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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 21.1932

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Walden, Herwarth: Spaß muss sein
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https://doi.org/10.11588/diglit.47223#0003

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i: „Krise, Krisis (Ent-
w.“ Wenn man schon

Spaß muß sein &
Wir leben in der Kris^ -.^Dud^
Scheidung, Wendepunkt, Um^chla^)
über Worte hinwegsieht, sehr zum Nachteil der Wörter und
des Sehens, so sollte man für Fremdwörter zweckmäßig
wenigstens den Duden nachschlagen. Demnach leben wir also
in der Entscheidung oder im Wendepunkt oder im Umschlag.
Und zwar weiblichen Geschlechts. Jetzt sieht die Krise ganz
anders aus. Man konnte sich mit der Krise so schön alles
ausreden. Was auch geschieht, Schuld hat die Krise. Weib-
lichen Geschlechts. Akademiker, Wirtschaftsführer und Schrift-
steller hatten sogar noch die vornehmere Form „Krisis“
zur Verfügung. Man konnte im Namen der Krise schlagen
(Politik) oder unterschlagen (Wirtschaftsführung). Grund:
Krise. Jetzt ist es plötzlich garnichts damit. Es ist nur eine
ganz simple Entscheidung. Vor der Krise brauchte man sich
bekanntlich nicht zu entscheiden. Nun stellt sich heraus, daß
die Krise selbst nur eine Entscheidung ist. Oder man müßte
sich auf den Wendepunkt retten. Geschieden muß sein oder
gewendet muß sein. Zwar kann man Ehen nicht wenden und
Anzüge nicht scheiden. Aber Entscheidung und Wendepunkt
ist beides nur Krise. Auch mit dem Umschlag männlichen
Geschlechts kommt man wortwörtlich nicht viel weiter. Das
Wort erinnert zwar an die politische Tätigkeit des Schlagens.
Aber es ist doch nur die Krise. Laut Duden. Das Problem
ist bekanntlich, aus der Krise weiblichen Geschlechts heraus-
zukommen. Das wäre denkbar. Aber wie kommt man aus
einer Entscheidung heraus, ohne sich zu entscheiden. Oder
wie fällt man von dem Wendepunkt herunter, ohne sich
zu wenden. Oder was ist mit dem Umschlag, wenn etwa das
Wetter mit und ohne Krise sich den Umschlag sowieso leistet.
Wie entscheidet man sich also, ohne sich zu entscheiden. Und
da es nur darauf ankommt, wird die Krise sich immer mehr
zuspitzen, wie das Führer zu nennen pflegen. Sie treiben
mit der Krise noch viel mehr. Sie bringen die Krise tagtäglich
in eine zugespitzte Lage. Der Lage fällt das Zuspitzen sehr
schwer, weil sie nämlich keine Spitze hat. Wenn man sich
noch die unglückliche zugespitzte Lage des Wendepunkts
vorstellf, sogar sächlichen Geschlechts, was soll dann die
Krise dazu sagen. Auch mit der zugespitzten Lage des Um-
schlags sieht es wacklig aus. Also wird weiter nichts übrig
bleiben, als in der Krise zu bleiben. Bis man sich zu einer
Entscheidung entschließ^:.
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