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Stoffers, Gottfried [Hrsg.]; Deutsch-Nationale Kunst-Ausstellung <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]; Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und Benachbarte Bezirke <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]
Die Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunst-Ausstellung: Düsseldorf 1902 — Düsseldorf, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.34831#0672

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DEUTSCH-NATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG

II. Beschreibung der Deutsch-Nationalen Kunstausstellung
Bei der Betrachtung unserer Kunstausstellungen
schiebt sich immer deutlicher der Gesichtspunkt
des „preziösen" Kunstliebhabers vor, der Werke
ersten Ranges, beziehungsweise solche, die nach
der Mode des Augenblicks dafür gelten, sehen
möchte und sofort mit einem geringschätzigen
Urteil bei der Hand ist, wenn er seine Fein-
schmeckerei nicht genügend befriedigt findet.
Solche Kunstfeinschmecker können sehr inter-
essante Leute sein, aber sie haben immer mehr
den Kunsthandel als die Kunst gefördert. Sie
sind es, die mittelbar oder unmittelbar die
bedenkliche Lehre predigen, nur „Namen" zu
beachten und so dem aufwärts strebenden Talente
den Weg zur Anerkennung erschweren. Gewisse
Kunstkritiker haben sich aus guten Gründen
dieser Anschauung angeschlossen. Es ist näm-
lich viel leichter, über das Werk eines berühmten
Mannes allerlei, vielleicht Falsches, aber doch
Geistreiches zu reden, als in dem Werke eines
Unbekannten die Begabung zu entdecken. Gegen
sogen. Elite-Ausstellungen soll damit nichts ge-
sagt sein, sie haben einen grofsen erzieherischen
und zumal Genufswert; aber man darf in ihnen
nicht das leitende Prinzip des Ausstellungswesens sehen wollen, wenn man nicht sehr wichtige
Interessen preisgeben will. Bei nicht wenigen Beurteilungen der Deutsch-Nationalen Kunstausstellung
in Düsseldorf hat sich jedoch mehr als gut dieser „Elite"-Geschmack in den Vordergrund geschoben.
Es handelte sich um eine deutsch-nationale Ausstellung, und man braucht noch kein künstlerischer
Schutzzöllner zu sein, um es zu billigen, dafs einmal die deutschen Künstler unter sich uns ein
Bild der Leistungsfähigkeit Deutschlands, unbeeinflufst von unwillkürlichen geistigen Reflexwirkungen
des Auslandes, gaben. Es kam da der in nationalem Sinn aufserordentlich wichtige Gesichtspunkt
in Betracht, wie es sich mit der Durchschnittsleistung deutscher Kunst verhält, ein Gesichtspunkt,
der nach dem eben Gesagten nicht nur von der Tageskritik, sondern selbst von Zeitschriften, die
dem Gegenstand eingehendere Würdigung widmen können, zu Gunsten des Berühmtheitenkultus
und der Richtungsstreitigkeiten viel zu sehr vernachlässigt wird. Durchschnitt ist keineswegs
gleichbedeutend mit Mittelmäfsigkeit. Der Mafsstab jenes Könnens und künstlerischen Empfindens,
das sich nicht blofs bei einer kleinen Zahl besonders hervorragender Künstler, sondern in den
Werken einer breitem Menge Kunstschaffender ausprägt, ist das für die künstlerische National-
kultur Wichtige. Das Genie bringt einer Nation grofse Ehre, sein fruchtbringender EinHufs ist, so
ketzerisch dies klingen mag, ein bedingter. Die Entwicklung einer künstlerischen Kultur ist von
der gröfsern oder geringem Zahl tüchtiger Talente abhängig, die die Säemänner sind.
Das ist der Gesichtspunkt, von dem aus die Düsseldorfer Kunstausstellung in erster Linie betrachtet
werden mufs.
Ein anderer, der für uns nicht dieselbe Bedeutung hat, ist derjenige der herrschenden Strömungen
oder Richtungen des künstlerischen Empfindens und seines Ausdrucks. Er bildet leider für die
Mehrzahl der Beurteiler die Hauptsache. Würde es sich dabei wirklich um die höhere oder geringere
Qualität des künstlerischen Wertes handeln, dann wäre die Sache wohl anders; aber es dreht sich
leider nur allzusehr um Modefragen, um Liebhaberspiele. Den landläufigen Kritikern war die


Aufgang zum Kunstpalast
 
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