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Stoffers, Gottfried [Hrsg.]; Deutsch-Nationale Kunst-Ausstellung <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]; Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und Benachbarte Bezirke <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]
Die Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunst-Ausstellung: Düsseldorf 1902 — Düsseldorf, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.34831#0647

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Gruppe XXII
Kunstgewerbe

Kunstgewerblichen Erzeugnissen sind wir in mancher der bisher behan-
delten industriellen Gruppen schon begegnet: bei den Metallwaren, in der
Glas- und Steingut-Abteilung, in der Textilbranche, bei den polygraphischen
Gewerben. Die gesamte Gruppe Möbel-Industrie sowohl wie die Abteilung
Musikinstrumente sind kunstgewerbliche zu nennen.
Es war nur eine Folge dieser Sonderung des Kunstgewerbes auf einzelnen
seiner Gebiete, dafs ihm die grofse einheitliche Wirkung verloren ging, die
man von einer übersichtlichem Zusammenfassung hätte erwarten können.
Das befolgte System, im allgemeinen die Kunstgewerbe in ihren organischen
Zusammenhängen mit den Gewerben auftreten zu lassen, hatte aber nicht
geringem Wert: es zeigte sich, dafs wenn da und dort mitten in den
breiten Darlegungen aus Gewerben und Industrien Leistungen sich hervor-
hoben, die mit künstlerischem Geist geschaffen waren, diese oft ihre
Umgebung für den Laien erst interessant und auch für den Fachmann um
so wertvoller machten.
Die zeichnerische und praktische Unterweisung der für das verfeinerte
Luxusbedürfnis der Bemittelten arbeitenden Handwerker ist sehr alt, aber
die Entstehung des modernen Begriffs Kunstgewerbe führt man auf die
erste Londoner Weltausstellung von 1851 zurück, durch die nach dem
Tiefstand aller gewerblichen Leistungen in der ersten Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts das Auge auf die sichere Formen- und Farbenpracht der Orien-
talen sowohl wie unserer europäischen Vorfahren gelenkt wurde. Die Be-
wunderung vor der Kunstfertigkeit der Vorfahren war so grofs, dafs man
daranging, alle ihre historischen Stiläufserungen, die Formen der deutschen
und der italienischen Renaissance, das Barock, das Rokoko, das „Louis XVI."
und das Empire, durcheinander nachzuahmen. Erst als allmählich jede dieser
Formen verworfen wurde, erkannte man, warum sie sich mit der Lebenspraxis
nicht vertrugen: wie die veränderten Zeiten neue Bedürfnisse, neue Techniken
und neue Gewerbe geschaffen und alte vernichtet hatten, so verlangte sie auch,
da die alten Stilformen in der neuen Umgebung widersinnig waren, nach einem
eigenen neuen Stil in der Kunst und im Kunstgewerbe. Dieses war zur Abart,
zur Spielart der Gewerbe geworden; es mufste in sie zurückgeführt, vor allem
den neuen Zwecken angepafst und auf diese Weise der Höhepunkt, die Voll-
endung (die Verklärung) der Gewerbe erreicht werden.
Mitte der i8goer Jahre begann das emporzukommen, was man den „Lilien-
stengel" oder „Jugendstil" nannte; und so absurd zuweilen dies neue Evangelium
sich geberdete, als Kern [schälte sich der Hinweis auf eine neue, aufmerk- Moderner Ständer
same Beobachtung der Natur, des Vorbildes für alles künstlerische Schaffen, aus Orivit-Metaii



Professor H. Stiller

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