eine Einheit, das Gesicht. Er sieht: nicht Ge-
genstände der Außenwelt. Er sieht nicht
gegenständlich. Er verlernt die logischen
Zusammenhänge der Gegenständlichkeiten,
wie sie dem Verstand erscheinen. Der schaf-
fende Künstler kennt die verstandesgemäße
Logik nicht. In ihm gestaltet die künstle-
rische Logik. Die künstlerische Logik er-
scheint als Rhythmus. Der Unterschied zwi-
schen der Logik des Verstandes und der Lo-
gik des Rhythmus wird klar, wenn wir uns
versuchen vorzustellen, was ein rhythmi-
sches Denken, also eine rhythmische Ver-
standestätigkeit ist. Um rhythmisch zu den-
ken, ist es belanglos, ob die Gedankenkette
verschieden ist und voneinander abhängt.
Dieser logische Zusammenhang macht das
Denken nicht rhythmisch, sondern rhyth-
misch wird es dadurch, daß die Glieder der
Gedankenkette in bestimmten Zwischenräu-
men und in bestimmter Schnelligkeit aufein-
anderfolgen. Es ist möglich, daß die Glieder
verstandesgemäß völlig gleich sind, also der
eine Gedanke in der Gedankenkette immer
wiederholt wird. Es ist ebenso gut möglich,
daß zwischen den Gliedern der Gedanken-
kette nicht einmal der Zusammenhang der
Gleichheit besteht. Weder die Unlogik des
Verstandes noch die Logik des Verstandes
ist also für den Rhythmus wesentlich. Die
Logik des Rhythmus ist das Verhältnis, in
dem Zwischenräume und Schnelligkeiten in
der Bewegung zueinander stehen. Die Lo-
gik des Rhythmus ist in jedem Bild eine an-
dere gemäß seinem Gesetz. Der Rhythmus
des Kunstwerks ist eine Bewegung, eine
zwangvolle und notwendige Bewegung.
Zwangvoll ist sie dadurch, daß der Künstler
durch sein Gesicht gezwungen wird, die Be-
wegung zu erleiden. Künstlerisch notwendig
ist sie, weil nur durch die bestimmte schöp-
ferisch erfaßte Bewegung dem Gesicht die
Gestalt gegeben werden kann.
* * *
Die Futuristen haben als erste Maler in der
Gegenwart die Bewegungsvorstellungen des
Gesichtes unmittelbar gestaltet. Die Welt,
von der wir uns abwenden, glaubte zu wis-
sen, was Kunst ist, schuf ein System von
Künsten und lehrte, daß der Maler keine Be-
wegung darstellen könne. Mit den Voraus-
setzungen solcher Kunstanschauung sind
auch die Lehren solcher Kunstanschauung
abgetan. Der Künstler erkennt, daß jedes
Gesicht auch eine Bewegungsvorsteliung ist
und mit dem Zwang, die Vorstellungen de
Gesichts zu gestalten, erleidet er auch den
Zwang, Bewegungsvorsteilungen zu gestal-
ten, Die Bewegungsvorstellungen des Ge-
sichts sind in den Bildern der Futuristen
unmittelbar gekündet. Der Rhythmus ist
die Bewegung des Kunstwerks. Im Bild
erscheint derRhythmus als Linie und als Ver-
hältnis der Farben, Die rhythmische Linie
ist das Kunstmittel, durch das sich die Bilder
der Futuristen so tief von den Werken der
letzten fünf Jahrhunderte Europas unter-
scheiden, daß in den Bildern der Futuristen
die neue Welt durch die Linie erschlossen
ist: die Welt der Gesichte.
Ebenso tief unterscheiden sich die Werke
der Kubisten von den Werken der vergan-
genen fünf Jahrhunderte durch die rhyth-
mische Farbe. Die Kubisten gestalten un-
mittelbar die Farbformvorstellung des Ge-
sichts. Die Maler der äußeren Gegenständ-
lichkeiten malen diese Gegenständlichkeiten
farbig. Sie wußten nicht mehr, was Farbe
ist. Erst in den Gesichten wird die Farbe
wieder vorgestellt. Da die Gesichte unab-
hängig von der Gegenständlichkeit sind, er-
scheinen die Farbformvorstellungen nicht
als farbige oder gefärbte Formen, sondern
als Farben. Die Farbe ist hier keine Eigen-
schaft der Form, ebensowenig wie die Form
eine Eigenschaft der Farbe ist, sondern
beide durchdringen sich völlig gleichwertig
zu einem einheitlichen Gebilde, dem Bild.
Daher haben die Bilder der Kubisten reine
Farben und reine Formen. Daher geben sie
die Farbformen nicht durcheinander, nicht
vermischt, sondern nebeneinander, kompo-
niert, in bestimmten Verhältnissen zuein-
ander gesetzt, bestimmt von dem Bildrhyth-
mus. Der Farbrhythimus entsteht aus den
Leuchtunterschieden der Farben und der
Flächenausdehnung der einzelnen Farbe.
Haben die Futuristen den werkgestaltenden
Grundsatz der rhythmischenLinie aiswesent-
lich für das Bild gefunden, so geben die Ku-
bisten als wesentlichen Grundsatz für das
Bild die rhythmische Farbe.
