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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Frimmel, Theodor von: Seltsamkeiten auf dem Gebiet der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0104

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Malereien von Hans Sebald Beham ist vorzüglich erhalten. Eine alte Kopie
danach befand sich in Berlin, das auch noch eine weitere bemalte Tisch-
platte aus demselben Kreis beherbergte. Ein Beispiel aus etwas früherer
Zeit im Musee Cluny zu Paris. In Kassel hat sich eine Tischplatte erhalten,
die von Martin Schaffner bemalt ist, je eine weitere von anderer Hand
im Museum zu Wiesbaden und im österreichischen Museum für Kunst und
Industrie zu Wien, endlich noch andere zwei im bayrischen Nationalmuseum
zu München.*) Überdies erwähne ich eine derlei Tischplatte in den Samm-
lungen des historischen Vereines zu Regensburg. Eine kleine bemalte Platte,
etwa für einen Nähtisch, ist vor kurzer Zeit im Dorotheum zu Wien aus-
geboten worden.
Kinkel spricht auch von einem reichverzierten Tisch, den ich nicht
kenne, in welchen Miniaturen auf Pergament eingefügt sind. Die übrigen
oben genannten Beispiele sind mir alle von eigener Besichtigung her be-
kannt, und ich darf die zusammenfassende Schlußfolgerung wagen, daß ich
an einem bemalten Tisch etwas anderes, als was sich auf den Tisch selbst
bezieht, nur schwer arbeiten könnte, und daß mich der Gedanke schaudern
macht, auf ein solches Tischgemälde irgend etwas Schweres, Rauhes hinzu-
stellen oder es darauf herumzurücken. Die behagliche Benutzung eines
Tisches wird dadurch, daß die Platte bemalt ist, durchaus gestört, und das
um so mehr, je besser die Malerei ist. Zweckmäßigkeit und künstlerischer
Wert stehen hier in einem sonderbaren Widerspruch. Er wird nur dadurch
geschlichtet, daß man sich klarmacht: Gemälde gehören an die Wand und
nicht auf den Tisch.
Weit mehr als die Malerei auf der Tischplatte ist die Kunst dem Zweck
untergeordnet beim künstlerischen Ladenschild. Das bemalte Ladenschild
ist heute eine Kuriosität, wie sie es sonst nicht immer war. Die Geschicht-
schreibung der Aushängeschilder steht zwar erst in ihren Anfängen, doch
läßt es sich behaupten, daß Ladenschilder im 18. und im frühen 19. Jahr-
hundert viel häufiger waren, als man sie jetzt zu Gesicht bekommt. Watteaus
Enseigne de Gersaint war nur ein Beispiel für viele, die es im 18. Jahr-
hundert in Paris gegeben hat. Vom Watteaunachahmer Joh. Ant. Peters
weiß man, daß er in Paris ein bemaltes Firmenschild hergestellt hat. Auch
Greuze hat ein Aushängeschild gemalt, später desgleichen ein Prud’hon,
Gericault, A. de Pujol. 1902 wollte Edouard Detaille in Paris die Her-
stellung künstlerischer Ladenschilder wieder anregen, und bei einem Wett-
bewerb, der veranstaltet wurde, sollen allerlei ganz gute Arbeiten zu sehen
gewesen sein. Daß sich unter den Wiener Aushängeschildern bedeutende
Arbeiten von Künstlern des 19. Jahrhunderts befinden, ist längst bekannt.
Jeder kunstsinnige Wiener wußte um derlei Arbeiten von F. Gauermann,

*) Die erste dankenswerte Zusammenstellung solcher Tischplatten wurde durch
O. Kinkel geboten 1876 in dem Buch: „Mosaik zur Kunstgeschichte“ (S. 402 bis 417).
Daran knüpften an S. Vögelin : „Der Holbeintisch“ und ein Artikel in der Zeitschrift
„Die graphischen Künste“, 1879 (S. 107ff.). — Über den Holbeintisch in Zürich ist die
üppig wuchernde Hoibeinliteratur nachzulesen. — Die zwei Tischplatten im bayrischen
Nationalmuseum sind veröffentlicht in der Monatsschrift „Der Cicerone“ vom Februar
1916 (S. 47ff ). — Der Tisch aus dem Kasseler Museum ist abgebildet bei W. Bredt,
„Die Alpen und ihre Maler“ (1910), S. 54. — Der Schaffnertisch ist von Julius Bard
in Berlin photographiert.
 
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