CHINESISCHES GLÜCKSGEHEIMNIS (drei
uralte Affen in sauberen Röcken eng
aneinanderhockend. Der erste hält sich
die Augen zu, der zweite die Nase,
der dritte die Ohren. Was etwa be-
sagen soll: Nichts sehen, nichts riechen,
nichts hören! [Bequem, nicht?])
HUNDSKOPF MIT KNOCHEN (der erinnert
stark an einen Oberlehrer aus dem
nächsten Bekanntenkreise. Vielleicht
wird er das bei fortschreitender De-
generation auch noch einmal. In einer
späteren Existenz!)
BUDDHA-ASCHENBECHER (von der Ver-
kaufsstelle als Prämie gratis dazugepackt.
Der gleiche fettige Gott, en miniature,
mit gleichem Lächeln und gekreuzten
Beinen auf einem Behälter für Zigarren-
asche thronend)
EINE GELBE KIRCHENLATERNE (Mauso-
leum)
EINE ROTE KIRCHENLATERNE (Krema-
torium)
DIE FAKTURA (in einem unverschlossenen
Briefumschlag)
SPRECHENDE MENTALE SCHWINGUNGEN
DES AUTORS
DER ZOLLBEAMTE (Bayer)
Noch eine Regiebemerkung: - (Leider nicht
zu umgehen! Kann jedoch wegbleiben.) -
Es bleibt dem Ermessen des schöpferischen
Regisseurs überlassen, in welcher Weise
er dem Publikum andeutet, daß der Autor
zu Beginn der Szene einen Augenblick in
Verlegenheit ist, was er mit diesem
gotisch-ostasiatisch'kommerziell-astralen
Gesindel nun eigentlich beginnen soll.
Ferner sind durch die Regie etwa folgende
Gedankengänge klar zu machen: Man
muh nicht unbedingt an okkulte Phäno-
mene glauben, um dennoch einzusehen,
daß eine derartige Reisegesellschaft, mit
grausiger Willkür in einer Kiste zu-
sammengepfercht und völlig im Unge-
wissen über Ziel und Zweck dieses
Vorganges, schließlich bemüht sein wird,
die gemeinsame Fahrt im Güterzuge
und das allgemeine Unbehagen darüber
durch Gespräche erträglicher zu gestalten.
Und zweifellos ist der Drang nach Mit-
teilung ein so heftiger, daß er schließlich
über die Grenzen des Stofflichen trium-
phiert und sich in einer ganz europäisch
klingenden Sprache Luft macht. Die
Spannung in den Physiognomien der
mit der Unbeseeltheit und Stummheit
der Materie ringenden Skulpturen muß
unter allen Umständen, vielleicht durch
Beleuchtungseffekte, hervorgehoben
werden. Desgleichen die merkwürdige,
gegenseitige Gereiztheit, die sich im
Laufe der Unterhaltung bei fast allen
Figuren, wahrscheinlich aus dem Gefühl
ihres gemeinsamen Mißgeschickes her-
aus, einstellt.
Beginn
OUVERTÜRE: Die Melodie in den Falten
des Trauergewandes der Nonne erhebt
sich aus düster-tragischem As-moll
Orgelpunkt zum schattenhaft strahlen-
den Fis-moll-Motiv des kosmischen
Leidens.
In Gegenbewegung, kontrapunktisch
durchgeführt, bilden die Därme des
verhungernden Bettlers krachend den
Generalbaß dazu. Ferne C-dur-Fanfare.
(Wie sich später herausstellt, kommt sie
aus der dem Theater gegenüberliegenden
Kaserne, wo eben der „Zapfenstreich“
abgeblasen wird.)
355
uralte Affen in sauberen Röcken eng
aneinanderhockend. Der erste hält sich
die Augen zu, der zweite die Nase,
der dritte die Ohren. Was etwa be-
sagen soll: Nichts sehen, nichts riechen,
nichts hören! [Bequem, nicht?])
HUNDSKOPF MIT KNOCHEN (der erinnert
stark an einen Oberlehrer aus dem
nächsten Bekanntenkreise. Vielleicht
wird er das bei fortschreitender De-
generation auch noch einmal. In einer
späteren Existenz!)
BUDDHA-ASCHENBECHER (von der Ver-
kaufsstelle als Prämie gratis dazugepackt.
Der gleiche fettige Gott, en miniature,
mit gleichem Lächeln und gekreuzten
Beinen auf einem Behälter für Zigarren-
asche thronend)
EINE GELBE KIRCHENLATERNE (Mauso-
leum)
EINE ROTE KIRCHENLATERNE (Krema-
torium)
DIE FAKTURA (in einem unverschlossenen
Briefumschlag)
SPRECHENDE MENTALE SCHWINGUNGEN
DES AUTORS
DER ZOLLBEAMTE (Bayer)
Noch eine Regiebemerkung: - (Leider nicht
zu umgehen! Kann jedoch wegbleiben.) -
Es bleibt dem Ermessen des schöpferischen
Regisseurs überlassen, in welcher Weise
er dem Publikum andeutet, daß der Autor
zu Beginn der Szene einen Augenblick in
Verlegenheit ist, was er mit diesem
gotisch-ostasiatisch'kommerziell-astralen
Gesindel nun eigentlich beginnen soll.
Ferner sind durch die Regie etwa folgende
Gedankengänge klar zu machen: Man
muh nicht unbedingt an okkulte Phäno-
mene glauben, um dennoch einzusehen,
daß eine derartige Reisegesellschaft, mit
grausiger Willkür in einer Kiste zu-
sammengepfercht und völlig im Unge-
wissen über Ziel und Zweck dieses
Vorganges, schließlich bemüht sein wird,
die gemeinsame Fahrt im Güterzuge
und das allgemeine Unbehagen darüber
durch Gespräche erträglicher zu gestalten.
Und zweifellos ist der Drang nach Mit-
teilung ein so heftiger, daß er schließlich
über die Grenzen des Stofflichen trium-
phiert und sich in einer ganz europäisch
klingenden Sprache Luft macht. Die
Spannung in den Physiognomien der
mit der Unbeseeltheit und Stummheit
der Materie ringenden Skulpturen muß
unter allen Umständen, vielleicht durch
Beleuchtungseffekte, hervorgehoben
werden. Desgleichen die merkwürdige,
gegenseitige Gereiztheit, die sich im
Laufe der Unterhaltung bei fast allen
Figuren, wahrscheinlich aus dem Gefühl
ihres gemeinsamen Mißgeschickes her-
aus, einstellt.
Beginn
OUVERTÜRE: Die Melodie in den Falten
des Trauergewandes der Nonne erhebt
sich aus düster-tragischem As-moll
Orgelpunkt zum schattenhaft strahlen-
den Fis-moll-Motiv des kosmischen
Leidens.
In Gegenbewegung, kontrapunktisch
durchgeführt, bilden die Därme des
verhungernden Bettlers krachend den
Generalbaß dazu. Ferne C-dur-Fanfare.
(Wie sich später herausstellt, kommt sie
aus der dem Theater gegenüberliegenden
Kaserne, wo eben der „Zapfenstreich“
abgeblasen wird.)
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