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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 21.1932

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Bucher: Heilung
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Meier-Naef, A: Lärm um Friedmann?
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https://doi.org/10.11588/diglit.47223#0042

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sich so einer Kontrolle und Äufsichtsmöglichkeit entziehen. Daß
durch dieses Gesetz die Ansteckungsgefahr nicht kleiner geworden
ist, leuchtet dem Dümmsten ein. Es wäre umsichtiger, statt eines
komplizierten Fürsorge- und Polizeiapparates, der auch nicht gratis
ist, wenn mit Hilfe des Volkes, das sich so vor weiterer An-
steckung schützt, für die unheilbaren Kranken in eigenen Häusern
die Möglichkeit geboten wäre, den Rest des Lebens dort ungesorgt
und menschenwürdig zu fristen, falls sie oder ihre Angehörigen
den Wunsch zur Trennung äußern.
Solche Tuberkuloseheime sind nur die menschliche und ethische
Konsequenz des in Kraft getretenen Gesetzes. Wenn dieses aller-
dings so ausgeübt wird, daß z. B. Kinder mit Hilfe der Vormund-
schaftsbehörden den Eltern gewaltsam fortgenommen werden sollen,
so wird — vor der Schaffung oben erwähnter Tuberkuloseheime —
eine unserer nächsten Aufgaben die Bildung einer Volksinitiative
sein zur Wiederaufhebung der, solch unwürdige und mittelalter-
liche Maßnahmen erlaubenden Gesetzesparagraphen . . .
Es mutet mich wie Kinderei an, wenn erwachsene Männer auf
diese Weise streiten, wo es doch gegen einen gemeinsamen Feind,
eben gegen die Tuberkulose gehen soll. Steckt denn überhaupt
ein tieferer Sinn in dieser starren Ablehnung eines sehr brauchbaren
Tuberkuloseheilmittels?
Die Behauptungen Gonzenbachs sind übrigens bereits von Geheimrat
Dr. med. Konrad Küster / Berlin in der großen Baseler Zeitschrif t
„Schweizerischer Beobachter“ völlig widerlegt worden.
Lärm um Friedmann?
Dr. med. A. Meier-Naef/Wettingen (Schweiz)
In verschiedenen Tageszeitungen erschien vor kurzem ein Artikel von
Dr. v. Gonzenbach, Zürich, unter dem Titel: „Der Lärm um Friedmann“.
Der Artikel ruft in verschiedener Hinsicht nach einer Erwiderung. Einmal
glaube ich annehmen zu dürfen, daß das Volk von diesem „Lärm“
durch Friedmann-Anhänger noch nicht viel gehört haben werde. Sodann
muß vor allem die Verallgemeinerung der Anhänger der Friedmann-
Methode als Lärmmacher zurückgewiesen werden. Schreibender hat näm-
lich trotz sehr schönen Erfolgen bei über 600 Geimpften
weder in Wort noch Schrift für das Friedmann-Mittel „Lärm“ gemacht,
sondern sich „ruhig und unvoreingenommen“ verhalfen, wie es der Autor
genannten Artikels von seinem Stand aus auch tun wollte.
Sollte nun auch in unserem Lande die Diskussion über ein Mittel
etwas lauter werden, dem sozialhygienisch und volkswirtschaftlich etwelche
Bedeutung zukommen könnte, was begreiflicherweise auch das „Volk“ in-
teressieren muß, so schadet das ganz gewiß unsern „Stillen“ im Lande
nichts. Es ist schon off genug über weniger wichtige Dinge, als ein Volks-
heilmittel, Lärm gemacht worden. Und dann schließlich der Lärm um
Calmeffe durch seine Anhänger und das Nachspiel in den Lübecker Ge-
richfssälen um 70 tote Kinder! Tatsache ist, daß bis heute noch kein
Todesfall durch die Friedmann-Methode fesfgesfellf wurde.

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