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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 21.1932

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Bucher: Heilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.47223#0039

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Heilung
Dr. med. Bucher/Bern
Leiter des Schweizerischen Antituberkulose-Heilinstituts
Noch nie hat sich eine gute Sache, die bestehenden Interessen
zuwiderlief, ohne Widerstand und Anfeindung durchzusetzen ver-
mocht. Aehnlich geht es mit dem Friedmann-Mittel, das durch den
Artikel von Professor v. Gonzenbach, „Lärm um Friedmann“, nun
auch in den Tageszeitungen zur Diskussion gestellt wird. Gonzen-
bach wendet sich dabei besonders an die „Stillen im Lande“ und
setzt sich für diese gegen irgendwen zur Wehr. Dabei kenne ich
in der Schweiz niemanden, der über Friedmann so viel geredet
und geschrieben hätte wie gerade Gonzenbach und die Friedmann-
Gegner. Ich zähle sie also gar nicht zu den „Stillen im Lande“.
Gonzenbach redet von Märtyrern, die doch keine seien, von plumper
Reklame, die das Mittel vor das Volk bringe und der Wunder-
gläubigkeit des Volkes. Da ich nicht im entferntesten die Absicht
habe, ein Märtyrer zu sein, so waren diese Ansprüche für mich,
der ich die Wirkung des Friedmann-Mittels an den mannigfaltigsten
Kranken und in verschiedensten Situationen beobachtet habe, Ver-
anlassung, wieder einmal aus der Stille hervorzutreten.
Was seinerzeit, jahrelang bevor ich mich für das Friedmann-
Mittel einsetzte, dem Volk und später auch mir am Friedmann-
Mittel gefallen hat, war die große Idee der am-
bulanten Tuberkulosebehandlung, die über der über-
handnehmenden Sanatoriumsbehandlung durch Mithilfe von Liga,
Staat und Äerzten fast in Vergessenheit geraten war. (Ambulant
nennen wir eine Behandlung zuhause und unter periodischer ärzt-
licher Kontrolle des Patienten ohne dessen ständige Internierung.)
Daß aber diese ambulante Behandlung in sehr vielen Fällen zum
Erfolg führt, beweist mir das Ergebnis meiner Erfahrungen. Es ist
selbstverständlich, daß dabei die von Gonzenbach erwähnten Spon-
tanheilungen auch bei dieser Behandlung in genau derselben Zahl
vorkommen wie bei der Sanatoriumsbehandlung. Der gewaltige
Unterschied zwischen beiden Behandlungen ist aber nicht einmal die
Wirksamkeit, sondern das Geld, das der Patient bei der einen
oder andern Behandlung ausgibt für die von Gonzenbach propa-
gierte Luft, Licht, Sonne und gute Verpflegung, alles Faktoren,
die nicht ein Privileg der Höhenkurorte und Infemierungsanstalten
sind. Bei der einen Behandlung ist es eine teure Luft, Licht und)
Sonne, bei der andern die, die für alle Leute vorhanden ist. Die
so durchgeführte ambulante Behandlung verschlingt aber mindestens
zehnmal weniger Geld als die Heilstättenkur, bringt den Patienten
nicht an den Rand des finanziellen Ruins und treibt ihn, dort

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