Die Expressionisten verneinen die werk ge-
staltenden Grundsätze der rhythmischenLinie
und der rhythmischen Farbe. Die Grundsätze
$4
genstände der Außenwelt. Er sieht nicht
gegenständlich. Er verlernt die logischen
Zusammenhänge der Gegenständlichkeiten,
wie sie dem Verstand erscheinen. Der schaf-
fende Künstler kennt die verstandesgemäße
Logik nicht. In ihm gestaltet die künstle-
rische Logik. Die künstlerische Logik er-
scheint als Rhythmus. Der Unterschied zwi-
schen der Logik des Verstandes und der Lo-
gik des Rhythmus wird klar, wenn wir uns
versuchen vorzustellen, was ein rhythmi-
sches Denken, also eine rhythmische Ver-
standestätigkeit ist. Um rhythmisch zu den-
ken, ist es belanglos, ob die Gedankenkette
verschieden ist und voneinander abhängt.
Dieser logische Zusammenhang macht das
Denken nicht rhythmisch, sondern rhyth-
misch wird es dadurch, daß die Glieder der
Gedankenkette in bestimmten Zwischenräu-
men und in bestimmter Schnelligkeit aufein-
anderfolgen. Es ist möglich, daß die Glieder
verstandesgemäß völlig gleich sind, also der
eine Gedanke in der Gedankenkette immer
wiederholt wird. Es ist ebenso gut möglich,
daß zwischen den Gliedern der Gedanken-
kette nicht einmal der Zusammenhang der
Gleichheit besteht. Weder die Unlogik des
Verstandes noch die Logik des Verstandes
ist also für den Rhythmus wesentlich. Die
Logik des Rhythmus ist das Verhältnis, in
dem Zwischenräume und Schnelligkeiten in
der Bewegung zueinander stehen. Die Lo-
gik des Rhythmus ist in jedem Bild eine an-
dere gemäß seinem Gesetz. Der Rhythmus
des Kunstwerks ist eine Bewegung, eine
zwangvolle und notwendige Bewegung.
Zwangvoll ist sie dadurch, daß der Künstler
durch sein Gesicht gezwungen wird, die Be-
wegung zu erleiden. Künstlerisch notwendig
ist sie, weil nur durch die bestimmte schöp-
ferisch erfaßte Bewegung dem Gesicht die
Gestalt gegeben werden kann.
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Die Futuristen haben als erste Maler in der
Gegenwart die Bewegungsvorstellungen des
Gesichtes unmittelbar gestaltet. Die Welt,
von der wir uns abwenden, glaubte zu wis-
sen, was Kunst ist, schuf ein System von
Künsten und lehrte, daß der Maler keine Be-
wegung darstellen könne. Mit den Voraus-
setzungen solcher Kunstanschauung sind
auch die Lehren solcher Kunstanschauung
abgetan. Der Künstler erkennt, daß jedes
Gesicht auch eine Bewegungsvorsteliung ist
und mit dem Zwang, die Vorstellungen de
Gesichts zu gestalten, erleidet er auch den
Zwang, Bewegungsvorsteilungen zu gestal-
ten, Die Bewegungsvorstellungen des Ge-
sichts sind in den Bildern der Futuristen
unmittelbar gekündet. Der Rhythmus ist
die Bewegung des Kunstwerks. Im Bild
erscheint derRhythmus als Linie und als Ver-
hältnis der Farben, Die rhythmische Linie
ist das Kunstmittel, durch das sich die Bilder
der Futuristen so tief von den Werken der
letzten fünf Jahrhunderte Europas unter-
scheiden, daß in den Bildern der Futuristen
die neue Welt durch die Linie erschlossen
ist: die Welt der Gesichte.
Ebenso tief unterscheiden sich die Werke
der Kubisten von den Werken der vergan-
genen fünf Jahrhunderte durch die rhyth-
mische Farbe. Die Kubisten gestalten un-
mittelbar die Farbformvorstellung des Ge-
sichts. Die Maler der äußeren Gegenständ-
lichkeiten malen diese Gegenständlichkeiten
farbig. Sie wußten nicht mehr, was Farbe
ist. Erst in den Gesichten wird die Farbe
wieder vorgestellt. Da die Gesichte unab-
hängig von der Gegenständlichkeit sind, er-
scheinen die Farbformvorstellungen nicht
als farbige oder gefärbte Formen, sondern
als Farben. Die Farbe ist hier keine Eigen-
schaft der Form, ebensowenig wie die Form
eine Eigenschaft der Farbe ist, sondern
beide durchdringen sich völlig gleichwertig
zu einem einheitlichen Gebilde, dem Bild.
Daher haben die Bilder der Kubisten reine
Farben und reine Formen. Daher geben sie
die Farbformen nicht durcheinander, nicht
vermischt, sondern nebeneinander, kompo-
niert, in bestimmten Verhältnissen zuein-
ander gesetzt, bestimmt von dem Bildrhyth-
mus. Der Farbrhythimus entsteht aus den
Leuchtunterschieden der Farben und der
Flächenausdehnung der einzelnen Farbe.
Haben die Futuristen den werkgestaltenden
Grundsatz der rhythmischenLinie aiswesent-
lich für das Bild gefunden, so geben die Ku-
bisten als wesentlichen Grundsatz für das
Bild die rhythmische Farbe.
Die Expressionisten verneinen die werk ge-
staltenden Grundsätze der rhythmischenLinie
und der rhythmischen Farbe. Die Grundsätze
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