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Stoffers, Gottfried [Hrsg.]; Deutsch-Nationale Kunst-Ausstellung <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]; Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und Benachbarte Bezirke <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]
Die Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunst-Ausstellung: Düsseldorf 1902 — Düsseldorf, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.34831#0534

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212

GRUPPE X: MÖBEL- UND HOLZ-INDUSTRIE


Gruppe X
Möbel- und Holz-Industrie,
Haus- und Zimmer-Einrichtungen

Rentner
Heinr. Brüggemann

Durch ihren Gesamteindruck auf der Ausstellung befestigte die
rheinische Möbel-Industrie aufs neue ihren guten Ruf, und sie
rechtfertigte in vollem Mafse durch ihren Reichtum an guten
architektonischen Ideen sowohl, wie durch die Gediegenheit
ihrer Erzeugnisse die allgemeine Wertschätzung, die sie schon
seit langer Zeit geniefst. Trotzdem einige der gröfsten rheinischen
Möbelfabrikanten ihre Beteiligung an der Ausstellung zum Teil
in wenig rücksichtsvoller Weise in letzter Stunde aus nichtigen
Gründen zurückgezogen hatten, so ergab sich doch aus dem
Gezeigten ein geschlossenes Bild der ganzen Industrie, und wir
fanden unverkennbare Zeichen des Fortschritts, nicht nur
in der Ausgestaltung der hergebrachten feststehenden Stil-
arten, sondern auch in dem Suchen nach einer klar sich
aussprechenden Neuauffassung der Prinzipien, die bei der
Einrichtung unserer Wohnungen mafsgeben.
Das Gesamturteil über die Schaustellung des Kunstgewerbes
und insbesondere der Wohnungs-Einrichtungen auf der Düssel-
dorfer Ausstellung 1880 wurde im offiziellen Gedenkwerk jenes
Jahres in die Formel gefafst: „Das deutsche Kunstgewerbe hat
sich zum grofsen Teile frei gemacht von dem dominierenden
Einflufs des französischen Geschmackes und ist, an die guten
alten Meister wieder anknüpfend, rüstig bestrebt, der kunst-
reichen Vorbilder Würdiges zu schaffen." Mit andern Worten:
Das kunstgewerbliche Ideal von damals ging nicht höher, als eine möglichst
täuschende Kopie des Alten zu geben; Werke, die in Stil, Technik und Aussehen
den Eindruck erweckten, als seien sie vor Jahrhunderten geschaffen. Nur in der
Industrie gingen Konstruktion und Technik in ihrer eigenen Spur weiter. Hier
entschied stets und durchaus das Prinzip des logisch Einfachen, Zweckdienlichen; und aus den
nüchternen, aber elementar neuen Formen, die das Material der modernen Zeit, das Eisen
bedingte, entwickelte sich jener Stil, der sich zum modernen ausgestaltete, je mehr auf die Dauer
das Schablonenmäfsige, Althergebrachte unerträglich wurde und das Verlangen nach neuen Wegen
sich zeigte, je mehr auch das Augenmerk unserer Architekten auf die Vereinfachung und Reinheit
der Linie gerichtet war, um möglichst viel Licht, viel Luft und viel Platz in den Wohnungen zu
gewinnen. Es ist für den modernen Geschmack charakteristisch, dafs er das Klare, Helle bevor-
zugt; der Begriff des Eleganten ist vielleicht nie einfacher gewesen wie in unserer Zeit.
Es ging nicht ohne Kämpfe und Absurditäten ab, als es galt, diese immer mächtiger gewordene
und immer mehr in das Leben eindringende Anschauung auch auf das Kunstgewerbe zu übertragen.
In der Möbel-Architektur mufste dieser neue Einflufs dahin wirken, jedem Möbel wieder sein
eigenes Leben zu geben, es seinem Zweck (zu heben, zu tragen, zu verbergen) entsprechend zu
bauen und es nur um seine eigene Schönheit besorgt sein zu lassen, nicht an ein äufseres,
„stilisches" Raumgepräge zu denken, sondern dieses erst durch Logik und Grazie jedes einzelnen
Raumgliedes von innen heraus herzustellen. Es gab eine Umwälzung, deren Klärung sich jetzt
ankündigt durch das Verschwinden jener Auswüchse, deren haltloses Liniengewirr unter der
 
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