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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 21.1932

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Kún, André von: Kräftiges Mädchen lenkt Unterseeboot mit Medaillon
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Friedlaender, Salomo: Dr. med. Shylock
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https://doi.org/10.11588/diglit.47223#0092

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sieht. Ob „Herzblättchen“ nach dem Genuß von „Äbschiedsschluck“
soweit kommt, alle irdischen Wünsche eines wackeren Unfersee-
bootlers zu erfüllen . . .
Exzellenz Lucius Licinius Lucullus, kommandierender General
der alten Armee, der alten römischen Armee nämlich, soll nach
seinen erfolgreichen Operationen auf verschiedenen Kriegsschau-
plätzen „in Reichtum und Genuß gelebt“ haben.
Das steht auch im Handbuch des Wissens und ist so zu ver-
stehen, daß der Herr Feldmarschall und Schlachtenlenker a. D.
wegen seines Reichtums den Genuß leben konnte. Die nach ihm
benannten lucullischen Gastmahle standen bis jetzt hoch in Ehr-
furcht.
Nun ist es aus mit der Herrlichkeit. Exzellenz Lucullus ist
erledigt. Durch den Erfinder des „Unterseeboot mit Medaillon“.
Klassisch vorgebildete Leute wenden in solchen Fällen das
schönste Zitat an: Sic transit gloria mundi.

Dr. med. Shylock
Mynona
In Bremen (wo, sag’ ich nicht; er wird sich schon getroffen
fühlen) wohnt der Chirurg und Psychiater Kluglack, berühmter
Operateur und Analytiker. Seine Sprechstunde wird von den wun-
derlichsten Originalen überlaufen, und im Umgänge mit solchen
Narren gerät auch der achsenfesteste Arzt in die Gefahr der
Psychopathie. Während Kluglack mit meinen gelähmten Facialis
elektrisch massierte, gewann ich manchen Einblick in seine kuriose
Praxis.
Im Wartezimmer saß mal ein Jüngling, den ich blutiger Laie
sofort als Idioten diagnostizierte, und gerade, als ich einfraf, ver-
abschiedete sich dessen Papa, ein alter Gymnasialprofessor, vom
Arzte, der ihn zu trösten versuchte: „Nee, lieber Doktor“, wider-
sprach der Vater, „geben Sie sich keine unnütze Mühe . . . Komm,
Klaus! Die Götter haben dich ausersehen, mit dir vergebens zu
kämpfen. Aus dem Hopfen und Malz, das bei dir verloren geht,
könnte man ein Welf-Bier-Monopol errichten.“ Wie sagt Nietzsche,
der selbst so einer war: „An Meschuggenen soll man nicht rum-
doktern.“ Der Doktor half dem Jungen in den Mantel: „Aber
lieber Professor“, beschwichtigte er, „Sie als alter Lateiner erinnern
sich doch Seneca’s ,Nullum magnum ingenium sine demenfiae
mixfuram!“ Womöglich ist Ihr Sohn gerade ein magnum ingeni ...“
„Pfuideibelnochmal!“ unterbrach ihn brüllend der Alfphilolog, „,sine‘
regiert den Ablativ — sine mixtura, Herr! Ra!!! Bei mir würden Sie

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