchtendes Beispiel wurde von mir 1908 festgehalten Danhausers Bild
mit der Schachpartie (aus der Sammlung Franz Xav. Mayer), das zur ange-
gebenen Zeit schon craqueliert war wie ein altes Bild. Die Schachpartie
ist 1839 entstanden, war also 1908 schon gegen 70 Jahre alt. Ein Bild von
Johann Schindler aus dem Jahr 1834 (Volksfest in der Josefstadt) zeigte
um 1900 nichts als einige Lasurenrisse.
 
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