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Stoffers, Gottfried [Hrsg.]; Deutsch-Nationale Kunst-Ausstellung <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]; Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und Benachbarte Bezirke <1902, Düsseldorf> [Hrsg.]
Die Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunst-Ausstellung: Düsseldorf 1902 — Düsseldorf, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.34831#0693

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DEUTSCH-NATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG

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einer paviHonartigen Hocharchitektur umgaben nackte Gestalten aus Bleigufs eine Schale, auf die das
Wasser in leisen Tropfen hei. Ein besonderer Raum war Henry van de Velde eingeräumt, der hier
sowohl in längs den Wänden laufenden Polstersitzen mit Holzwerk, wie in anderen Gegenständen
seinen Grundsatz von der absoluten Linienkunst vorführte. Eine eigenartige Beigabe zu dieser Abtei-
lung bildete die kostbare, in Deutschland nicht übertroffene japanische Sammlung von Professor Georg
Oeder in Düsseldorf. Diese reiche Sammlung altjapanischer Kleinkunst zeichnete sich sowohl durch
ihre ernst systematische Zusammenstellung, wie durch die Gediegenheit jedes Einzelstückes aus.
In ihrem allgemeinen Eindrücke hatten diese Werke der angewandten Kunst in Düsseldorf das-
selbe Resultat, wie es sich für den leidenschaftslosen Kunstfreund auf allen Ausstellungen ergiebt.
Es ist nicht zu bezweifeln, dafs diese Bestrebungen eine wertvolle Bereicherung der künstlerischen
Formenwelt bringen, aber es fehlt noch jeder Beweis dafür, dafs sie allen den klaren Anforderungen
an den Formenausdruck Genüge zu leisten vermögen, und endlich ist es nicht wahrscheinlich, dafs
eine völlige Loslösung vom historisch Überlieferten, eine absolute Neubildung die endgültige Ent-
wicklung der Dinge sein werde. Vielmehr wird auch hier in Erscheinung treten, was sich auf
allen Kunstgebieten mehr und mehr offenbart, dafs das Überlieferte mit unserer Kultur bereits
organisch verwachsen ist und nicht kurzweg ausgelöst werden kann.
Dieser Gedanke hat auch den Verfasser des vorliegenden Berichtes geleitet. Er möchte seine
Aufserungen nicht dahin aufgefafst sehen, als stehe er dem Modernen nur skeptisch gegenüber.
Die Weiterentwicklung der Kunst ist ihm selbstverständliche, weil in der Natur alles Lebendigen
gelegene Notwendigkeit. Aber diese Weiterentwicklung bedeutet nicht, dafs das Neue an sich
schon, eben weil es neu ist, besondern Wert habe und dafs es sich vor allem darum handle,
nur immer allerneueste Saisonarbeit zu bringen. Ein solches Neue kann die Entwicklung störend
unterbrechen und so hemmend statt fördernd wirken. Es thut das, sobald es nicht zur rechten
Zeit den organischen Zusammenhang mit dem Riesenbau der grofsen Kunstgedanken der Menschheit
gewinnt. Die Deutsch-Nationale Kunstausstellung 1902 in Düsseldorf hat nun gezeigt, dafs man sich
dieses organischen Zusammenhangs in der Mehrheit der deutschen Künstlerschaft wieder bewufst
geworden ist und dafs ihr Ziel gesunderweise eine Vorwärtsbewegung bedeutet, die sich absichtslos,
dem Künstler unbewufst, aus dem schöpferischen Drange der suchenden Seele heraus entwickelt
und nicht aus gewaltthätig nach Alleinherrschaft strebenden Theorien.

Die Jury der Kunstausstellung
 
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