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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 19.1928-1929

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Heft 10
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Lüdecke, Heinz: Avgust Černigoj und Ferdinand Delak
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https://doi.org/10.11588/diglit.47219#0163

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.. V 5 . ■ ■
Avgust Cernigoj und Ferdinand Delak

Heinz Luedecke

Die Namen dieser beiden Revolutionäre sind
aus der Geschichte der jungen slovenischen
Kunst nicht wegzudenken. Ihrem gemeinsamen
Wirken ist es zu verdanken, daß sich die jungen
künstlerischen Kräfte Sloveniens zu einer Ein-
heitsfront gegen Bourgeoisie und Tradition zu-
sammengeschlossen haben.
Cernigojs Entwicklungsgang ist vielgestaltig
und führte ihn durch alle Ausdrucksformen
unserer Zeit. Er war Impressionist, hatte als
Expressonist bedeutende Erfolge, ging dann
zum Kubismus über, um schließlich, nach un-
ermüdlichem Experimentieren, im Konstruk-
tivismus den ihm gemäßen Stil zu finden. Seine
temperamentvolle Aktivität führt ihn stets in
die vorderste Reihe, wenn es gilt, für neue
Ideen und für die Wahrheit zu kämpfen. Die
Behendigkeit und die europäische Weite seines
Geistes machen ihn zu einem Mittler zwischen
der slovenischen Avantgarde und den fort-
schrittlichen Kräften des Auslandes. So ar-
beitete er längere Zeit bei Gropius am „Bauhaus“
und so gründete er im italienischen Triest in
Verbindung mit führenden Futuristen die „Schule
der modernen Aktivität“. — Cernigojs Einfluß
auf die junge slovenische Kunst ist bedeutend.
Die verschiedenen Ausstellungen, die er in
Ljubljana veranstaltete, seine Mitarbeit im Kreise
der „Neuen Bühne“, eine kurze Lehrtätigkeit
an der Ljubljanaer Bauschule: das alles waren
revolutionierende Eingriffe in Sloveniens Kunst-
leben. — Wenn auch die bürgerlichen Kreise
und die staatlichen Instanzen in Cernigojs ei-
gener Heimat ihm nicht die verdiente An-
erkennung zuteil werden ließen, so erkannte
doch das Ausland die Bedeutung dieses außer-
gewöhnlichen Mannes: Italien betraute ihn mit
der raumkünstlerischen Ausgestaltung seiner

drei größten und modernsten Transocean-Motor-
schnellschiffe. Neben dieser wahrhaft zeit-
gemäßen Arbeit geht eine vielseitige und er-
folgreiche Tätigkeit für das italienische Kunst-
gewerbe. — Cernigojs Liebe gehört trotzdem
der Heimat. Durch seine Mitarbeit beim „Tank“
ist er noch immer einer der geistigen Führer
des jungen Ljubljana, und wer von den jungen
Slovenen eine zeitgemäße künstlerische Aus-
bildung zu empfangen wünscht, die internatio-
nalen, konstruktiven Geist mit nationaler Kultur
vereinigt, der findet den Weg zu seiner Triester
Schule. Cernigoj ist Maler, Architekt, Bildhauer
und Bühnenbildner. In seiner Schule werden
alle diese Kunstarten gelehrt.
Delak ist der Begründer des „Tank“, einer Zeit-
schrift, die den internationalen Ideen in Slovenien
Eingang verschaffen will. Seiner Initiative ist
es zu verdanken, daß dem neuen Geiste eine
Heimstätte im reaktionären Slovenien geschaffen
wurde, ein Sammelpunkt für die Bestrebungen
der revolutionären Jugend. Und ihm danken
es die jungen slovenischen Künstler, daß ihre
Namen in Deutschland, Frankreich, Rußland,
Italien und in den Balkanstaaten bekannt ge-
worden sind. — Delak ist in erster Linie
Bühnenkünstler und hat am Staatstheater in
Ljubljana gewirkt. Durch die Gründung der
Vereinigung „Neue Bühne“ („Novi Oder“) und
durch Herausgabe einer Zeitschrift gleichen
Namens sowie verschiedener Manifeste gelang
es ihm, im Verein mit Cernigoj, auch Einfluß
auf die Entwicklung der anderen Künste zu
erlangen, indem er alle jungen Aktivisten zur
gemeinsamen Arbeit aufrief. Delaks Ziel ist
die Begründung einer kollektiven und kon-
struktiven Kunst und eine Synthese internatio-
nalen Geistes mit dem slovenischen National¬

er I
 
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